38 - Satan und Ischariot II
Chamart.“
„Aus welchem Land stammst du?“
„Aus dem Belad el Ingeliza (England).“
„Und wie ist dein Name?“
„Jones.“
„Deine Antworten stimmen, und ich muß dich also zu ihm führen. Doch sage mir, ob der Oberst der Leibwache weiß, wohin du geritten bist.“
„Er weiß es nicht.“
„Aber du wirst es ihm sagen?“
„Das fällt mir nicht ein. Ich weiß, daß du ein Freund des Kolarasi Kalaf Ben Urik bist und nur diesem zu Gefallen den Fremden bei dir aufgenommen hast. Ich schenke dem Kolarasi einen sehr große und sehr lebhafte Teilnahme; ich kenne seinen Willen, seine Wünsche und Absichten noch viel genauer, als du sie kennst, und so bitte ich dich, dein Mißtrauen fallenzulassen und mich zu deinem Gast zu führen. Ich habe ihm sehr wichtige Dinge mitzuteilen, welche keinen Aufschub erleiden dürfen.“
„So komm! Ich werde dich zu ihm führen.“
Es war allerdings kein Wunder, daß der Pferdehändler mir nicht traute. Er war, wenn auch nicht geradezu von Thomas Melton in das Geheimnis gezogen, aber doch jedenfalls von diesem mehr oder weniger unterrichtet worden und wußte also, daß die Obrigkeit von der Anwesenheit seines Gastes nichts wissen sollte. Ich kam nun auf dem Pferd eines Beamten geritten, welcher zu den höchsten Personen der Obrigkeit gehörte, und je wertvoller das Pferd war, in desto größerem Vertrauen mußte ich bei diesem Herrn stehen. Dies war freilich geeignet, ihn zur Vorsicht zu veranlassen.
Ich ließ mein Pferd stehen und folgte ihm. Der scheinbare Zweck meines Besuches war, Jonathan Melton davon zu benachrichtigen, daß der Kolarasi, sein Vater, noch nicht von seinem Zug zurückgekehrt sei; meine eigentliche Absicht aber bestand darin, ihn zu veranlassen, nicht hier in Zaghuan verborgen stecken zu bleiben, sondern mit uns zu reiten, damit wir ihn sicher hätten und er uns nicht entgehen könne.
Wie aber das anfangen, ohne seinen Verdacht zu erregen? Der wunde Punkt war der, daß er mich für einen Mr. Jones hielt und, wenn er mit uns ging, von Krüger-Bei und anderen unbedingt erfahren mußte, daß ich ein Deutscher war. Ich mußte ihm diesen Widerspruch in einer Weise, welche seinen Verdacht nicht erregte, zu erklären suchen.
Der Pferdehändler führte mich durch einige kleine Räume und ließ mich in einem stehen, um mich anzumelden. Daß er dies selbst jetzt noch für notwendig hielt, war ein Zeichen, daß es mir nicht gelungen war, sein Mißtrauen zu zerstreuen. Es dauerte auch wirklich eine längere Zeit, ehe er wiederkam und mich aufforderte, einzutreten, worauf er sich entfernte.
Der falsche Hunter stand im nächsten Zimmer, mich erwartend. Es war, wie es schien, der am besten ausgestattete Raum des Hauses. Er reichte mir die Hand und sagte:
„Da sind Sie ja! Fast wären Sie nicht zu mir gelassen worden. Nicht?“
Aus seinem Ton und seinem Gesicht schloß ich, daß es dem Pferdehändler nicht gelungen war, ihn gegen mich einzunehmen, und ich antwortete:
„Allerdings. Ihr Wirt schien Mißtrauen gegen mich zu hegen.“
„Das ist wahr. Und wissen Sie vielleicht, warum?“
„Ich hoffe, es von Ihnen zu erfahren.“
„Weil Sie den Fuchshengst des Kommandanten der Leibgarde reiten. Er sagte, Sie müßten ein Vertrauter des Obersten der Heerscharen sein.“
„Ah so! Hm! Da hat er richtig und auch falsch geraten.“
„Wieso?“
„Ein ganz eigentümlicher Umstand! Ich war zunächst ganz erstaunt, dann aber rasch entschlossen, ihn mir zunutze zu machen. Setzen wir uns! Ich muß es Ihnen erzählen. Es ist eine Art von Abenteuer, und ich halte es für wahrscheinlich, daß noch mehr Abenteuer darauf folgen.“
„Wieso? Ich bin ganz gespannt. Reden Sie!“ forderte er mich auf, indem er sich mit mir niedersetzte und mir eine Zigarre nebst Feuer gab.
„Denken Sie!“ begann ich. „Ich begab mich Ihrem Auftrag gemäß nach der Kaserne, um mich nach dem Kolarasi zu erkundigen. Mehrere Soldaten saßen plaudernd vor dem Tor, und eben wollte ich meine Fragen an sie richten, als sie aufsprangen und Honneurs machten. Ich sah mich um. Es kamen mehrere Reiter, an deren Spitze sich ein hoher Offizier zu befinden schien. Natürlich trat ich schnell zurück. Im Vorüberreiten fiel sein Blick auf mich; er hielt sofort sein Pferd an, stieß einen Ruf der Freude aus und begrüßte mich, indem er mich Kara Ben Nemsi nannte.“
„Ah! Sonderbar! Sie scheinen also demjenigen, welcher so heißt, ähnlich, sogar sehr ähnlich zu sein. Sie sagten ihm doch, daß
Weitere Kostenlose Bücher