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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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als er dieses gegessen hatte, wieder auf und sagte: „Ich kann nicht essen; es läßt mir keine Ruhe, bis ich auch den Bauchschild gefunden habe. Der Magen, Ventriculus oder Stomachus geheißen, ist mir wie zugeschnürt. Ich kann nicht schlingen.“
    „Dat ist nicht jesund“, bemerkte Fritze. „Der Mensch muß essen können. Wenn ick mir über was freue, esse ick doppelt. Wenn Ihr Magen so zujeschnürt bleibt, werden Sie durch diese Schildkröte Ihr schönes, junges Leben verlieren. Man darf nicht so aufjeregt sein.“
    „Ist's denn ein Wunder? Ein solcher Fund ist geradezu großartig und steht ganz einzig da. Man freut sich, daß man sich kaum zu fassen weiß, und hat doch schwere Sorge, lateinisch Cura genannt, dabei.“
    „Dat bejreife ick nicht. Mir hat noch keine Kröte Sorje jemacht. Um wat sorjen Sie sich denn?“
    „Um verschiedenes. Vor allen Dingen um den Namen, den ich ihr geben muß.“
    „Den hat sie ja schon. Sie wird ja Schildkröte jenannt. Oder ist dat nicht ihr rechtmäßiger Name?“
    „Es ist der deutsche Name. Ich muß ihr aber einen wissenschaftlichen, einen lateinischen Namen geben!“
    „Und dat macht Ihnen Sorje? Wie ist dat möglich? Sie verstehen ja Lateinisch.“
    „Allerdings; aber es ist doch schwierig, den passenden Ausdruck zu finden.“
    „So werde ick Ihnen helfen. Dieser wissenschaftliche Name soll sofort jefunden werden. Wie heißt Schildkröte auf lateinisch?“
    „Testudo. Aber es gibt Arten, welche wissenschaftlich mit Cistudo, Emys, Chelydra, Trionychida, Sphargis und Chelonia bezeichnet werden. Chelonia Midas zum Beispiel ist die Riesenschildkröte.“
    „So haben Sie ja den jesuchten Namen. Eine Riesenschildkröte ist's ja, die wir jefunden haben.“
    „Richtig! Aber ich darf sie doch nicht so nennen, da mit Chelonia Midas die jetzt noch lebenden gemeint sind; unsere aber ist eine vorsündflutliche und viel, viel größer als die heute noch existierenden.“
    „Dat ist wahr. Sie ist ein wahrer Goliath, ein richtiger Gigant, und –“
    „Halt, halt!“ unterbrach ihn der Gelehrte. „Ich hab's, ich hab's! Du hast es eben gesagt. Du bist ein ganz tüchtiger Kerl, Fritze, Gigant! Das gibt eine ganz ausgezeichnete Zusammensetzung. Denke an Gigantomachie, an Gigantologie oder an Gigantosteologie! Gigant und Chelonia, das läßt sich ausgezeichnet verbinden und gibt einen Namen, der gar nicht vortrefflicher gewählt werden konnte. Ich werde dieses riesige Tier Gigantochelonia nennen. Ja, Gigantochelonia, welch ein prachtvoller Name! Vielleicht fügt man später, um mich als den Entdecker zu feiern, noch meinen Namen bei, was ich der gebotenen Bescheidenheit wegen heute nicht tun will. Ja, ja, der Name ist fertig. Diese fossile Riesenschildkröte wird Gigantochelonia genannt. Ich werde diesen Namen sofort notieren und dazu den wichtigen Tag, an welchem ich diesen unvergleichlichen Fund gemacht habe.“
    Er zog sein Notizbuch hervor und trug den Namen ein. Fritze aber meinte kopfschüttelnd: „Diese jelehrten Herren sind doch sonderbare Individuummers! Objleich der schönste deutsche Name vorhanden ist, muß doch ein lateinischer jesucht werden. Dieses Tier ist jedenfalls zu Noahs Zeit ins Diluvium jeraten; darum würde ick sie einfach Riesen-Noah-Kröte nennen. Dat würde für jedermann sofort verständlich sein. Schade nur, daß dat Fleisch nicht mehr vorhanden ist! Wieviel Turtlesuppen könnte man da machen!“
    „Ja, bedenkt man, wie weit die beiden Schilder voneinander liegen, so kann man sich einen Begriff davon machen, wie stark und dick das Tier gewesen ist. Es muß eine wahre Unmasse von Fleisch, lateinisch Caro genannt, gehabt haben. Aber ihr seid nun endlich fertig mit Essen. Beeilt euch nun! Wir müssen den Bauchschild ausgraben. Ihr hackt also den Boden auf, während ich fortfahren werde, die obere Schale loszumachen.“
    Fritze stieg mit Don Parmesan wieder in die Höhle, um der Anweisung seines Herrn nachzukommen, während dieser oben die begonnene Arbeit fortsetzte. Er war mit einem solchen Eifer bei derselben, daß er für nichts anderes Augen hatte und also auch nicht bemerkte, daß er der Gegenstand einer Beobachtung war, welche für ihn und seine Genossen leicht schlimme Folgen haben konnte.
    Im Osten von der Stelle, an welcher die drei mit so großem Fleiß beschäftigt waren, erschien nämlich ein Trupp von vielleicht fünfzig Reitern, deren Ziel allem Anschein nach das Wasser war, in dessen Nähe sich der Fundort der berühmten

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