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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kann?“
    „Sie sind ein starker Esser, also hundert Papiertaler.“
    „Que carestía! Und was fordern Sie für ein Stück, aus welchem man etwa zehn Bissen schneiden kann?“
    „Sie machen sehr große Bissen. Zehn Bissen werden ein Pfund sein, also fünfzig Papiertaler.“
    „Cuanto costa eso – wie teuer ist das! Bedenken Sie doch, daß ich ein armer Verwundeter bin!“
    „Auch das bedenke ich. Ein Verwundeter soll Diät halten und einige Tage gar nicht essen.“
    „Das ist vollständig unmöglich, wenn man gebratenen Iguan riecht. Señor, denken Euer Gnaden an das Vorbild so vieler frommer und erleuchteter Männer! Ich will Ihnen Ihr Geld zurückgeben.“
    Er zog den Beutel aus der Tasche.
    „Lassen Sie!“ wehrte Fritze ab. „Ich nehme nichts zurück. Sie werden jetzt aber einsehen, wie falsch es ist, sich von Kameraden, mit denen man Sorgen, Entbehrungen, Gefahren und vielleicht gar den Tod zu teilen hat, ein Stückchen Fleisch bezahlen zu lassen. Zu dieser Einsicht wollte ich Sie oft und manchmal bringen. Es versteht sich ganz von selbst, daß ich es nicht machen werde wie Sie. Was einer von uns hat, gehört auch den anderen. Der Iguan ist unser gemeinschaftliches Eigentum. Schneiden Sie sich also so viel herab, wie Sie essen wollen!“
    Das ließ Don Parmesan sich nicht zweimal sagen. Er rückte schnell herbei, steckte den Beutel wieder ein und nahm Fleisch von der Stelle, von welcher er wußte, daß es da am besten sei. Auch Fritz nahm sich noch ein Stück. Der Gelehrte sah ihnen noch eine kleine Weile zu, dann fragte er: „Fritz, schmeckt es denn wirklich gar so ausgezeichnet?“
    „Hochfein, sage ick Ihnen!“
    „So möchte ich es wirklich einmal kosten. Es ist nur, daß man sagen kann, man habe einmal Iguan gegessen.“
    „Dat müssen Sie allerdings sagen können. Wat soll man in Jüterbogk von Sie denken, wenn Sie in Südamerika jewesen sind und von keiner Eidechse jekostet haben! Soll ick Sie einen kleinen Happen zurechtmachen?“
    „Ja, tu es!“
    Fritz spießte einen Bissen an, ließ ihn braten und reichte ihm denselben dann hin. Morgenstern kostete erst zaghaft, kaute dann bedächtig und die Augenbrauen emporziehend, schluckte ihn hinab, rückte heran, zog das Messer, schnitt sich ein derbes Stück ab und sagte: „Wer hätte das gedacht! So eine Eidechse verdient es eigentlich, in eine viel höhere Tierklasse versetzt zu werden. Es gibt weder einen Fisch noch einen Vogel oder ein Säugetier, dessen Fleisch von einer solchen Zartheit ist. Ich werde das in meinem späteren Werk ganz besonders hervorheben und mit fetter Schrift drucken lassen, daß die Iguane ganz außerordentlich wohlschmeckend, lateinisch sapidus, sind.“
    So schmausten die drei noch eine ganze Weile. Sie hatten heute beides gekostet, das härteste und das weichste und zarteste Fleisch, Strauß und Iguan, und als sie endlich aufhörten, war noch der ganze Strauß, vom Iguan aber nur der Schwanz übrig, den sie sich für morgen früh aufheben wollten. Dann fesselten sie die Pferde so wie gestern und hüllten sich in ihre Decken, um zu schlafen.

SIEBENTES KAPITEL
    Die Gigantochelonia
    Als Fritz früh am nächsten Morgen erwachte, schlief Morgenstern noch; der ‚Don‘ aber hatte schon ein Feuer angezündet und machte sich mit dem Iguanschwanz zu schaffen.
    „Halt!“ meinte der kleine Deutsche. „Lassen Sie mich teilen, Señor! Wir haben gleiche Rechte.“
    Durch diese Worte wurde der Privatgelehrte aufgeweckt, und er zögerte nicht, seinen Anteil an dem Eidechsenschwanz sofort in das Feuer zu halten. Nun sahen sie, daß es in dem Weiher auch Fische gab, Fische, und zwar wie viele und wie große! Aber wie dieselben fangen? Man hatte weder Netz noch Angelzeug.
    „Ick weiß, wat wir machen“, sagte Fritz. „Wir jagen sie mit unseren Ponchos aus dem Wasser. Wollen Sie mich helfen, Herr Doktor?“
    Der Gefragte erklärte sich sofort bereit dazu. Sie stiegen in das Wasser und nahmen einen Poncho in die Hand. Der eine hielt denselben an dem einen, und der andere an dem anderen Ende. Der Weiher war nicht tief. Sie tauchten die Decke bis auf den Boden nieder und trieben, indem Sie vorwärts schritten, die Fische nach dem Ufer zu. Es gelang ihnen gleich beim ersten Mal, einige an das Land zu schnellen. Als sie dieses Experiment wiederholt hatten, besaßen sie so viel Fleisch, daß sie für zwei Tage auszureichen vermochten.
    Während sie dann beschäftigt waren, die Fische erst auszunehmen und in grüne Blätter zu

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