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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem alles abhing, und da traute ich mir nun einmal mehr als jedem andern; ich konnte auf seinen Mißmut keine Rücksicht nehmen.
    Wir hatten die Bai noch nicht ganz erreicht, da dampften wir an einer Praue vorüber, welche nach dortiger Weise einen ambulanten Kram- und Kleiderladen bildete. Ich ließ sofort beidrehen und die Praue bei uns anlegen, um mir einen Sarong zu kaufen und einen malayischen, trichterförmigen Hut aus Strohgeflecht. Ich tat das, um, wenigstens von weitem, für einen Eingeborenen gehalten zu werden. Die Praue fuhr dann weiter; wir aber blieben beigedreht, denn ich wollte lieber hier die Jacht mit Quimbo verlassen als später in der Bai, wo dies beobachtet werden konnte.
    Der alte Fischer, unser Pilot, ließ sich bereitfinden, mir sein Boot abzutreten, und als ich den Sarong angezogen und den Hut aufgesetzt hatte, bestiegen wir es und stießen von dem Dampfer ab, welcher nun die Fahrt fortsetzte, um seinen Ankerplatz wieder aufzusuchen. Die in dem Boot befindlichen Netze wurden so gelegt und arrangiert, daß sich Quimbo unter oder hinter ihnen verbergen konnte. Ich ruderte.
    Diese mit uns vorgenommene Veränderung hatte keinen fremden Zeugen gehabt, und so hoffte ich, während unserer Rekognoszierung unerkannt und ungestört zu bleiben.
    Als wir die Bai erreichten, war dieselbe außerordentlich belebt, doch glitten wir zwischen all diesen Kähnen und Booten dahin, ohne beachtet zu werden. In der Mündung des Flusses angekommen, wollte ich Quimbo auffordern, nun ja recht aufmerksam zu sein; aber er kam mir zuvor und sagte in erregtem Ton, indem er nach dem linken Ufer zeigte:
    „O, Mynheer, lieb, gut Mynheer, hier bin bald bei Tigerbrücke. Hier hab liegen Dschunke vor Anker, wo muß Quimbo mit fahr nach Ceyloninsel!“
    Wie freute ich mich! Ich mußte mich zwingen, ruhig zu fragen:
    „Wie weit von hier liegt die Brücke aufwärts?“
    „Schön, tapfer Quimbo das nicht wissen; lieb Deutschland ruder weiter, Quimbo werd sagen.“
    Natürlich folgte ich dieser Aufforderung. Die Ufer waren rechts und links mit Bauwerken und Hütten von den sonderbarsten Formen besetzt. Es verging eine halbe Stunde; die Hütten verschwanden; die Ufer waren nun unbewacht und mit Gebüsch und Bambus besetzt. Noch eine Viertelstunde. Schon wollte mir die Zeit zu lang werden, da sah ich eine Insel mitten im Fluß liegen. Der Strom zwischen ihr und dem rechten Ufer war frei, nicht aber auf der andern Seite, denn dort war sie durch eine Brücke mit dem linken Ufer verbunden.
    Ob es eine steinerne oder hölzerne Brücke war, das konnte ich nicht sehen, denn sie war ganz mit grüner, üppiger Vegetation bedeckt. Dieser Pflanzenwuchs war auf chinesischer Weise beschnitten und bildete zwei mächtige Tigergestalten, welche einander mit den Köpfen gegenüberlagen. Quimbo streckte beide Hände aus und rief erregt:
    „Hier, hier bin Tigerbrücke! Hier bin Wohnung von Räuber, wo fangen bin Quimbo und wo – – –“
    „Leise, leise, still!“ unterbrach ich ihn. „Kein Mensch darf hören, was wir miteinander sprechen. Bist du auf der Insel gewesen?“
    „Ja, Quimbo bin 'wesen.“
    „Steht ein Haus, eine Hütte dort?“
    „Nein, bin bloß Baum und Strauch und Bambus.“
    „Wo liegt die Wohnung des Chinesen?“
    „Wohnung bin am Ufer.“
    „Man sieht ja nichts davon! Es gibt nur dichten Wald und noch dichteres Bambusgestrüpp.“
    „Von Insel geh Weg über Brück' nach Haus.“
    „In das Dickicht hinein?“
    „Ja.“
    „Aus was ist das Haus gebaut?“
    „Bin baut aus Bambus.“
    „Führt kein anderer Weg dorthin als nur der über die Brücke von der Insel aus?“
    „Quimbo nicht weiß ander Weg.“
    „Jetzt still! Leg dich unter die Netze!“
    Wir waren jetzt nämlich der Insel nahe gekommen. Ich wollte und mußte das Haus sehen und also an der Insel vorüber. Ich fuhr nicht unter der Brücke hindurch, sondern wählte die andere Seite, wo der Fluß offen war. Als ich dort an der Insel vorüberruderte, sah ich eine lichte Stelle im Inselgestrüpp mit einigen in das Wasser führenden Stufen, dort war ein Boot angebunden. Das war der Landeplatz für die Bewohner dieses Ortes; sie landeten nicht am Ufer, sondern an der Insel und gingen von dieser über die Brücke nach ihrem Haus; warum, das konnte ich nicht wissen.
    Ich ruderte uns noch eine Strecke aufwärts, bis der Fluß eine Krümmung machte und wir von der Insel und der Brücke aus nicht gesehen werden konnten; dann legte ich am linken Ufer an. Wir zogen

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