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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hier?“
    „Diejenige Zeit, welche die Weißen eine halbe Stunde nennen.“
    „Und die anderen?“
    „Die zweite eine Viertelstunde weiter und die dritte war sehr, sehr weit von hier gelegen.“
    „Ja, so weit, daß sie hier gar nicht mit in Betracht kommen kann. Jetzt erinnere sich mein Bruder genau an die beiden Mündungen. Wie waren sie beschaffen? Deuteten beide darauf hin, daß sie der Beginn eines Tales seien, welches sich wenigstens eine halbe Stunde weit in die Berge hineinzieht?“
    „Nein“, antwortete er, ohne sich zu besinnen. Er besaß also ein gutes Ortsgedächtnis. „Das erste Tal scheint schmal und kurz zu sein. Aber die Mündung des zweiten war sehr breit.“
    „So haben wir die Yumas also sehr wahrscheinlich in diesem zweiten zu suchen, und diese Wahrscheinlichkeit wird sich erhöhen, wenn wir sehen, daß es bewachsen ist. Das werden wir jetzt tun.“
    Ich stieg bei diesen Worten in den Sattel. Der Knabe folgte meinem Beispiel und meinte mit jugendlicher Wichtigkeit:
    „Aber sehr vorsichtig müssen wir sein, denn hinter den Bäumen, welche wir sehen wollen, können die Yumas stecken!“
    „Das wünsche ich eben“, lachte ich. „Es würde mich freuen, wenn sie sich nirgends anderswo befänden.“
    „Aber dann sehen sie uns doch kommen!“
    „Wir werden schon dafür sorgen, daß sie uns nicht bemerken.“
    Die Art und Weise, wie ich mich ihm gab, ermutigte ihn zu dem Einwand:
    „Mein berühmter weißer Bruder mag bedenken, daß wir nach Bäumen suchen! In einer ebenen Gegend kann man diese schon aus weiter Entfernung entdecken. Wir stehen aber im Begriff, ein Tal aufzusuchen, welches wahrscheinlich viele Windungen macht. Wer da einen Wald entdeckt, der steht auch schon vor demselben, und wenn der Feind sich darin befindet, so kann es sehr leicht keine Zeit zur Umkehr geben!“
    „Mein kleiner Bruder spricht wie ein alter, erfahrener Pfadfinder. Vielleicht ist er so freundlich, sich zu vergegenwärtigen, daß die Windungen eines Tales, hinter denen allerdings die Gefahr drohen kann, dem vorsichtigen Mann Schutz gewähren. Die Krümmung, hinter welcher der Feind sich verbirgt, hindert ihn, mich zu sehen. Übrigens, um einen Vergleich zu bringen, wer ein Feuer entdecken will, der braucht nur auf der Rauch oder den hellen Schein zu achten und hat nicht nötig, hinzugehen und die Hand hineinzuhalten, um sich durch die Brandwunden zu überzeugen, daß es vorhanden ist. Wir werden also das zweite Tal, in welchem wir den Feind vermuten, sehr wahrscheinlich gar nicht betreten.“
    Er nahm diese Worte als das hin, was sie waren, eine Zurechtweisung, auf die er den Kopf senkte und schwieg. Wir ritten vorwärts, von dieser Stelle aus den nämlichen Weg wie gestern nehmend, ich voran, indem ich mein Pferd so lenkte, daß es ziemlich stets Fels unter die Hufe bekam und also keine Fährte machte. Der Ritt war nicht ganz ungefährlich, da uns in jedem Moment ein Yuma oder ein Trupp dieser Roten entgegenkommen konnte. Glücklicherweise geschah dies nicht. Nach der angegebenen Zeit von einer halben Stunde kamen wir an die Mündung des ersten Seitentals, welches ebenso wie das zweite nach links führte. Ich bog da ein. Der Indianer zögerte einen Augenblick, dann folgte er mir, ohne ein Wort zu sagen. Er konnte mich nicht begreifen, schwieg aber, um nicht wieder eine Zurechtweisung zu erhalten. Wenn wir die Yumas im zweiten Tal zu suchen haben, warum reiten wir dann ins erste hinein? So fragte er sich. Die Antwort wurde ihm nach kurzer Zeit.
    Das Tal war so gestaltet, wie wir vermutet hatten, schmal und seicht. Es stieg schnell aufwärts, und als ungefähr zehn Minuten vergangen waren, hatten wir sein Ende erreicht; wir befanden uns oben auf der Ebene. Da lag die Kreisfläche, welche der Horizont umschloß, vollständig übersehbar vor uns. Nach Süd, West und Nord gab es Ebene; im Osten lagen Berge. Die Ebene war kahl, eine Stelle ausgenommen, welche gegen Nordwest lag; dort ließ ein dunkler Streifen einen Wald vermuten. Ich deutete mit der Hand in diese Richtung und fragte:
    „Was liegt wohl dort hinter jener dunklen Linie?“
    „Ein Wald.“
    „Nein, denn diese Linie ist eben selbst der Wald. Er besäumt die Höhe des zweiten Tales, welches wir suchen. Jetzt wird mein junger Bruder wissen, warum ich nicht dorthin, sondern hierher geritten bin. Dort hätte uns Gefahr gedroht; hier haben wir den Wald entdeckt, ohne daß diejenigen, welche hinter demselben stecken, uns sehen können. Wenn die Yumas

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