35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
haben!“
„Wir danken, wir wurden von dem schon erwähnten alten Weib gespeist, ehe man uns in das Boot brachte. Aber um eine andere Gabe müssen wir Sie bitten. Sie sehen, daß wir vollständig ohne Waffen sind.“
„Sie brauchen keine, denn Sie befinden sich unter unserem Schutz und Schirm.“
„Aber wir werden doch wohl mitkämpfen sollen?“
„Nein. Wir sind genug Leute und werden so schnell über den Feind kommen, daß er gar keine Zeit zur Gegenwehr findet.“
„Geben Sie Pardon, wenn die Tobas darum bitten?“
„Sie müssen alle sterben. Dann werden sich genug Waffen für Sie finden. Es sind doch jedenfalls auch diejenigen noch da, welche man Ihnen abgenommen hat.“
Auch diese Weigerung war ein Beweis, daß dieser Mann nichts Gutes mit uns plante. Doch fühlte ich mich nicht davon beunruhigt, denn er konnte uns erst dann nach dem Leben trachten, wenn er von uns die Stelle erfahren hatte, an welcher sich das Geld des alten Desierto befand. Und das – sollte er ja nie erfahren. Wir ließen uns an der Stelle nieder, welche er uns angedeutet hatte, nämlich mitten im Kreis und ganz nahe am Feuer, so daß wir ringsum von den Roten umgeben waren. Der Yerno wollte uns so sicher wie möglich haben. Als wir nun saßen, sagte er:
„Eine eigentliche Beratung, an welcher alle teilnehmen, kann es nicht geben, da Sie die Sprache meiner Leute nicht verstehen. Sie werden mir also Ihre Ansichten mitteilen, welche ich dann ihnen bekannt gebe. Sind Sie vielleicht über die Lage, in welcher wir die Tobas finden werden, unterrichtet?“
„Sehr genau sogar. Wir horchten die alte Frau aus, welche sehr redselig war, und als man uns aus dem Loch geholt hatte, dauerte es eine Weile, ehe wir in das Boot gelegt wurden. Inzwischen erteilte der Desierto verschiedene Befehle, welche wir mitangehört haben.“
„Das wäre eine große Unvorsichtigkeit gewesen, wenn ich nicht wüßte, daß er ein sehr kluger und vorsichtiger Mann ist. Daß er die Befehle vor Ihren Ohren gegeben hat, beweist also, daß er Sie für sehr ungefährliche Leute hält. Sie scheinen von nicht sehr kriegerischer Gesinnung zu sein! Jetzt weiß ich, warum Sie sich alles so ruhig abnehmen ließen. Warum haben Sie sich denn nicht gewehrt?“
„Wir wollten wohl“, antwortete ich in selbstbewußtem Ton, „aber als wir schießen wollten, gingen unsere Gewehre nicht los. Mein Freund hier hatte das Zündhütchen vergessen, und bei meiner Flinte war der Hahn eingerostet. Ich gab mir alle Mühe, ihn aufzuziehen, doch wurde ich inzwischen zur Erde gerissen!“
„So, solche Leute sind Sie!“ lachte er laut auf. „Nun, dann brauchen Sie überhaupt keine Waffen. Ich weiß nun sehr genau, woran ich mit Ihnen bin, und Sie mögen mir sagen, wie es im Dorf an der Lagune steht!“
Er sprach diese Worte geradezu befehlend aus. Es war klar, daß wir uns seiner Achtung gar nicht zu erfreuen hatten. Ich antwortete:
„Das kann ich ganz genau sagen. Das Dorf ist ausgeräumt worden und ganz verlassen.“
„So ist nichts mehr dort zu holen?“
„Gar nichts mehr. Seit der Unglücksbote kam, haben die Tobas aus allen Kräften gearbeitet, um ihr ganzes Eigentum nach den Inseln zu schaffen.“
„Auch die Tiere?“
„Auch diese.“
„Das ist höchst fatal! Wie kommen wir hinüber?“
„Nichts leichter als das, denn es hängt ein Boot am Ufer.“
„Das ist unmöglich. Diese Kerle werden doch kein Fahrzeug zurücklassen, damit der Feind sich desselben bedienen kann, um sie zu überfallen?“
„Aus diesem Grund freilich nicht“, antwortete ich halbklug. „Der Desierto hat einige Späher fortgeschickt, welche das Nahen des Feindes erkunden und dann melden sollen. Für diese hängt das Boot am Ufer, sonst könnten sie ja nicht nach der Insel.“
„Ah, so ist es! Das leuchtet mir ein. Wie aber sind denn die Leute auf der Insel verteilt?“
„Auf der Großen, von welcher wir aus an das Ufer, wo Sie auf dem Baum gesessen haben, gerudert wurden, befinden sich die Männer, auf den andern Inseln die Weiber und Kinder mit den Herden und andern Habseligkeiten.“
„Das ist ja ganz vortrefflich, denn da können wir die Männer mit einem einzigen Schlag unschädlich machen! Leider aber laufen wir Gefahr, bemerkt zu werden, und das ist sehr schlimm, da wir nicht alle zugleich hinüber können.“
„Es hat keine Gefahr, Señor, wenn Sie es klug anfangen. Die Chiriguanos wohnen doch im Westen von hier, folglich kommen sie aus dem Westen. Darum wollen die Tobas
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