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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wäre er ein anderer, so würde ich ihn auf der Stelle niederschlagen! Einem Knaben, der keinen Namen hat, das Kalumet geben, darauf steht der Tod. Der Stamm wird dich richten, obgleich du mein Freund und Bruder bist. Ich habe nicht die Macht, dich zu verteidigen.“
    Als er zu sprechen begonnen hatte, waren seine Leute ruhig geworden. Sie wollten hören, was er sagte. Jetzt ging ein beifälliges Murmeln der Zustimmung durch ihre Reihen. Der Knabe stand jetzt neben seinem Vater und blickte trotz der drohenden Haltung der Krieger voll Vertrauen zu mir auf. Eben wollte ich antworten, da stand Winnetou auf, winkte mit der Hand, ließ sein Auge mit einem langen, festen Blick von Gesicht zu Gesicht schweifen und sagte mit seiner sonoren Stimme, welche man weithin hörte, selbst wenn er sie nicht anstrengte:
    „Der ‚Starke Büffel‘ hat nicht die Macht, Old Shatterhand zu verteidigen? Wer hat davon gesprochen, daß er seiner Macht bedarf? Wäre eine Verteidigung nötig, so würde Winnetou für seinen weißen Bruder kämpfen; aber wer wagt es, zu sagen, daß Old Shatterhand sich nicht selbst zu helfen vermag? Was er getan hat, ist eine seltene Tat, doch wird er sie verantworten. Nur einer, der keinen Namen hat, ist von der Pfeife des Friedens ausgeschlossen. Hat dieser Knabe wirklich keinen Namen? Fragt Old Shatterhand! Er wird es besser wissen als die Mimbrenjokrieger.“
    Sein Scharfsinn führte ihn auf das Richtige: Es wäre mir nicht eingefallen, dem Jüngling die Friedenspfeife zu reichen, wenn ich nicht einen Namen für ihn bereit gehabt hätte.
    „Der Häuptling der Apachen hat recht!“ rief ich laut. „Wessen Pfeife haben wir geraucht? Die seinige! Wer also hat das Recht, mir Vorwürfe zu machen? Nur er allein! Tut er es? Nein, denn er kennt mich und weiß, daß Old Shatterhand nicht ohne Überlegung handelt. Ist er, den ihr einen Knaben nennt, etwa von einem fremden oder gar feindlichen Stamm? Nein; er gehört dem eurigen an! Also müßtet ihr eigentlich stolz darauf sein, daß Old Shatterhand das Kalumet mit dem Sohn eures Häuptlings teilt. Statt dessen geratet ihr in Zorn. Ich sage euch, daß ich mich sehr über euch zu wundern habe!“
    „Er hat keinen Namen!“ rief man mir zu.
    „Wer behauptet das?“
    „Wir alle und ich auch!“ antwortete mir der ‚Starke Büffel‘. „Ich bin der Vater dieses Knaben und weiß also, ob er einen Namen hat.“
    „Ich weiß es besser, obwohl ich nicht sein Vater bin. Wie lange war er fort von euch? Was ist inzwischen geschehen? Was hat er getan und vollbracht? Weißt du das? Du schweigst. So sage mir hier vor diesen deinen Kriegern, ob Old Shatterhand das Recht hat, jemanden einen Namen zu geben!“
    „Old Shatterhand hat es.“
    „Würdest du dich etwa wegen eines Namens von mir beleidigt fühlen?“
    „Nein. Jeder Krieger der Mimbrenjos würde gern und mit Stolz seinen bisherigen Namen hergeben, um dafür einen von Old Shatterhand zu empfangen.“
    Da nahm ich den Knaben wieder bei der Hand und rief mit lauter Stimme:
    „Ihr habt die Worte eures Häuptlings vernommen; hört nun auch, was ich euch jetzt sage! Hier steht Old Shatterhand und neben ihm sein junger Freund und Bruder Yuma Shetar. Er wagte sein Leben für mich; ich gebe das meinige für ihn. Seht her! Es sind erbeutete Waffen, welche er trägt. Yuma Shetar wird ein großer Krieger seines Stammes sein.“
    Yuma Shetar heißt zu deutsch ‚Yumatöter‘. Die Augen meines jungen Freundes leuchteten auf und füllten sich doch mit Feuchtigkeit. Winnetou trat zu ihm heran, legte ihm die Hand auf die Achsel und sagte:
    „Yuma Shetar, das ist ein stolzer Name. Old Shatterhand hat ihn dir gegeben, also mußt du ihn verdient haben. Winnetou freut sich, dich Yuma Shetar nennen zu dürfen; er ist dein Freund und wird mit dir gern das Kalumet rauchen. Gib es her!“
    Er nahm dem jungen Mann die Pfeife ab, zündete sie an und wechselte sie mit ihm ganz in derselben Weise, wie ich es getan hatte. Der Häuptling stand schweigend dabei. Ich sah seine Lippen vor großer Bewegung zittern. Die Mimbrenjos machten jetzt ganz andere Gesichter. Winnetou hatte Yuma Shetar bei der einen Hand ergriffen; ich nahm ihn bei der anderen und sagte:
    „Die Krieger der Mimbrenjos sehen hier drei Brüder, welche treu zueinander halten: Winnetou, Yuma Shetar und Old Shatterhand. Der ‚Yumatöter‘ ging mit mir in Todesgefahr; er folgte mir, um mich zu retten, als die Yumas mich gefangen hatten und ich am Marterpfahl sterben

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