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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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linken Fuß vor, wog und wägte den Speer in der Rechten, indem ich dieselbe auf- und niedergehen ließ, hob sie hoch empor, nahm den Schwamm scharf ins Auge, gab dem Speer durch eine Daumenbewegung die nötige Selbstdrehung und schleuderte ihn – er kam mitten in den Schwamm zu stecken. Die Yumas lachten hell auf, denn die Lanze war wenigstens vier Schritte weit an ihnen vorübergeflogen. Winnetou blickte nach dem Baum, nickte befriedigt über seinen Schüler und rief den Lachern zu:
    „Worüber lachen die Yumas? Haben sie nicht soviel Verstand, einzusehen, daß dies nur ein Probewurf war? Old Shatterhand hat noch vier Speere; zwei davon werden dem ‚Langen Haar‘ und dem ‚Starken Arm‘ in die linke Hüfte fahren. Er könnte sehr leicht ihr Herz treffen, ihre Brust durchbohren, will sie aber nicht töten, weil er ein Christ ist und sein Manitou es ihm verbietet!“
    Er hatte mir das Ziel gegeben, und ich wußte, daß ich es treffen würde – mittels des Doppelwurfes. Der erste Speer muß nämlich die Aufmerksamkeit dessen, den man treffen will, auf sich lenken; der zweite folgt augenblicklich nach und geht, wenn man Übung hat, niemals fehl. Ich ließ zwei Speere fallen, nahm den dritten in die linke, den vierten in die rechte Hand und rief:
    „Also in die linke Hüfte hat Winnetou gesagt. Zuerst den ‚Starken Arm‘. Er mag aufpassen!“
    Das Auge des Genannten hing an meiner Rechten. Ich zielte nach seiner rechten Seite, wodurch er mir beim Ausweichen die linke bieten mußte, und warf; dieser Speer war noch nicht an dem Roten vorüber, so folgte schon der zweite, den ich aus der rechten in die linke gegeben hatte; es muß dies sehr schnell geschehen. Die Spitze fuhr bis an den Schaft in die linke Hüfte des Getroffenen, welcher einen Schrei ausstieß und niedersank.
    „Nun kommt das ‚Lange Haar‘ daran!“ kündigte ich rasch an, um dem Genannten keine Zeit zur Besinnung zu lassen. Das Experiment wiederholte sich. ‚Langes Haar‘ wurde von der Gewalt des Wurfes neben den ‚Starken Arm‘ hingestreckt. Ich drehte mich um und ging. Hinter mir hörte ich Winnetou rufen:
    „So wirft Old Shatterhand die Lanze; jetzt wißt ihr es. Nun mag der ‚Schwarze Biber‘ mit dem Mimbrenjoknaben kämpfen!“
    Mehrere Yumas eilten herbei, um ihren verwundeten Kameraden die Speere aus dem Fleisch zu ziehen und sie fortzutragen; die anderen heulten nach löblicher Indianersitte; ich aber hatte meine Aufgabe gelöst und legte mich wieder in das Gras. Im Osten begann bereits der Tag zu dämmern.
    Für meinen kleinen Mimbrenjo schienen sich keine guten Aussichten zu eröffnen, denn der Mann, der jetzt an das Wasser trat, war ein starker, breitschultriger Kerl, der es mit zwei oder drei anderen aufnehmen konnte.
    „Heult nicht, klagt nicht!“ schrie er, so laut er konnte. „Der ‚Schwarze Biber‘ wird die Speerwunden rächen. Der Yumatöter hat, als er uns mit Old Shatterhand überfiel, meinen Bruder erschossen; dafür werde ich ihm den seinigen erstechen und ertränken. Der Mimbrenjowurm mag kommen, er wird sich in meinen Fäusten und unter meinem Messer winden, bis ich meine Rache vollendet habe!“
    Er warf die große, breite Decke ab, die seinen nackten Körper umhüllte, und zeigte Formen, welche nicht nur eine ungeheure Körperkraft verrieten, sondern in ihm auch einen ausgezeichneten Schwimmer vermuten ließen. Winnetou stand noch bei dem ‚Großen Mund‘; sie sprachen miteinander. Dann ließ sich der Apache laut hören:
    „Der Mimbrenjo geht vorn bei uns, der ‚Schwarze Biber‘ aber hinten bei den Yumas in das Wasser. Sobald sie sich in demselben befinden, können sie tun, was sie wollen; aber nur einer, der Sieger, darf lebend heraus; der andere muß tot sein und seinen Skalp hergeben. Hier habe ich mein Gewehr, und auch Old Shatterhand mag seine Zauberbüchse mit den vielen Schüssen nehmen, um dafür zu sorgen, daß dem Sieger von der Partei des Besiegten nichts geschieht. Wer die Hand gegen ihn erhebt, wird erschossen. Winnetou hat gesprochen!“
    Der Mimbrenjo trat nackt an das Ufer; er hatte sein Messer auch in der Hand. Um seine Hüfte wand sich ein dünner Faden, in welchem hinten zwei hohle Pflanzenstengel steckten, die also nur wir, nicht aber die Yumas sehen konnten. Seine Haut glänzte von Öl. Ich sah unter dem Dunkel eines Baumes hervor zwei Augen auf ihn gerichtet, zwei dunkle, jetzt ängstlich blickende Augen – die Augen seines Vaters, dem beim Anblick des ‚Schwarzen Bibers‘

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