34 - Die Hexen von Kregen
lebhafte Zusammenrottung von Anhängern flüssiger Erfrischungen handelt, und ließen einen Gutteil unseres Soldes springen. Später saßen wir an einem weinfleckigen Tisch, auf dem die Flaschen zumeist eine liegende Stellung einnahmen.
Ich sagte zu Nalgre: »Ich kaufe mich aus meinem Vertrag heraus.«
»Ach? Was bekümmert dich, Dom?«
»Nichts, Dom. Schau mal – ich habe ein Unternehmen im Sinn. Da könnte es mir schlimmer ergehen, als einen feinen Kerl wie dich dabeizuhaben ...«
»Kann man dabei auf Beute hoffen?«
»Beute? Nun ja, auf jeden Fall Bargeld.«
»Der Wachdienst langweilt mich. Wenn du mir Beute und lebhafte Umtriebe versprechen kannst, bin ich dein Mann.«
»Was die Umtriebe angeht, so müssen wir vielleicht ein paar Kopfnüsse verteilen.«
Ich sprach nicht davon, daß ich den nächsten Teil meines Versprechens gegenüber Natyzha so schnell und sauber wie möglich erfüllen wollte.
Nalgre betrachtete sein leeres Glas.
»Ich habe dem Kämpfen abgeschworen – vor einiger Zeit einmal. Das gleiche gilt für das Trinken – früher. Ich begleite dich, Kadar der Stumme. Und wenn dabei Kopfnüsse verteilt werden müssen, mache ich gern und energisch mit.«
Vielleicht war das das Geheimnis, das ihn plagte: daß er des Söldnerdaseins überdrüssig war und etwas anderes versuchen wollte – und sich dafür nicht eignete. Vielleicht hatte er deshalb die lahme Aufgabe des Wachestehens für einen Edelmann übernommen. Und hatte nun die Nase voll davon ...
Am nächsten Tag kauften wir ohne Erklärung unseren Vertrag zurück, entließen uns aus den Diensten des Vads und ritten nach Süden.
Wir brauchten nicht zu befürchten, daß Nalgre oder Orion Sultant zwei und zwei zusammenzählen würden. Zwischen uns und dem Eindringling der letzten Nacht gab es keine Verbindung. Offenbar ging es uns darum, im Süden etwas Abwechslung zu finden bei den Kämpfen gegen die verhaßten Marionetten des Herrschers von Vallia, die sich in den Schwarzen Bergen und Falinur wieder zu rühren und Ärger zu machen begannen.
»Erste Station Falkerium«, sagte ich zu Nalgre.
»Die Hauptstadt ist reich, habe ich sagen hören. Wenn du mir erzählen kannst, was wir vorhaben, wäre mein Interesse größer. Was nun die Philosophie Naghan Deslayers des Fünften angeht ...«
Nun, er redete, und ich hörte zu, und wir ritten über das Land. Wir buchten eine Passage auf einem schmalen Boot, das unsere Tiere und Ausrüstung aufnehmen konnte, und glitten elegant genau an dem Tag in das Hafenbecken Falkeriums hinein, an dem die Nachricht bekannt wurde, daß vom Land des Herrschers aus feindselige Horden nach Norden marschierten, um in Falkerdrin einzufallen.
»Wenn deine Aufgabe der Kampf gegen diese Burschen ist, dann«, er rieb sich die Hände –, »dann laß mich dazwischen!«
»Nein, Nalgre. Der Sohn der Kov-Witwe, Kov Nath, ist hier in Falkerium.«
»Ich habe so einiges über ihn gehört. Ein Nichtsnutz.«
»Vielleicht doch nicht.«
»Ach?«
»Aye. Vielleicht findet sich an dem jungen Mann doch noch etwas, das die Leute in Erstaunen versetzt.«
»Und deine Aufgabe ...?«
»Meine Aufgabe ist es, ihn zu befreien, sollte er gefangen sein. Und ihn auf den richtigen Weg zu führen, wenn er frei ist.«
Nalgre der Punkt kniff das Pandagesicht zusammen. »Du sprichst hier in leichtem Ton von großen Dingen, Dom. Von Taten, die uns an den Galgen bringen könnten. Außerdem sprichst du in Rätseln.«
»O nein. Du und ich, wir werden den jungen Kov Nath unter unsere Fittiche nehmen.«
16
Nach unseren Erfolgen in Vennar, das nun keine Provinz mehr war, hatten die Bemühungen Segs, Inchs und Turkos offenbar dazu geführt, daß die Armeen verjüngt worden waren. Dahinter stand gewiß eine ungeheure Anstrengung. So schnell nach einem siegreichen Feldzug eine frische Offensive zu starten, deutete auf einen nachhaltigen Willensakt hin.
Wer das Militärische nur als hübsche Uniformen begreift oder als das Beklagen von Gefallenen, oder wer das Soldatentum nur grundsätzlich verurteilt, der begreift wahrscheinlich nicht, welche Schwierigkeiten zu überwinden sind, ehe eine Armee ins Feld geschickt werden kann.
Hat man sich erst widerstrebend dazu durchgerungen, daß der Kampf das kleinere Übel ist – manchmal ist das natürlich nicht so – und daß man Männer und Frauen bereitstellen muß, die losziehen und diesen Kampf auch tatsächlich führen, dann wird einem die Realität einer Armee auf grausame Weise bewußt.
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