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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wahrscheinlich verirrt.“
    „Das wäre höchst unangenehm, inamoenus, wie der Lateiner sagt. Wenn dieser Peon unser Führer sein will, muß er doch den Weg kennen.“
    „Eigentlich ja; aber es wird wohl uneigentlich sein. Sehen Sie ihn mal an! Wild jenug sieht er freilich aus, jescheit aber nicht.“
    Damit hatte er sehr recht. Der Peon hatte das Aussehen eines Banditen; aber von Intelligenz war auf seinem Gesicht keine Spur zu entdecken.
    Die drei Reiter befanden sich jetzt an einer Stelle, wo sich zwei schmale Täler vor ihnen öffneten; das eine führte nach links und das andere geradeaus. Der Peon blieb halten, um sich zu besinnen. Er schaute bald nach links und bald vor sich hin und wußte sichtlich nicht, wohin er sich wenden solle. Da verlor Fritze endlich die Geduld und sagte: „Warum halten Sie an, Señor? Es scheint, Sie haben den Weg verloren?“
    „Wie kommen Sie auf diesen Gedanken?“ antwortete der Führer in beleidigtem Ton. „Meinen Sie, ich wüßte nicht, wo ich bin?“
    „Das meine ich nicht. Sie wissen jedenfalls ganz genau, daß Sie sich in den Anden befinden; aber auf welchem Punkt derselben, das zu wissen ist wohl schwieriger.“
    „Ich kenne den Weg so genau wie mich selbst und habe mich überhaupt im Leben noch nie verirrt.“
    „So wissen Sie also noch nicht, wie es einem Verirrten zumute ist? Ich denke, daß Sie das jetzt erfahren werden.“
    „Wollen Sie mich beleidigen, Señor? In diesem Fall lasse ich Sie hier halten und reite zurück!“ bemerkte er in drohendem Ton.
    „Zurückreiten? Das würden Sie wohl nicht fertigbringen“, antwortete Fritze gleichmütig.
    „Warum nicht?“
    „Weil das Maultier, auf welchem Sie sitzen, uns gehört. Sie würden also nur zurücklaufen können.“
    „Und wenn ich es nicht hergebe?“
    „Reden Sie nicht solch dummes Zeug! Sie sehen, daß wir bewaffnet sind. In dieser Gegend pflegt man auf Diebe zu schießen, ohne zu fragen, ob ihnen das oft und manchmal angenehm ist. Sobald Sie wenden, um zurückzureiten, bekommen Sie meine Kugel. Das merken Sie sich! Und nun vorwärts, wenn Sie den Weg wirklich so genau kennen, wie Sie behaupten!“
    Der Peon hatte keineswegs das Aussehen eines furchtsamen Menschen, ließ sich aber doch durch das energische Verhalten des kleinen Deutschen einschüchtern und bog in das Tal ein, welches nach links führte. Die anderen folgten ihm.
    Dieses Tal hatte viele Schlangenwindungen; es führte bald in der einen und bald nach der anderen Richtung; dabei schien es endlos zu sein und verengte sich mehr und mehr, bis es zur tiefen, schmalen Schlucht wurde, welche man mit einem nordamerikanischen Cañon vergleichen konnte.
    Der Peon ritt jetzt langsamer und immer langsamer voran. Er sah ein, daß er noch niemals hier gewesen sei, denn eine so lange Schlangenschlucht war ihm noch nie vorgekommen. Er ging mit sich zu Rate und kam schließlich doch zu der Einsicht, daß es jedenfalls besser sei, seinen Irrtum jetzt und freiwillig einzugestehen, als desselben später mit Heftigkeit überführt zu werden. Darum hielt er endlich an und sagte: „Sie haben mich vorhin irregemacht. Ich hätte nicht nach links einbiegen, sondern geradeaus reiten sollen. Das war der richtige Weg. Kehren wir also um, Señores!“
    „Habe es gedacht!“ brummte Fritze unmutig. „Nun müssen wir den weiten Weg zurück! Aber wissen Sie denn auch genau, daß dieser der falsche und jener dann der richtige ist?“
    „Ja. Wenden Sie getrost um! Wir sind zu weit nach links gekommen und müssen also mehr nach rechts hinunter.“
    „Wenn es richtig ist, will ich es loben, denn ich denke mir, daß – – –“
    Er hielt mitten im Satz inne und lauschte.
    „Was gibt's?“ fragte der Doktor. „Hörst du etwas?“
    „Ja. Es war mir, als ob da vor uns ein Jeräusch jewesen wäre. Horch!“
    Er hatte sich nicht geirrt, denn das Geräusch wiederholte sich und kam näher. Es klang wie Hufschlag.
    „Sollte ich mich dennoch auf dem richtigen Weg befunden haben?“ fragte der Peon, indem sein besorgtes Gesicht sich aufheiterte.
    „Wenn dies wäre, so hätten Sie es jedenfalls nur dem Zufall zu verdanken“, antwortete Fritze. „Ich aber möchte behaupten, daß alle Ihre beiden Wege falsch sind, obgleich Sie nur diesen für falsch, den anderen aber für richtig gehalten haben. Sie wissen offenbar schon seit heute früh nicht, woran Sie sind. Nun aber werden wir hoffentlich erfahren, in welcher Gegend der Neuen Welt wir uns befinden.“
    Die Schlucht

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