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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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walnußgroßes Stückchen Fleisch, welches der Vogel noch im Schnabel hatte. Fritze nahm es heraus, hielt es dem ‚Don‘ hin und sagte: „Hier haben Sie, was Ihnen fehlt, Señor. Euer Gnaden sind ein so berühmter und geschickter Chirurg, daß es Ihnen nicht schwer werden kann, dieses Stück Rindfleisch wieder anwachsen zu lassen.“
    „Rindfleisch?“ fuhr der Angeredete auf, emsig beschäftigt die Blutung zu stillen. „Ich hoffe, daß Sie dieses Wort zurücknehmen, sonst müßte ich mich mit Euer Gnaden auf Leben und Tod schießen.“
    „Gut, ich nehme es zurück und bitte um Entschuldigung. Wird das Stück wieder anwachsen?“
    „Es wäre mir eine Leichtigkeit, es einzusetzen, so daß es haftenbleibt; aber dazu bedarf ich meiner beiden Hände, und ich habe nur die eine. Wollen Sie mir helfen?“
    „Gern.“
    „So drücken Sie das Stückchen Fleisch fest in die Wunde, aber so, wie es vorher im Muskel gelegen hat, und schlingen Sie mir dann meine Schärpe so fest wie möglich um den Arm!“
    Morgenstern half auch mit, und so war die kleine Wunde sehr bald verbunden. Nun hatte man Zeit, den Vogel zu betrachten. Es war eine Henne, wohl anderthalb Meter lang und gegen sechzig Pfund schwer. Sie wurde auf das eine Packpferd geladen, und dann stiegen die glücklichen Jäger wieder auf, um den unterbrochenen Ritt fortzusetzen. Als sie an der Stelle, wo der Nandu zuerst gesehen worden war, vorüberkamen, sahen sie, daß er wirklich im Begriff gestanden hatte, den Boden rund und schüsselförmig auszuhöhlen, jedenfalls um Eier zu legen, gar nicht weit entfernt von einer so sichtbaren Menschenfährte, kein gutes Zeugnis für die Intelligenz der straußartigen Vögel!
    Nach einem kurzen Ritt wurden die drei Reiter von der Spur wieder mehr nordöstlich und bald darauf gerade nördlich geführt.
    „Nun, sind Euer Gnaden jetzt zufrieden?“ fragte Fritze den Chirurgen. „Wir befinden uns nun in der Richtung, welche gerade nach dem Chaco führt.“
    „Hier ist's schlimmer als vorher“, antwortete der Gefragte mißmutig, da sein Arm ihn schmerzte. „Auf diese Weise kommen wir nach dem Monte de los palos Negros, und von dieser Waldung habe ich gehört, daß sie fast undurchdringlich ist. Hätten wir uns vorher mehr links gehalten, so würden wir bis zum Rio Salado und noch darüber hinaus stets freies, offenes Land haben.“
    „Sind Sie denn wirklich schon über denselben hinausgekommen?“
    „Zweifeln Sie etwa daran?“
    Diese Frage sollte unwillig und zurechtweisend klingen, hatte aber einen so unsicheren Ton, daß man meinen sollte, er hätte lieber mit einem aufrichtigen Nein geantwortet.
    Bald darauf gab es einen Anblick, welcher ganz geeignet war, die drei hungrigen Reiter zu elektrisieren. Sie sahen vor sich, doch rechts von der eingeschlagenen Richtung, ein Rudel der kleinen Pampashirsche sich äsen. Ohne daß einer den anderen dazu aufgefordert hätte, nahmen sie ihre Pferde nach rechts herüber und jagten auf das Wild zu, ohne sich zu sagen, daß es ganz unmöglich sei, eins der windesschnellen Tiere zum Schuß zu bekommen.
    Der Hirsch sah die Gefahr und eilte mit seinem Gefolge fort, nicht allzu rasch, da er wohl wußte, daß ein Pferd ihn nicht erreichen könne. Eine Zeitlang ließ er die gleiche Entfernung zwischen sich und den Verfolgern liegen; aber als diese ihre Pferde zur schnellsten Karriere antrieben, griff auch er weiter aus, und seine Familie folgte ihm mit graziöser Leichtigkeit, die Jäger immer weiter und weiter hinter sich zurücklassend.
    Dennoch setzten diese die Verfolgung fort, bis ein dunkler Streifen Waldes am Horizont auftauchte, dem der Hirsch zujagte. Bald darauf verschwand das Rudel zwischen den Bäumen. Die Reiter hielten in einiger Entfernung von dem Wald an. Am Rande desselben glänzte ein Wasser.
    „Der Braten ist uns entgangen“, seufzte Don Parmesan. „Ein Hirschrücken ist etwas Besseres als ein Stück zähes Straußenfleisch. Haben die Señores schon einmal welches gegessen?“
    „Ich nicht“, antwortete der Doktor. „Wie schmeckt es?“
    „Wie Stiefelsohle. Man kann es nicht beißen und muß es ganz verschlingen. Nur der Hunger treibt es hinein.“
    „Bringt man es denn nicht weich, indem man es in Butter, lateinisch Butryum, schmort?“
    „Das habe ich noch nicht versucht, Señor. Jedenfalls wäre es um die Butter schade. Aber haben wir denn etwa welche?“
    „Nein. Wir müssen den Vogel also in seinem eigenen Fett braten.“
    „Fett? Straußenfett? Meinen

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