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3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

Titel: 3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kamps
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erste Mal, dass ich im Stroh schlafe, und ich ruhe sanft in Flüeli Ranft.
     
     
     
    Fazit des Tages: Manche Entscheidungen nehmen einem schwere Lasten von den Schultern…!
     

Dienstag, 22.Mai, 10. Tag:
     
     
     
Flüeli Ranft - Brienzwiler, 26 km, 6 km Bus bis nach Brienz.
     
     
     
    Beim Frühstück habe ich noch eine Weile Gesellschaft von einer Pilgerin, die auch hier im Stroh übernachtet hat, die ich aber am Vorabend nur schlafend angetroffen hatte, weil ich ja ziemlich spät dran war. Ich bin gut drauf und zuversichtlich, dass ich, obwohl von meinem Wanderführer als sehr anstrengend beschrieben, meine heutige 32 km lange Etappe schaffen werde.
     
    Zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nicht, dass es die härteste Etappe meiner gesamten Pilgerreise werden wird. Anfangs ist die Strecke toll und, vorbei an zwei wunderschönen Seen, komme ich gut voran. Dass die Landschaft wieder wunderschön ist, brauche ich, glaube ich, mittlerweile nicht mehr zu erwähnen. Vor allem die Strecke am Sarner See entlang lässt mich davon träumen, dass es in Zukunft häufiger so sein wird: kein Aufstieg, kein Abstieg und richtig schön eben, fast wie in Ostfriesland!
     
    Am Ende des Lu ngener Sees werde ich aber schlagartig aus meinen Träumen gerissen und wieder auf den Boden der Tatsachen geschleudert. Es geht mal wieder steil bergauf. Erst von 717 auf 950 Meter, dann wieder runter auf 900 Meter und dann über den Brünigpass (1000 m) bis auf den Tschuggen (1.100 m).
     
    Dazu kommt, dass ich heute, während ich mich den steilen Brünigpass hochquäle, zum ersten Mal den Wegweiser verfehle und mich ordentlich verlaufe. Als wäre das nicht genug, setze ich noch, nicht einen, nein, zwei Umwege oben drauf. Will doch die Schweiz ausgiebig genießen. Ich verlaufe mich heute also allen Ernstes drei Mal!
     
    Dafür sind Teile des Weges nicht nur sehr schön, sondern, wie ich meinem Wanderführer entnehme, auch uralt, mit Spuren, die auf die Römerzeit zurückgehen, zum Beispiel ausgehauene Stufen und Wagenradspuren in Steinen! Faszinierend! Faszinierend auch, wie der Weg mich wieder völlig schafft und meine allerletzten Kraftreserven aus mir rausholt, von denen mir nicht bewusst war, dass ich sie habe.
     
    Weil ich mich heute also dreimal verlaufe und so insgesamt sicher 5 - 6 km unfreiwillige und steile Umwege habe, weil das Wetter, wie in den ganzen letzten Tagen, wieder mal eine einzige Waschküche ist und es auf über 1000 Metern natürlich arschkalt ist und regnet, weil ich nach knapp 200 km in 9 Tagen nie gekannte körperliche Schmerzen und Erschöpfungszustände habe, bin ich heute wirklich kurz davor, den Verstand zu verlieren, komplett durchzudrehen und alles hinzuschmeißen.
     
    Auch wenn ich am höchsten Punkt der heutigen Etappe wenigstens mit einem Waschküchen-Traumpanorama auf die Berner Alpen belohnt werde, für das ich diesmal sogar freiwillig - ja, ich muss irre sein - noch mal einen Umweg von 30 Minuten in Kauf nehme, wird der Horror-Tag heute noch mit einer Sahnehaube gekrönt und ich werde beim Abstieg völlig durchnässt und halb erfroren auch noch beinahe gesteinigt!
     
    Kurz nachdem ich einen ziemlich schmalen Pfad, mit einer Felswand zu meiner rechten und einem steilen Abhang zu meiner linken, passiert habe, passier t es: 50 Meter hinter mir ein Poltern, ich drehe mich um und sehe wie ein Steinschlag abgeht und Kindskopf große Steine auf den Weg prasseln. Das hätte ja gepasst, an so einem wundervollen Tag noch von Steinen erschlagen zu werden! Wen wundert’s da noch, dass das Beten mit den Füßen in den letzten Tagen und besonders heute wirklich keinen Spaß mehr macht, sondern die meiste Zeit eine schwere Prüfung ist.
     
    Natürlich wird kurz nach der Beinahe -Steinigung der steile Serpentinen-Abstieg zum absoluten Alptraum, weil es ja manchmal regnet auf unserer Welt und nasse, schmale und steile Waldwege dann rutschig und gefährlich werden...! Wir wollen beten! Als ich endlich in Brienzwiler ankomme, erfrage ich den Weg zu “Schlaf im Stroh”, weil ich die 6 Kilometer bis Brienz nicht mehr schaffe.
     
    Ich komme an einen offenen und verwaisten Pferdehof, auf dem man wohl auch im Stroh schlafen kann. Außer den Pferden scheint sich aber kein Lebewesen auf dem Hof aufzuhalten und als auch nach mehrmaligem Rufen niemand antwortet, entscheide ich mich, doch noch bis ins 6 km entfernte Brienz zu pilgern.
     
    Der Bus an der nah e gelegenen Haltestelle hat zufällig auch dieses

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