35 - Sendador 02 - In den Kordilleren
gehabt, nachzusuchen.“
„Aber es wäre um uns geschehen gewesen.“
„Wieso?“
„Das fragen Sie noch? Sehen Sie denn nicht ein, daß dieser sogenannte Señor Arbolo uns nur deshalb nachgelaufen ist und uns nur deshalb mitgenommen hat, weil wir unter seinem Baum davon sprachen, daß wir wissen, wo die Reichtümer des Alten liegen?“
„Natürlich sehe ich das ein. Er will von uns den Ort erfahren und sie sich dann holen.“
„Nun, und wenn Sie ihm irgendeinen Ort sagen und beschreiben, so sind wir dann überflüssig und werden aus dem Leben befördert.“
„Ah! Daran dachte ich freilich nicht.“
„So seien Sie von jetzt an vorsichtiger!“
„Keine Sorge! Ich werde nicht ein Wort zu viel sagen. Am besten ist's, ich lasse Sie reden.“
„Tun Sie das. Und wenn wir beide miteinander sprechen, so nennen Sie mich ja du; wir haben das einmal so angefangen, damit er ja nicht daran zweifeln soll, daß wir so eng verbundene Leidensgefährten sind.“
„Ich werde keinen Fehler machen. Der geringste Verstoß könnte uns verderblich sein. Glauben Sie denn wirklich, daß der Sendador kommt?“
„Ja.“
„Ich nicht. Er erscheint mir unmöglich, daß er eine solche Reise nach Palmar gemacht und zugleich den Zug gegen die Tobas verabredet hat.“
„Warum nicht? Wir können nicht wissen, welche Dispositionen er in seinem Kopf mit sich herumgetragen hat.“
„Aber was hatte er denn mit den Ariponern zu schaffen, wenn er seine Mbocovis nach dem Kreuz bestellt hatte?“
„Er traf zufällig auf sie, und da er mit ihnen auch befreundet ist, bediente er sich ihrer zur Erreichung seiner Zwecke. Daß sie nicht seine eigentlichen Verbündeten sind, ist dadurch erwiesen, daß sie nachher doch noch mit den Karawanenleuten Freundschaft schlossen, als er von ihnen fort war.“
„So meinen Sie, daß er den Indianer, von welchem er das Messer bekam, nicht zufällig getroffen hat?“
„Ja, das ist meine Ansicht. Die Mbocovis sandten diesen Mann voraus, um am Kreuz zu rekognoszieren, ob der Sendador schon da sei. Beide trafen aufeinander. Der Bote kehrte zurück, um die Seinen nach dem Wald zu führen, an welchem wir überfallen werden sollten, und der Sendador heftete seinen Zettel an und machte dann so sichtbare Spuren, um uns sich nachzulocken. Ein eigentlicher Überfall war aber wohl nicht geplant. Nur dem feindseligen Verhalten dieses Gomarra haben wir das Folgende zu verdanken.“
Wir sprachen noch längere Zeit miteinander, bis der Schwiegersohn sich nahte. Wir hatten bemerkt, daß ein Feuer in den Büschen aufleuchtete. Beim Schein desselben sahen wir die Gestalt des Yerno auf uns zukommen.
„Pst!“ machte er schon von weitem. „Sind Sie noch da? Kommen Sie mit mir!“
Ich war noch selten so gespannt gewesen, wie in diesem Augenblick. Hatte sich der Sendador inzwischen eingefunden, so war ich fest entschlossen, ein Wagnis zu unternehmen, daß er uns in die Hände fiel. Dann war mit ihm für uns alles gewonnen. Glücklicher- oder auch unglücklicherweise fand ich keine Veranlassung, diesen Vorsatz auszuführen, denn der Sendador war nicht zu sehen.
In der Bodensenkung, welche von Sträuchern umgeben war, saßen und lagen die Mbocovis, welche wir bereits gesehen hatten. Keiner rührte sich vom Platz, als wir zu ihnen traten; sie starrten uns an, nicht feindselig und auch nicht freundlich. Diese zur Schau getragene Gleichgültigkeit war kein gutes Zeichen für uns; man ersah aus derselben, daß sie uns Freundlichkeit nicht erzeigen wollten und Feindseligkeit nicht zeigen durften und sollten. Penas Blick flog schnell forschend im Kreis umher; ich wußte, weshalb. Er suchte, ob vielleicht ein ihm bekanntes Gesicht zu sehen sei. Welches Resultat er erreichte, zeigte seine befriedigte Miene und die Ruhe, mit welcher die Roten seinem Blick begegneten. Hätte einer ihn erkannt, so wäre das sicher durch einen Aufblick oder eine Bewegung der Überraschung kundgegeben worden. Daß er klug daran getan hatte, sich so schnell über diesen Punkt zu unterrichten, zeigte sich sofort, denn der Yerno sagte:
„Das sind also meine Mbocovis. Vielleicht können Sie mit denselben sprechen. Versteht einer der Herren ihre Sprache?“
„Nein“, log Pena beherzt.
„Leider kein Wort“, antwortete ich der Wahrheit gemäß. „Wenn wir uns mit ihnen unterhalten sollen, so werden wir Sie also ersuchen müssen, den Dolmetscher zu machen.“
„Das soll geschehen. Setzen Sie sich hier nieder, und sagen Sie, ob Sie Hunger
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