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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatten wir, hinter den Wagen hergehend, uns Mühe gegeben, ihre Spuren soviel wie möglich auszulöschen.
    Bis wir uns in dem Wäldchen eingerichtet hatten, war es Nacht geworden. Feuer brannten wir nicht an; die Wagen enthielten genug Proviant, zu dessen Zubereitung wir keines Feuers bedurften. Noch war ich beim Essen, da kam Winnetou, der sich beim Herkules befunden hatte, zu mir und sagte:
    „Mein Bruder mag mit zu dem Kranken kommen, der mit ihm sprechen will. Er weiß, was er sieht und hört und redet. Er fragte mich, und ich habe ihm gesagt, was er wissen wollte.“
    Der Patient lag neben dem Wagen, in welchem er transportiert worden war, im weichen Gras; man hatte ihm den Kopf auf Decken gebettet. Als ich mich zu ihm setzte, streckte er mir die Hand entgegen und sagte langsam und mit krankhaft leiser Stimme:
    „Ich hörte von dem Indianer, welcher mit mir sprach, daß Sie hier sind und daß ich Ihnen mein Leben zu verdanken habe. Geben Sie mir Ihre Hand! Wie freute ich mich, als ich jetzt von dem Indianer hörte, daß Sie hier seien! Sie waren doch gefangen! Wie sind Sie freigekommen?“
    Ich erzählte ihm, was geschehen war, und dehnte meinen Bericht bis auf die gegenwärtige Stunde aus. Er wußte nicht, was seit dem Augenblick, an welchem Weller ihn niedergeschlagen hatte, von ihm und mit ihm geschehen war, und fragte, als ich geendet hatte, ganz erstaunt:
    „Ist das, was Sie erzählen, wahr? Ich habe Weller erwürgt?“
    „Ja. Sie sagten im Fieber, er habe Sie niedergeschlagen. War er es wirklich?“
    „Ja. Was ich im Delirium tat, brauche ich nicht zu verantworten.“
    „Was müssen Sie erlebt haben! Sie werden mir es später erzählen; jetzt sind Sie zu schwach dazu.“
    „Oh, nein. Mein Kopf tut zwar weh, aber ich habe, wie Sie wissen, die Natur eines Elefanten. Wenn ich langsam und leise rede, greift es mich nicht an. Lassen Sie mich immerhin erzählen. Wenn Sie gekommen sind, meine Gefährten zu retten, müssen Sie doch baldigst wissen, was geschehen ist.“
    „Ich bin allerdings gespannt, es zu hören. Sie wurden von dem ‚Großen Mund‘ gefangengenommen und dann wieder freigegeben. Melton und die Weller kamen auch frei, ebenso der Haziendero. Was geschah nachher?“
    „Sie hatten ganz recht, uns zu warnen; es war auf uns abgesehen. Melton kaufte dem Haziendero seinen Besitz ab, und damit wurden wir seine Arbeiter.“
    „Ja, ich erinnere mich, den Passus des Kontraktes gelesen zu haben, daß alle Rechte des Haziendero auf seinen etwaigen Rechtsnachfolger überzugehen hätten. Das war, wie ich heute weiß, gleich von vornherein so berechnet. Aber Sie waren für die Hazienda, also für Vieh- und Feldwirtschaft engagiert und brauchten nicht ins Bergwerk zu gehen!“
    „Meinen Sie, daß letzteres unser Wille gewesen ist? Wir haben von dem Quecksilber nicht das mindeste gewußt. Melton belog uns, indem er sagte, daß eine kleine Tagesreise hinter der Hazienda eine kleine, zu ihr gehörige Estancia liege, wo wir einstweilen beschäftigt werden sollten. Die Wellers sollten uns hinführen, während er mit dem Haziendero nach Ures ritt, um den Kauf rechtsgültig zu machen. Wir erklärten uns einverstanden, da auf der Hazienda für jetzt nur Hunger zu holen war, und brachen mit den Wellers auf. Aber nach vollendetem Tagemarsch fanden wir anstatt einer Estancia ein Indianerlager, dreihundert Mann mit über vierhundert Pferden. Auf einen Teil der überschüssigen Pferde wurden wir gefesselt; die anderen waren Packpferde, welche Lasten zu tragen hatten. Dann wurden wir fortgeschafft, Tag für Tag weiter, bis nach Almadén. Dort gibt es ein vermaledeites Loch, das Mundloch eines Schachtes, in welches gestiegen werden mußte.“
    „Habt ihr euch denn auch da nicht gewehrt?“
    „Von mir will ich nicht reden, denn wenn ich hineingestiegen wäre, so befände ich mich unter der Erde und nicht hier bei Ihnen; aber die anderen, die Kinder, Weiber und Väter, was konnten sie machen? Die paar Menschen gegen die dreihundert Wilden! Übrigens bedrohte man uns mit dem Tod, sofern wir uns weigerten. Die Frauen und Kinder konnten an keine Gegenwehr denken, und um ihretwillen und um ihnen keine Mißhandlungen zuzuziehen, ergaben sich auch die Männer drein.“
    „Was geschah dann mit ihnen unten?“
    „Weiß ich es? Ich bin nicht mit unten gewesen.“
    „Ah, so! Sie waren nicht mit im Schacht! Wie haben Sie das angefangen?“
    „Sehr einfach. Als man mir die Riemen abgenommen hatte und mich nach dem Loch

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