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33 - Am Stillen Ozean

33 - Am Stillen Ozean

Titel: 33 - Am Stillen Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Lehre sein und die Veranlassung werden, nicht wieder so absprechend über jemanden zu urteilen, dessen Grundsatz es nicht ist, auf jede Wette einzugehen.
    Inzwischen hatten wir die Insel Pulo si Malu hinter uns gelegt und einen südöstlichen Kurs genommen. Links, weit vor uns, erschienen die Baniakinseln, und zu unserer Rechten tauchten in der Ferne die kleinen Eilande auf, welche der Nordküste von Pulo Niha vorliegen: Wir dampften der Tapanuli-Bai entgegen.
    Für einen Fremden ist es nicht leicht, zwischen den Inseln Baniak und Pulo Niha hindurchzukommen, denn von der einen zur andern ziehen sich eine Menge kleiner Eilande; welche das Fahrwasser unsicher machen; man tut daher gut, sich einen Piloten zu nehmen, obgleich es hier keinen Lotsenzwang gibt. Wir kamen da freilich nicht in Verlegenheit, denn wir hatten noch nicht Pulo Tupach doubliert, so schossen mehrere Boote auf uns zu, welche die Lotsenflagge führten. Demjenigen, welches uns zuerst erreichte, wurde ein Tau zugeworfen, und der Insasse kletterte an Bord.
    Es war ein Vollblutmalaye, doch zeigte es sich, daß er sowohl niederländisch als auch englisch verstand; er wurde mit dem Lord schnell über das Pilotengeld einig und übernahm dann den Befehl über die Jacht; das heißt, er stieg mit Raffley hinauf zum Steuermann und zeigte diesem, wie das Rad zu handhaben sei.
    Ich ging ganz vor an den Bug, weil sich mir von dort aus die beste Aussicht bot. Diese war geradezu prächtig, ja einzig in ihrer Art. Je mehr wir uns der Bai näherten, desto deutlicher stieg die hohe Küste von Sumatra vor uns auf. Welche Vegetation war da zu sehen! Die Pflanzenwelt von Sumatra bietet schon an und für sich die großartigste Fülle, Schönheit und Mannigfaltigkeit; wir kamen von der hohen See und dampften zwischen malerischen Inseln einem Land entgegen, welches wie eine grünschillernde, duftende Fee in den saphirglänzenden Fluten lag; da fühlte sich das entzückte Auge so beschäftigt und gefangen, daß es wirklich kein Wunder war, wenn ich nur Sinn für diesen Anblick hatte und für das, was hinter mir auf dem Deck geschah, keine Aufmerksamkeit besaß.
    Es kam mir alles in den Sinn, was ich über Sumatra gelesen hatte, und besonders dachte ich an die jagdbaren Tiere, welche es auf dieser Insel in Menge gibt: den Orang-Utan, den Elefanten, die zwei Nashornarten, den Tapir, den Nebelpanther und besonders an den Königstiger, der hier ebenso stark, gefährlich und gefürchtet ist wie sein indischer Anverwandter. Ob ich wohl hier Gelegenheit zu einem Jagdausflug finden würde?
    Jetzt befanden wir uns in der Bai, in welcher zufälligerweise kein einziges europäisches Fahrzeug ankerte; desto mehr aber wurde sie von malayischen Prauen und Booten belebt. Die Jacht beschrieb einen Bogen und ging nicht an dem Festland, sondern an der der Bai vorliegenden Mansillarinsel vor Anker, worüber ich mich nicht wunderte, weil ich die hiesigen Verhältnisse nicht kannte.
    Es wurde Abend; die Sonne wollte grad verschwinden, als der Lotse sich in sein Boot hinabließ und davonruderte. Der Lord kam vom Steuerdeck herabgestiegen und zu mir. Seit er die Wette mit mir hatte eingehen müssen, war er sehr ernst, ja fast niedergeschlagen gewesen, jetzt aber hatte sich sein Gesicht erheitert, als er mit wichtiger Miene zu mir sagte:
    „Wollen wir wetten, Charley?“
    „Worüber?“
    „Daß Ihr Eure Wette und die tausend Pfund verliert.“
    „Fällt mir nicht ein. Es ist genug, daß ich Euch die Pipe abnehme; mehr will ich nicht haben.“
    „Unsinn! Ihr bekommt sie nicht.“
    „Sie wird mein!“
    „Nein; ich weiß es ganz genau.“
    „Ach? – Woher?“
    „Es gibt hier gar keine Hu-kiao, also keine Tigerbrücke. Verstanden?“
    „Hm!“
    „Brummt nur immer! Es gibt nämlich auch keinen Chinesen, der hier wohnt und Ling-tao heißt.“
    „Wie könnt Ihr das wissen, Sir?“
    „Ich habe mich erkundigt.“
    „Bei wem?“ fragte ich schnell und fast bestürzt.
    „Bei dem Lotsen.“
    Ich fuhr um zwei Schritte zurück, und es entfuhr mir in einem Ton, als ob ich einen Schulknaben zur Rede zu stellen hätte:
    „Den habt Ihr gefragt, den?!“
    „Ja, natürlich den! Er kennt ja die ganze Gegend und alle hiesigen Verhältnisse. Was macht Ihr denn für ein Gesicht? Habt Ihr vielleicht etwas dagegen?“
    „Ob ich etwas dagegen habe! Und auch noch vielleicht! Ich sage Euch, Sir, Ihr habt da einen Pudel geschossen, der gar nicht größer sein kann!“
    „Einen Pudel?“
    „Ja, einen Pudel!

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