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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein würden.“
    „Aber wenn es zu einem Kampf mit Jonathan kommen sollte!“
    „So brauchen wir die Gewehre sicher nicht. Wir sind zwei gegen einen und haben die Messer und Revolver. Also hier sind meine Gewehre, und nun will ich zunächst sehen, wie es da unten steht.“
    Ich legte den Hut ab, steckte den Kopf in das Loch, hielt mich am Rand desselben fest und ließ mich leise und langsam, soweit die Arme reichten, tiefer sinken. Man hatte von innen die Leiter weggenommen. Winnetou und Emery hielten mich draußen fest, so daß ich nicht hinabstürzen konnte. So kam ich mit dem Kopf nach unten soweit, daß ich den Raum überblicken konnte. Ich sah die Bank, auf welcher Judith und Jonathan vorhin gesessen hatten, einen Tisch und zwei Stühle. Über dem Tisch hing ein Spiegel. Dieses unter anderen Verhältnissen höchst einfache Meublement war für das Pueblo fein zu nennen. Die beiden Türöffnungen, welche nach rechts und links führten, waren durch bunten Kattun verhängt. Also hinter dem Vorhang rechts wohnte Judith und links Jonathan. Da sah ich, daß sich der erstere bewegte; es erschien eine Frauenhand mit einem Revolver; ich zog schnell den Kopf zurück, da knallte auch schon der Schuß. Natürlich war ich im nächsten Augenblick außerhalb des Loches.
    „Wetter, das war gefährlich! Wer hat geschossen?“ fragte Emery.
    „Judith!“
    „Da konntest du jetzt das schönste Loch im Kopf haben. Wo steht sie denn?“
    „Hinter dem Vorhang in einem Nebengemach.“
    „Und Jonathan?“
    „Den habe ich nicht gesehen. Wahrscheinlich steht er auf der anderen Seite auf der Lauer.“
    „Das ist eine fatale Lage. Wir können nicht hinab.“
    „O doch! Ich springe hinab.“
    „Da schießt man von beiden Seiten auf dich!“
    „Das muß ich freilich riskieren; wahrscheinlich aber bin ich rascher, als die beiden Belagerten. Die Lampe, welche unten brennt, steht auf dem Tisch; wenn ich sie schnell ausblasen kann, bin ich ziemlich sicher, nicht getroffen zu werden. Holt dort die Leiter her! Wenn ich von unten rufe, steckt ihr sie in das Loch, und Winnetou kommt hinunter.“
    „Aber bedenkst du auch, daß du außerdem den Hals brechen kannst, wenn du hinabspringst?“
    „Da müßte es etwas tiefer sein. Also jetzt, es sei gewagt!“
    Die Ausführung meines Vorsatzes, hinabzuspringen, war nur dadurch möglich, daß das Loch doppelt so weit war, als die anderen Eingänge, die wir gesehen hatten. Ich stellte mich gerade darüber, das eine Bein hüben und das andere drüben. Um gleich bewaffnet zu sein, zog ich den Revolver. Indem ich die Füße hüben und drüben von der Kante des Lochs abgleiten ließ, fiel ich in aufrechter Stellung hinunter und kam auf die Zehen zu stehen. Ein schneller Schritt zur Lampe, die ich ausblies, zwei ebenso rasche Schritte wieder zurück und nach der anderen Seite – da knallte auch schon der Revolver; die Jüdin hatte auf mich geschossen und sie hätte mich sicher getroffen, wenn ich nur einen Moment länger dort am Tisch bei der Lampe stehen geblieben wäre. Jetzt mußte ich zur List greifen. Ich warf mich nieder, und zwar so, daß man es hören mußte, und begann, zu stöhnen. Ich wollte dadurch Jonathan herbeilocken. Zunächst aber machte sich nur Judith bemerkbar!
    „Himmel, ich habe ihn getroffen! Sind Sie verwundet?“
    Ich antwortete mit einem weitern Stöhnen und Röcheln.
    „Er stirbt, er stirbt! Ich habe ihn erschossen! Licht her, Licht!“
    Das klang ja ganz so, als ob es gar nicht ihre Absicht gewesen sei, mich zu treffen. Ich glaubte, sie würde hereinkommen, um die ausgelöschte Lampe anzubrennen, hörte aber, daß sie sich nach innen entfernte. Da stand ich wieder auf und huschte in den zweiten Raum, in welchem sie gestanden hatte. Weiter hinten, mehrere Zimmer weiter, gab es einen Lichtschein, welcher durch die Vorhänge drang. Er kam näher und wurde heller und stärker. Der Kattun der nächsten Tür wurde auseinandergezogen, und da stand sie, die Jüdin, eine zweite Tonlampe in der Hand und mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrend; sie ließ den Revolver, welchen sie in der anderen Hand trug, fallen.
    „Guten Abend, Señora!“ grüßte ich. „Sie verzeihen doch, daß ich Sie in ihrer Häuslichkeit störe? Da Sie wahrscheinlich nicht hinaufgekommen wären und ich Sie doch sprechen mußte, war ich gezwungen, herunterzukommen.“
    „Da – da – da stehen Sie ja!“ rief sie aus.
    „Allerdings! Oder meinen Sie, daß ich mich setzen darf?“
    „Sie –

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