37 - Der Kriegsherr von Antares
bisherigen Erfahrungen nicht.«
»Es handelt sich nicht um gewöhnliche Gefangene, die man im Kampf gemacht hat.«
Wir näherten uns der Kochzone, die uns mit wahrlich angenehmen Düften begrüßte. In König Morbihoms Lager kamen die Köche niemals zum Schlafen, denn ihm war zu jeder Tages- und Nachtzeit zuzutrauen, daß er nach Speisen verlangte – von einem kurzen Imbiß zu einem Bankett mit zwanzig Gängen. Fackeln erleuchteten die Szene. Mir ging auf, woher Murlock die erstklassigen Zutaten zu der Mahlzeit hatte, die er uns zubereitet hatte. Der Koch des Kapts war sein Vetter. Ich konnte mir vorstellen, daß die Familien des Küchenpersonals eine ganz eigene Faser im Gewebe der menahamischen Gesellschaft bildeten.
»Mag ja sein, daß sie keine normalen Gefangenen sind. Aber hier werden sie bestimmt nicht festgehalten.«
»Das werden wir sehen.«
Ich hatte die Waffe unter Holz versteckt, und das brachte nun ein Problem – früher oder später mußte ich meine Last in der Nähe eines Feuers ablegen.
Ich begann den sturen Impuls zu bedauern, der mich gezwungen hatte, die Krozairklinge mitzunehmen. Hier waren Dolche und Messer eher angebracht, allenfalls noch ein Rapier oder ein Thraxter. Aber ich störrischer Dray Prescot mußte meinen Kopf mal wieder durchsetzen ... Meine Freunde nennen mich durchsetzungswillig, andere dumm-starrsinnig. Ich hing nun von dieser Entscheidung ab und mußte in der besten kregischen Tradition etwas daraus machen.
Als ich den ersten vorbeikommenden Soldaten ziemlich grob anpackte und ein wenig gegen seinen Willen in den rosagoldenen Schatten eines Zeltes zog, nahm Murlocks Besorgnis zu.
»Schon gut, Murlock. Ich werde keinen deiner vielen Vettern so behandeln. Zufrieden?«
Er leckte sich die Lippen. »Davon kannst du Garhand den Einleger ausnehmen, der mal gründlich sauer eingelegt werden müßte. Du gehst nie und nimmer als Wächter durch.«
»Du bist mit deinem Urteil ziemlich schnell zur Hand, wie? So etwas habe ich nämlich gar nicht vor – noch nicht.«
Der Kopf des Wächters rollte hin und her, und er murmelte dabei: »Luli! Geh nicht. Luli! Luli, komm zu mir ...«
Ich nahm sein Kinn zwischen die Fäuste, zerrte ihn hoch und starrte ihn finster an. Ich zeigte ihm meinen teuflischen Gesichtsausdruck. Er zuckte zusammen.
»Wo sind die lamnischen Gefangenen, Dom?«
»Kann ich nicht sagen ...«
»Es geht um dein Leben!«
Da war nicht mehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten, bis er uns den Standort des Zeltes verriet, in dem man die drei Lamnier festhielt. Soweit er wußte, war bisher noch keine Entscheidung über ihr Schicksal getroffen worden.
»Der König wird ihnen weitere Lieferkontrakte abpressen – als Gegenleistung für ihr Leben«, sagte Murlock mit der Miene eines Mannes, der sich an korrupten Höfen auskennt. »Kann ich endlich gehen?«
»Laß dich nur nicht fangen, du flotter Bursche, hörst du?«
»Sobald ich mich von dir getrennt habe, kann mir niemand widerlegen, daß ich nicht meinen Vetter besuche.«
»Na, wenn du ihm den Risslaca-Schweiß mitbringst, ist er ein größerer Dummkopf als sein Vetter.«
»Remberee, Horter! Hoffentlich sehen wir uns wieder.«
»Ich möchte ein erstklassiges erstes Frühstück!«
»Ha!« Mit diesem Ausruf machte er sich auf den Weg zu seinem Vetter.
So oft man auch schon in ein Zelt geschlichen ist, um jemanden zu retten – es läuft doch jedesmal anders ab. Jeder Versuch kann der letzte sein, kann einen den törichten Kopf kosten. Mir war nicht entgangen, wie sehr es Murlock darum gegangen war, sich zu empfehlen. ›Sobald ich mich von dir verabschiedet habe‹ – das klang eigentlich ein wenig gespreizt für ihn.
Ihnen ist sicher klar, daß ich die ganze Zeit mit meinem Gewissen rang, die Lamnier auf diese Weise zu benutzen. Mein Gewissen ist zuweilen ein ziemlich elastisches Ungeheuer, bei anderen Gelegenheiten aber ein enges Verlies von größter Tiefe und mit erstklassigen Stahlgittern. Natürlich würde ich den Lamniern nach bestem Vermögen bei der Flucht helfen. Das liegt auf der Hand, bei Vox! Was das geschuldete Geld betraf, das sie dem König abpressen wollten – also, das war eine prächtige Idee, der ich mich voll verschrieben hatte. Wie das allerdings geschehen sollte, blieb ein Rätsel – zumindest für mich.
Der Wächter trug eine breite grünblaue Schärpe über der Rüstung, die ziemlich durchschnittlich aussah; die Schärpe über meiner Jacke vermittelte den gleichen Eindruck. Wo
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