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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gigantochelonia befand. Und zugleich kamen im Süden fünf andere Reiter, welche aber noch so entfernt waren, daß man sie nur als kleine, bewegliche Punkte zu erkennen vermochte.
    Der erstere Trupp befand sich in größerer Nähe. Er bestand aus Indianern, bei denen sich zwei Weiße befanden. Die Roten waren mit Pfeil und Bogen, langen Lanzen und Blasrohren bewaffnet; ein einziger von ihnen, welcher ihr Anführer zu sein schien, hatte eine Flinte. Die beiden Weißen waren wie Gauchos gekleidet und in rot und blau gestreifte Ponchos gehüllt. Als Waffen führten sie Messer, Revolver und Doppelflinten bei sich. Der eine von ihnen war Antonio Perillo, der Stierkämpfer aus Buenos Aires, der andere aber der ältere Mann, welcher mit Perillo am Abend nach dem Stierkampf an der Quinta des Bankiers den Vater Jaguar beobachtet hatte.
    Sie kamen im Trab längs des Waldrandes dahergeritten. Nahe genug herangekommen, erblickten sie den kleinen Gelehrten, welcher, ihnen den Rücken zukehrend, ganz in seine Arbeit vertieft war. Die beiden Weißen ritten mit dem Häuptling an der Spitze. Der ältere von ihnen hob die Hand, um das Zeichen zum Halten zu geben, parierte sein Pferd und sagte, sich an den Häuptling wendend: „Was ist das! Wir sind nicht allein! Dort am Wasser ist ein Mann! Siehst du ihn? Er hackt die Erde auf.“
    Der Rote blickte in die angedeutete Richtung und antwortete in zwar gebrochenem, aber doch geläufigen Spanisch: „Hola, ein Weißer bei unserer Quelle, bei unserem Escondite (Versteck)! Er hat es entdeckt und gräbt es auf. Vaya! Auf und hin zu ihm!“
    Er wollte sein Pferd antreiben; der Weiße aber ergriff seinen Arm und sagte: „Halt, nicht so eilig! Laß uns ihn vorher beobachten. Er kann uns nicht entgehen. Er ist ja allein, ein einzelner.“
    „Ob er allein ist oder sich viel bei ihm befinden, das ist mir gleich. Ihr nennt mich el Brazo valiente (der ‚Tapfere Arm‘); ich bin der Kriegshäuptling der Aripones und fürchte mich vor keinem Feind.“
    „Ich weiß es. Meine Worte enthielten keine Zweifel über deine Tapferkeit. Wer mag dieser Mensch sein, welcher Werkzeuge zum Graben bei sich führt, und durch welchen Verrat hat er Euer Almacén de pólvora (Pulvermagazin) entdeckt? Er ist übrigens nicht allein hier; er hat Gesellschaft bei sich, denn ich zähle fünf Pferde, welche dort am Wasser weiden.“
    „Quedo – still!“ rief da Antonio Perillo. „Er ist von kleiner Gestalt und ganz rot gekleidet. Sollte es möglich sein? Wenn mich meine Augen nicht trügen, so machen wir einen höchst wichtigen Fang. Es ist der Oberst, der sich in Buenos Aires für einen deutschen Gelehrten ausgab!“
    „Demonio! Ist's wahr?“ fragte der ältere von Perillos Begleitern.
    „Ich möchte es beschwören. Jetzt haben wir den Beweis, daß ich mich nicht irrte, daß es sich nicht um eine Ähnlichkeit, sondern um die vollste Identität handelt. Wie käme ein harmloser deutscher Bücherwurm an die geheime Pulverkammer, welche wir für unsere roten Verbündeten anlegten, damit sie im Augenblick des Losschlagens die nötige Munition besitzen? Es ist der Oberst Glotino, dieser Schurke, der sich über alle unsere Wege schleicht. In Buenos Aires traf ihn unsere Kugel nicht; hier aber soll sie ihn nicht fehlen!“
    Er zog den Revolver drohend aus dem Gürtel.
    „Still!“ beruhigte ihn sein älterer Gefährte. „Keine Übereilung! Wir dürfen ihn nicht töten; er muß uns sagen, was er in dieser Gegend will und wie er zur Kenntnis unseres Verstecks gelangt ist. Schießen wir ihn nieder, so sind wir ihn los, ja; aber behalten wir ihn lebend in unseren Händen, so haben wir in ihm eine Geisel, welche uns vom größten Vorteil werden kann. Und wer kommt da drüben? Sind das nicht Reiter?“
    Er deutete nach Süden, wo die fünf Punkte indessen größer und deutlicher geworden waren. Die Blicke der anderen richteten sich dorthin. Antonio Perillo antwortete: „Das kann kein anderer als der Kapitän Pellejo sein, mit dem wir hier zusammentreffen wollen. Unsre List ist also gelungen. Er hat den Auftrag erhalten, die Grenze zu inspizieren, er, unser Kumpan! Man bestellt den Bock zum Gärtner. Wir bekommen dadurch die Grenze und alle Niederlassungen am Fluß in die Hand. Dadurch sind unseren roten Verbündeten, wenn der Augenblick des Handelns kommt, sämtliche Einfallspforten geöffnet. Er ist's gewiß, ganz gewiß. Ich denke, wir überlassen es nicht ihm, den Kerl dort zu fangen, sondern tun das selbst, noch ehe er

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