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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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machte vor ihnen abermals eine Biegung. Um die Ecke, welche dadurch gebildet wurde, kamen drei Reiter. Dem vordersten sah man es an, daß er ein Maultiertreiber, ein Arriero war. Hinter ihm kam ein hochbeladenes Packtier, welchem ein Reiter folgte, welcher der Besitzer des Gepäcks zu sein schien. Er war in die Tracht des Landes gekleidet, von hoher Gestalt und sehr gut bewaffnet. Sein Haar und Bart waren blond, und die Augen, welche er überrascht auf die drei Reiter vor sich richtete, hatten die helle Farbe der Nordländeraugen. Hinter ihm ritt der dritte, welcher jedenfalls auch ein Arriero war. Der mittlere Herr kam jedenfalls über das Gebirge und hatte die beiden anderen als Treiber und Führer gemietet.
    Sie hielten an, und beide Parteien musterten sich einige Sekunden lang, ohne ein Wort zu sagen. Dann rief der hintere Reiter, indem er seine Worte an den Peon richtete: „Ist's möglich, oder irre ich mich? Ist das nicht Malzeso, der Peon von Rodrigo Sereno in Salta?“
    „Der bin ich allerdings“, antwortete der Angeredete. „Kennen Sie mich?“
    „Ja.“
    „Von woher?“
    „Von Salta her. Ich pflege bei Ihrem Herrn einzukehren und habe Sie da gesehen. Sind Sie etwa der Führer der Señores, welche sich bei Ihnen befinden?“
    „Der bin ich allerdings.“
    „Cielo! Wie kommen Sie dazu, fremden Reisenden den Weg über das Gebirge zeigen zu wollen! Das zu tun ist doch nur ein erfahrener Arriero imstande!“
    „Ich kenne das Gebirge besser, als Sie meinen“, antwortete der Peon gekränkt. „Überdies wollen wir keineswegs über dasselbe hinüber.“
    „So bleiben Sie auf dieser Seite? Das ist etwas anderes. Aber Sie haben doch die Grenze der Puna bereits überschritten, und dieser Weg führt nach der Puna brava, nicht aber nach einem bewohnten Ort. Darf ich fragen, wohin Sie wollen?“
    „Dahin, woher Sie jedenfalls kommen, nämlich nach der Salina del Condor hinauf.“
    „Nach der Salina? Dios! Sie meinen, daß wir von dort herunterkommen?“
    „Jedenfalls.“
    „Da irren Sie sich gewaltig, Señor. Wir kommen von Peru herüber und wollen nach Salta. Sie befinden sich also auf einem falschen Weg.“
    „Können Sie dies als gewiß behaupten?“
    „Natürlich! Es gibt hier nur zwei Wege. Der eine ist der, auf welchem wir uns befinden, und der andere kommt von Chile herüber, geht an der Salina del Condor vorbei und trifft mit dem ersteren an einem Punkt zusammen, welcher über eine halbe Tagesreise hinter Ihnen liegt.“
    „Das stimmt allerdings; das weiß ich auch!“
    „Und doch scheinen Sie nicht zu wissen, daß Sie irre geritten sind! Wie früh sind Sie heute aufgebrochen?“
    „Mit Sonnenaufgang.“
    „So hatten Sie erst die richtige Richtung und haben dann aber die Stelle übersehen, an welcher die beiden Wege zusammentreffen. Anstatt sich nach links zu wenden, sind Sie immer weiter geritten.“
    „Das ist's, was ich dachte!“ rief Fritze jetzt dem Peon zu. „Wir mußten nach links, und doch haben Sie bis jetzt behauptet, daß wir uns mehr nach rechts halten müßten. Infolgedessen haben wir einen Umweg gemacht, den wir gar nicht wieder einholen können. Ich glaube, daß wir drei Viertel eines Tages verloren haben.“
    „Nein, so viel nicht, Señor“, wendete sich der Arriero höflich an ihn. „Der Weg, welchen Sie hätten einschlagen sollen, zieht sich westlich von hier in die Berge hinauf. Wenn Sie gerade nach Sonnenuntergang reiten, werden Sie ihn in drei Stunden erreichen.“
    „Hm!“ brummte Fritze nachdenklich. „Es ist ein Glück für uns, daß wir Ihnen begegnet sind. Wenn es auf diesen unseren Führer angekommen wäre, so hätten wir leicht unseren Untergang finden können, denn er wollte hier umkehren und sich dann noch weiter nach rechts wenden. Auch klingt es sehr tröstlich, wenn Sie sagen, daß wir binnen drei Stunden den richtigen Weg erreichen können, aber ob wir den Weg zu diesem Weg finden, das ist die Frage. Wie ich sah, gibt es da hinauf einen Wechsel zwischen Bergen und Höhen, Tälern und Schluchten, die wohl nicht alle zu passieren sind.“
    „Das ist wahr. Es kommt nur einer, der die Gegend kennt, hinauf.“
    „Das befürchte ich. Wir beide sind hier fremd, und unser Führer ist, wie Sie gesehen haben, nicht klüger als wir. Und selbst wenn wir den dreistündigen Ritt glücklich vollbrächten, so fragt es sich, ob wir den Weg, den wir suchen, finden würden. Hier gibt es keine Straßen, und was man einen Weg nennt, das ist etwas ganz anderes als ein

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