37 - Satan und Ischariot I
Büffel‘ und ich saßen zusammen, um das, was zu geschehen hatte, zu besprechen. Keiner der anderen wagte es, uns so nahe zu kommen, daß er unsere Worte, welche übrigens nicht überlaut gesprochen wurden, hören konnte. Der Indianer ist ein freier Krieger und keineswegs in der Weise wie ein Soldat diszipliniert, zeigt aber gegen seinen Anführer eine Achtung, welche nicht geringer ist als diejenige, welche ein General von seinen Untergebenen zu fordern hat.
Der ‚Starke Büffel‘ war viel älter als Winnetou oder ich und doch viel ungeduldiger. Wir hatten kaum beieinander Platz genommen, so begann er auch schon:
„Die Hunde der Yumas sind uns in den Weg gelaufen; wir werden uns beeilen, sie nicht in ihre Höhlen und Löcher zurückkehren zu lassen.“
Winnetou antwortete ihm nicht sogleich, und auch ich schwieg. Der Alte war blutgierig, mir aber wäre der Tod so vieler Menschen entsetzlich gewesen. Ich war entschlossen, auf ein gütliches Übereinkommen zwischen den Mimbrenjos und Yumas hinzuarbeiten, durfte dies aber dem Häuptling der ersteren jetzt noch nicht merken lassen; er wäre sonst wohl kopfscheu geworden und imstande gewesen, auf eigene Faust und nach seinem persönlichen Ermessen zu handeln. Wie ich Winnetou kannte, konnte ich überzeugt sein, daß er mit mir wenigstens darin übereinstimmen würde, daß ein Blutvergießen möglichst zu vermeiden sei. Da wir mit der Antwort zögerten, fuhr der ‚Starke Büffel‘ fort:
„Haben meine beiden Brüder meine Worte gehört? Warum reden sie nicht? Old Shatterhand will nicht kämpfen. Was soll sonst geschehen? Kann etwa Winnetou mir das sagen?“
„Ich kann es sagen“, antwortete der Apache.
„Mein Ohr ist offen und begierig, es zu hören.“
„Die Yumas werden sich ergeben, ohne mit uns gekämpft zu haben.“
„Das glaube ich nicht. Wenn sie es täten, wären sie größere Feiglinge, als ich trotz meiner Verachtung für sie anzunehmen vermag.“
„Kann nicht auch ein tapferer Mann gezwungen sein, sich ohne Kampf zu ergeben? Ein guter Krieger ist nicht nur tapfer, sondern auch vorsichtig, bedachtsam und klug. Wer kann von Winnetou sagen, daß er jemals mutlos oder gar feig gewesen sei? Und doch ist es vorgekommen, daß er sich seinen Gegnern ohne Kampf ergeben hat. Hätte er gekämpft, so wäre er getötet worden, ohne seinen Feinden schaden zu können. Er gab sich aber gefangen, entfloh später und konnte sich an ihnen rächen und sie bestrafen. Was war nun besser, die blinde Tapferkeit oder die Bedachtsamkeit?“
„Die letztere“, war der Mimbrenjo gezwungen, einzugestehen.
„Und hat Old Shatterhand nicht ebenso gehandelt? Als die Yumas ihn ergriffen, hätte er sich so lange wehren können, bis er unter ihren Streichen sterben mußte. Er tat es aber nicht, sondern ließ sich festnehmen und binden. Sieh ihn an! Ist er nicht frei? Hat er nicht jetzt ihren Häuptling gefangengenommen? Ist er etwa feig gewesen? Nein, sondern nur klug! So werden auch die Yumas handeln, wenn sie einsehen, daß Widerstand vergeblich sein würde.“
„Ist Winnetou imstande, ihnen diese Einsicht zu geben?“
„Ja, wenn die Krieger der Mimbrenjos ihm dabei helfen.“
„So mag er sagen, welche Gedanken er hegt.“
„Wir schließen die Yumas ein. Während Old Shatterhand fort war, habe ich den Platz des Lagers genau betrachtet. Die Yumas sind sehr müde; sie schlafen am Waldrand im Gras; sie verlassen sich auf ihre beiden Kundschafter und haben keine Wachen ausgestellt. Nur bei den Pferden, welche in der Nähe grasen, befinden sich zwei Krieger, welche aufzupassen haben, daß die Tiere sich nicht zu weit entfernen. Ist es da nicht leicht, die Schläfer einzuschließen?“
„Von der Seite des Waldes ist es leicht, nicht aber von der anderen. Im Wald ist es dunkel; da kann man sich heranschleichen und festsetzen, ohne bemerkt zu werden. Draußen aber ist es hell; weil der Mond scheint. Die Leute, welche bei den Pferden sind, würden uns kommen sehen und Lärm machen.“
„Ja, der Mond scheint hell, aber die Augen des ‚Starken Büffels‘ sehen dennoch das Richtige nicht. Die Yumas können unsere Annäherung unmöglich bemerken. Wir lassen die Pferde zurück und schleichen uns zu Fuß so nahe heran, wie es möglich ist. Wenn wir draußen im Gras auf dem Bauch kriechen, wird uns niemand sehen.“
„Uff! Wenn Winnetou es so meint, so kann ich ihm nicht unrecht geben. Aber was soll geschehen, wenn wir sie umzingelt haben?“
„Wir fordern sie auf,
Weitere Kostenlose Bücher