37 - Satan und Ischariot I
übersehen. Auf dieser Seite gab es keinen Mondschein; er war darum dunkler als da, wo wir gelagert hatten, doch konnten wir fast jeden einzelnen Roten liegen sehen.
Einige hatten sich gerade da, wo sie von den Pferden gestiegen waren, vor Müdigkeit hingeworfen, die anderen aber, und das waren die meisten, lagen in einer Reihe nebeneinander und hatten ihre Waffen zwischen sich liegen. Rechts davon weideten die Pferde, und zwei Rote gingen da auf und ab, hin und her, um diejenigen Tiere, welche sich zu weit entfernten, zurückzutreiben. Winnetou deutete auf diese beiden und flüsterte mir zu:
„Wir lassen ihnen das Leben. Mein Bruder mag den einen nehmen und ich den anderen.“
Er wollte forthuschen; ich hielt ihn aber zurück und fragte:
„Hat Winnetou vielleicht bemerkt, daß diese Posten von Stunde zu Stunde abgelöst werden?“
„Ja.“
„So käme die Entdeckung zu früh für uns. Wir müssen warten.“
„Old Shatterhand hat recht. Erst wenn der Ring ganz um das Lager geschlossen ist, können wir der Entdeckung mit Gleichgültigkeit entgegensehen. Mein weißer Bruder mag also zurückkehren und dem ‚Starken Büffel‘ sagen, daß er sich nun mit seinen Leuten aufmachen solle.“
„Gut! Ich werde ihn begleiten. Da ich weiß, wo die beiden Enden deiner Linie sich befinden, kann ich ihm sagen, wo er die seinige anzuschließen hat.“
„Dann kommst du wieder zu mir?“
„Ja. Wo finde ich dich?“
„Hier an dieser Stelle werde ich dich erwarten.“
Auf dem Rückweg kam ich an allen unseren Leuten vorüber und überzeugte mich, daß keiner der sechzig eine fehlerhafte Stellung eingenommen hatte. Hier konnten die Yumas unmöglich durchkommen.
Als ich bei dem ‚Starken Büffel‘ ankam, gab er den Befehl zum Aufbruch. Ein jeder nahm sein Pferd beim Zügel, und es wurde eine Einzelreihe gebildet, an deren Spitze ich mich mit dem Häuptling befand. Auch jetzt ging es zunächst bis in die Nähe der Waldecke; dann ritten wir einen weiten Halbkreis, dessen Durchmesser der Waldrand und dessen Mittelpunkt das Lager der Yumas bildete. Von Zeit zu Zeit ließen wir einen Mann mit seinem Pferd stehen, bis auch dem letzten seine Stelle angewiesen war.
Der Halbkreis war so weit vom Lager entfernt, daß von dort aus keine Kugel herüberreichen konnte. Jeder hatte nun zunächst sein Pferd anzupflocken und dann zweihundert Schritt weit vorwärts zu kriechen, um da liegenzubleiben und den Tag zu erwarten. Die Pferde waren mitgenommen worden, um den Feind, falls ihm ja der Durchbruch an einer Stelle gelingen sollte, sofort verfolgen zu können. Die Pferde der sechzig, welche im Wald steckten, waren zurückgeblieben, wo sie von den fünf, welche die Gefangenen zu beobachten hatten, mit beaufsichtigt wurden. Das war nicht schwer, da sie alle angebunden waren.
Durch das Avancieren auf zweihundert Schritt wurde die Kette geschlossen. Die beiden Endglieder des äußeren Halbkreises kamen mit denjenigen der im Wald steckenden Linie in Berührung. Als diese Verbindung hergestellt war, befanden sich die Pferde der Yuma noch innerhalb unseres Kreises, und es galt, sie aus demselben hinauszuschaffen, wo sie uns dann sicher waren.
Ich legte mich also nieder und kroch auf den Händen und Fußspitzen nach der Stelle, an welcher Winnetou auf mich warten wollte. Er stand da, sah mich kommen und wartete gar nicht ab, bis ich ihn erreichte, sondern kam mir, natürlich auch kriechend, entgegen.
„Die Wächter sind vor wenigen Minuten abgelöst worden“, meldete er mir. „Sie legten sich sogleich nieder und werden schnell eingeschlafen sein.“
„So können wir beginnen. Wo schaffen wir die beiden hin?“
„In den Wald zu unseren Leuten, welche sie bewachen werden.“
„Das möchte ich nicht. Die Leute haben ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Lager zu richten. Wenn sie dazu noch Gefangene bewachen sollen, ist es leicht möglich, daß eine Unvorsichtigkeit begangen wird. Überlaß die Männer mir! Ich werde sie zu ihrem Häuptling bringen, wo sie uns nichts schaden können, während es ihnen, wenn wir sie hier unseren Leuten übergeben, leicht ist, uns durch einen Hilferuf zu verraten.“
„Mein weißer Bruder hat recht. Er mag den Mann nehmen, welcher dort mit dem Schimmel kommt.“
Einer der beiden Wächter brachte einen Schimmel, welcher sich zu weit entfernt hatte, langsam zurückgetrieben. Seiner jetzigen Richtung, seinem Gang war anzusehen, wohin er sich ungefähr wenden würde; ich kroch, mich tief an die Erde
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