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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tat Winnetou dasselbe; er folgte mir auf den Fersen. Wir hörten den Flüchtling schreien:
    „Old Shatterhand, Winnetou und die Mimbrenjos! Old Shatterhand, Winnetou und die Mimbrenjos!“
    Warum tat er das? Etwa aus Schreck und Entsetzen? Er war doch während seines Wortwechsels mit dem Haziendero nicht so erschrocken gewesen! Er schrie die Namen noch, als er in die Enge verschwand, und als wir beide in dieselbe eindrangen, schrie er sie immer noch.
    Wir kamen ihm rasch näher. Es ging talaufwärts; rechts und links war Wald. Er blickte sich um und sah uns höchstens dreihundert Schritt hinter sich. Er erkannte, daß er verloren sei, wenn er die Flucht auf diese Weise fortsetze, hielt sein Pferd an, sprang ab und eilte links in den Wald. Sofort schwang ich mich auch aus dem Sattel und sah dabei, daß der Apache auch heruntersprang.
    „Winnetou, ihm direkt nach!“ rief ich diesem zu und rannte dann unter die Bäume und die Steigung empor.
    Es geschah das mit guter Berechnung. Wenn wir beide dem Fliehenden nachliefen, so konnten wir beim Geräusch unserer Schritte das Geräusch der seinigen nicht hören. Es war geraten, ihm zuvorzukommen und dann zu lauschen. Das wollte ich tun, während Winnetou ihn mir getrieben brachte.
    Wir befanden uns unten an der linken Talwand, welche ziemlich dicht mit Bäumen besetzt war und auch ziemlich steil zur Höhe stieg. Ich nahm an, daß Weller zunächst in gerader Richtung emporklettern werde, und nahm mir als Marke eine starke Buche, welche, wenn er diese Richtung wirklich einhielt, an seinem Weg lag. Ich war so weit hinter ihm gewesen und hatte also nach der Buche einen viel weitern Weg zurückzulegen als er.
    Diesen Unterschied mußte ich durch doppelte Schnelligkeit auszugleichen versuchen. Ich glaube nicht, daß ich mich jemals im Leben so von Baumstamm zu Baumstamm, von Stein zu Stein geschnellt habe. Als ich die Buche erreichte, war ich atemlos, und es schwindelte mir. Ich warf mich hinter dem Stamm auf den Boden nieder und versuchte, zu lauschen. Zunächst summte mir das aufgeregte Blut in den Ohren, doch der feste Wille vermag selbst so etwas zu unterdrücken. Dann vernahm ich Schritte, zweierlei Schritte, nämlich diejenigen eines Menschen, der sich leise und vorsichtig, darum nicht zu eilig, der Buche näherte, und dann diejenigen einer anderen Person, welche laut und rasch durch die Bäume und Sträucher drang. Der erstere war Weller und der letztere Winnetou; ich war dem Flüchtling also doch zuvorgekommen, ein Beweis, was der Mensch, wenn es sein muß, weit über seine gewöhnlichen Kräfte hinaus zu leisten vermag.
    Er kam; schon sah ich ihn! Er ahnte nicht, daß einer von den beiden, welche er hinter sich glaubte, schon vor ihm war. Er lenkte seine Schritte nicht genau der Buche zu, sondern wollte rechts vor derselben vorüber. In dem Augenblick, in welchem er mir am nächsten war, sprang ich auf, schnellte mich hin zu ihm, faßte ihn beim Haar, denn der Hut war ihm von den Zweigen herabgeschlagen worden, und riß ihn an denselben nieder. Er stieß einen überlauten Schrei aus.
    „Hat mein Bruder ihn fest?“ rief mir Winnetou zu, als er diesen Schrei hörte.
    „Ja“, antwortete ich, indem ich Weller das Knie auf die Brust setzte, daß ihm der Atem ausgehen wollte.
    „Ich komme gleich. Halte ihn nur fest!“
    Es bedurfte dieser Aufforderung des Apachen gar nicht, denn ich hatte den einstigen Kajütenwärter unter einem so starken Druck, daß er jede Bewegung vergaß. Da kam Winnetou. Als er den Gefangenen sah, sagte er:
    „Es war ein guter Gedanke meines Bruders, ihm vorauszuspringen. Ich wußte, daß Old Shatterhand ein vortrefflicher Läufer ist; aber daß er fliegen kann, habe ich nicht gedacht. Warum hast du dem Mann nicht die Faust gegeben, um ihn zu betäuben?“
    „Weil es nicht nötig ist. Der Kerl ist nur ein Knabe in meinen Händen und soll nicht die Wohltat der Bewußtlosigkeit haben.“
    Weller hatte sein Gewehr in der Hand getragen, es war ihm, als ich ihn faßte, entfallen. Winnetou hob es auf. Ich zog den Burschen in die Höhe, stellte ihn auf die Beine und sagte:
    „Vorwärts jetzt! Und wenn du nicht gehorchst, werden wir uns Gehorsam zu verschaffen wissen!“
    Ich hätte ihn, selbst wenn ich im Besitz eines Riemens gewesen wäre, nicht gebunden; aber ich hatte keinen mit und Winnetou auch nicht. Der Mensch wäre übrigens eine solche Vorsichtsmaßregel gar nicht wert gewesen. Ich nahm ihn beim Kragen und schob ihn vor mir her. Als wir unten

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