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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wußte.
    Wenn wir allein miteinander waren, vergingen Stunden und halbe Tage, ohne daß ein Wort gesprochen wurde. Selbst ein ganz plötzlich über uns hereinbrechende Gefahr hatte uns oft nicht zum Reden gebracht; unsere ganze Verabredung hatte in einem kurzen Wink bestanden. Befanden sich aber andere bei uns, so pflegten wir uns weniger schweigsam zu verhalten, da wir sprechen mußten, um von ihnen verstanden zu werden. Ja, wenn wir etwas vornahmen, was für uns höchst selbstverständlich, für sie aber unbegreiflich oder gar widersinnig war, so ließ sich Winnetou nicht ungern zu ausführlichen Erklärungen herbei, welche er aber nie in einer langen Rede, sondern in der Weise gab, daß er mit mir Frage und Antwort wechselte. Ein solches, wenn auch noch so kurzes Gespräch enthielt dann für die Zuhörer gewöhnlich eine Belehrung, welche sie mit achtungsvollem Schweigen von dem berühmten Apachenhäuptling hinnahmen.
    Als er jetzt die Augen aller, selbst des Häuptlings, fragend auf sich gerichtet sah, wendete er sich an mich:
    „Old Shatterhand hält diese Stelle für geeignet?“
    Ich nickte und stieg vom Pferd.
    „Werden zwei Wachen genügen?“
    „Ein einziger Mann, solange es noch nicht dunkel ist.“
    „So mögen die Krieger der Mimbrenjos ihre Pferde absatteln und weiden lassen. Old Shatterhand und Winnetou aber werden die ihrigen nicht abzäumen.“
    Er stieg ab und warf seinem Pferd die Zügel über, ganz so, wie ich mit dem meinigen getan hatte. Ich sah, daß seine Bestimmung allgemeines Erstaunen hervorrief. Die Mimbrenjos hatten geglaubt, wir würden hier hinter der Waldecke auf den Pferden halten bleiben, um die Yumas zu erwarten und dann plötzlich gegen sie hervorzubrechen. Selbst ihr Häuptling war dieser Ansicht gewesen, denn er fragte Winnetou:
    „Warum will mein Bruder die Pferde ganz freigeben? Wir müssen doch, wenn die Yumas kommen, schnell aufsitzen!“
    Um den Mund Winnetous zuckte der mir so wohlbekannte Zug von Überlegenheit, als er im freundlichsten Ton antwortete:
    „Meint mein Bruder, daß die Yumas kommen werden?“
    „Ja, denn Old Shatterhand hat es gesagt.“
    „Kommen werden sie wohl, aber nicht bis hierher. Sie werden, sobald sie unsere Spuren sehen, umkehren, doch nur zum Schein. Sobald sie im Osten verschwunden sind, werden sie in einem Bogen wenden, um den Wald zu umreiten und uns von Westen her in den Rücken zu kommen. Wir haben sie also jetzt noch lange nicht zu erwarten und können den Pferden die Freiheit gönnen.“
    „Ist auch Old Shatterhand dieser Meinung?“ fragte mich der ‚Starke Büffel‘.
    „Ja“, antwortete ich. „Mein Bruder Winnetou hat meine Gedanken erraten.“
    „Aber wenn sie dennoch herankommen bis hierher!“
    „So wären sie verloren, darum werden sie sich hüten, es zu tun.“
    Als er mich ungläubig anblickte, fuhr ich fort:
    „Meinst du, daß die Yumas die Stelle, an welcher ich euch traf, nicht sehen werden?“
    „Sie sind nicht blind und werden sie also sehen; aber sie werden nicht wissen, wer wir sind und wie groß unsere Anzahl ist.“
    „Du irrst. Sie sehen aus meiner Spur, daß ich freiwillig zu euch gestoßen bin und ihr also Freunde von mir sein müßt. Sie wissen, daß dein Sohn bei mir ist, und können also erraten, wer ihr seid.“
    „Aber unserer Zahl!“
    „Sie können dieselbe zwar nicht genau berechnen, aber, falls sie ihre Gedanken zusammennehmen, doch wohl ahnen. Als ich auf euch traf, haben deine Krieger auf ihren Pferden nebeneinander gehalten und eine ziemliche Fläche mit Hufspuren bedeckt.“
    „Die haben wir ausgelöscht!“
    „Aber die Spur des Auslöschens ist vorhanden, und je größeren Raum dieselbe einnimmt, desto mehr Personen müssen wir sein. Würden die Yumas sich das nicht sagen, so wären sie wert, die Tracht der alten Weiber zu tragen, und ich bin überzeugt, daß du das noch leichter als sie begreifen wirst.“
    Er fühlte sich ein wenig beschämt und antwortete darum schnell:
    „Ich habe es längst gewußt und sprach nur, damit meine Krieger es hören möchten. Warum aber sagt Winnetou, daß dein Pferd und das seinige gesattelt bleiben sollen?“
    „Er hatte es mir nicht mitgeteilt, und doch weiß ich es, denn die Gedanken des Apachen pflegen die meinigen zu sein. Er hat gesagt, daß die Yumas versuchen werden, uns zu täuschen, indem sie scheinbar umkehren und uns dann heimlich umreiten. Er will sie dabei beobachten, um sich zu überzeugen, daß seine Vermutung richtig ist, und ich

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