36 - Das Vermächtnis des Inka
Bisons schon in den Weichen und wurde aufgehoben und so zur Seite geworfen, daß es auf seinen Reiter zu liegen kann. Mit derselben Schnelligkeit machte der Büffel eine Seitenbewegung, um auf den nächsten Picador einzudringen. Dieser floh; aber es zeigte sich, daß sein Pferd nicht schneller als der Bison war. Dieser stürmte hinterdrein, ohne auf die anderen Picadores und Banderilleros zu achten, welche ihn mit ihren Lanzen und Stäben stören wollten. Er erreichte das Pferd und stieß ihm das eine Horn in die Seite, so daß es zum Stürzen kann und den Reiter aus dem Sattel warf. Der Büffel hatte es mehr auf den Mann als auf das Pferd abgesehen; ehe sich derselbe aufraffen konnte, war er erreicht, schwebte auf den Hörnern des ergrimmten Tieres, wurde in die Luft geworfen, wieder aufgefangen, abermals emporgeschleudert und dann unter den Füßen zerstampft. Der Mann schrie nicht, sondern brüllte um Hilfe; man wollte sie ihm bringen, aber der Büffel achtete nicht auf die neuen Angreifer und auf die Lanzen, die ihm durch die dicke Haut drangen; er ließ nicht von dem Picador ab, bis dieser eine formlose Leiche war. Dann trat er um einige Schritte zurück und stieß ein Gebrüll aus, gegen welches dasjenige des Jaguars ein Kindergeschrei zu nennen war. – Von allen Seiten wurde ihm Beifall zugerufen. Wer noch eine Blume hatte, warf sie ihm zu, und das Klatschen so vieler Hände machte einen beinahe betäubenden Eindruck auf die wenigen Personen, welche sich durch eine so wilde und blutige Szene abgestoßen fühlten.
Der Bison schüttelte die Speere ab und sah sich nach einem neuen Opfer um. Er fand es nur zu bald und leicht. Der erste Picador war von einigen Banderilleros unter seinem Pferd hervorgezogen worden; er sollte fliehen, konnte es aber nicht, da er das Bein gebrochen hatte. Man mußte ihn, um ihn zu retten, forttragen. Drei Banderilleros hoben ihn auf, um sich schnell mit ihm zu entfernen; aber noch schneller war der Büffel hinter ihnen drein, und was nun folgte, geschah in noch viel kürzerer Zeit, als man zur Beschreibung derselben bedarf. Man sah den wütenden Stier mit Kopf und Nacken in die Gruppe fahren und dieselbe auseinanderschleudern; dann folgten Hörnerstöße nach rechts und links, ein schrecklich zu vernehmendes Stampfen der Füße – einer der Banderilleros vermochte sich zu retten; zwei blieben liegen, und auch der Picador war tot. Ein junger, mutiger Banderillero riß einem Picador die Lanze aus der Hand und sprang von hinten auf den Büffel ein, um sie ihm in den Leib zu rennen. Das Tier aber hatte seine Absicht bemerkt, warf sich blitzschnell herum und senkte den Kopf zum Stoß. Die Lanze glitt an dem eisenfesten Hörnergrund ab, und im nächsten Augenblick wurde der tapfere Fechter in die Luft geschleudert, um dann unter die Hufe des Siegers zu kommen.
Dann rannte der Bison im Galopp, und nach neuen Opfern brüllend, in der Arena umher. Entsetzen packte die Toreadores. Sie flohen nach allen Seiten. Wer nicht durch das rasch geöffnete Tor entkommen konnte, schwang sich auf und über die Rettungswand. Die Toreadores warfen sich von ihren Pferden, die armen Tiere preisgebend, um nur sich in Sicherheit zu bringen. Einige Pferde entkamen durch das Tor, die übrigen wurden niedergerannt. Dazu das Beifallsgebrüll der hochbegeisterten Menge. So einen Toro hatte man noch nicht gehabt, überhaupt noch nie gesehen. Daß seine Tapferkeit und ungeheure Stärke so viele Opfer gefunden hatten, wurde nicht beklagt, sondern bejubelt; man gab sich mit seinem bisherigen Erfolg keineswegs zufrieden, sondern die erregte Zuschauermenge schrie in einem fort: „Los espadas, los espadas; fuera, adelante los espadas – die Espadas, die Espadas; heraus, vorwärts die Espadas!“
Es waren, wie erwähnt, nur zwei Espadas erschienen, Antonio Perillo und der berühmte Crusada aus Madrid; die anderen waren vorher kampfunfähig gemacht worden. Crusada hatte sich durch die Tür geflüchtet, und Perillo war, durch seine Verwundung an schnellem Laufen verhindert, auf die Holzwand geklettert. Dort saß er jetzt und entgegnete, als man seinen Namen rief und dann auf seine Antwort wartete: „Este búfalo es un demonio; el diablo debe combatir contra esta bestia, mas yo eso no – dieser Büffel ist ein Dämon; der Teufel mag mit ihm kämpfen, aber nicht ich!“
Ein verächtliches Gelächter war sein Lohn; dann rief man nach Crusada, dieser war noch unverletzt und mußte sich sagen, daß sein Ruhm dahin
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