Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
waren.
    „Nun, Señora, meinen Sie nicht, daß die gesuchte Leiter gleich zum Vorschein kommen wird?“ fragte ich.
    Sie antwortete nicht.
    Wir hoben die Decke weg und leuchteten in das Loch hinab. Da lehnte die Leiter.
    „Hier ist sie. Sie sehen also, Señora, daß ich vorhin gar wohl wußte, wo die Spur zu suchen sei. Wollen Sie die Güte haben, uns voranzusteigen!“
    „Fällt mir nicht ein! Gehen Sie nur immer allein!“
    „Ich muß darauf bestehen, daß Sie mitgehen! Sie könnten, wenn wir Sie allein hier oben ließen, uns irgendeinen Streich spielen. Man weiß nicht, wie die Tiefe da unten beschaffen ist, und ob wir dann wieder heraufkönnten.“
    „Ich gehe nicht mit!“
    „Da zwingen Sie mich wirklich, Sie wieder beim Arm zu nehmen, denn hinunterschwemmen können wir Sie doch unmöglich.“
    Ich streckte den Arm nach ihr aus; da schritt sie auf das Loch zu und sagte wütend:
    „Rühren Sie mich nicht wieder an! Mich schmerzt der Arm noch jetzt, den Sie mir am Tag so übel zugerichtet haben. Sie sind ein entsetzlicher Mensch. Ich steige ja hinab!“
    Und sie stieg hinab. Ich folgte ihr mit der Lampe, und Winnetou kam hinter mir. Als wir die letzte Sprosse hinter uns hatten, umfing uns eine feuchte, moderige Luft. Wir befanden uns in einem langen, schmalen Gang, und zwar am Ende desselben.
    „Wohin führt der Gang, Señora?“ erkundigte ich mich.
    „Sehen Sie selbst nach!“ antwortete sie kurz.
    „Gibt es vielleicht rechts oder links Zimmer?“
    „Suchen Sie!“
    Die beiden Wände des Ganges bestanden aus Lehm; es gab keine einzige Öffnung in denselben. Als wir ihn halb durchschritten hatten, kamen wir an eine Stelle, wo der Boden nicht aus Erde, sondern aus starken, dicken Hölzern bestand, welche nebeneinander lagen, ungefähr in der Weise, wie man Senk- oder andere Gruben zu bedecken pflegt. Ich kniete nieder und entfernte zwei oder drei von diesen Hölzern. Ein tiefer liegender Wasserspiegel schimmerte von da unten herauf. Ich nahm eins der Hölzer und hielt es in das Wasser hinab, um dasselbe zu sondieren. Es war nicht ganz zwei Ellen tief, und der über dem Wasser bis zum Fußboden liegende Raum mochte eine Elle betragen.
    „Uff!“ sagte der Apache im Siouxdialekt. „Mein Bruder hat die Zisterne gesehen, welche sich draußen vor dem Pueblo befindet, gerade in der Mitte desselben?“
    „Ja.“
    „Wir stehen gerade in der Mitte des Ganges, welcher die Breite des Pueblo einnimmt. Sollte das Wasser mit der Zisterne in Verbindung stehen?“
    „Wahrscheinlich.“
    „Dann kommt es aus dem Fluß, und wenn man in dies Loch steigt und in dem unterirdischen Wasser weitergeht, kann man in den Flujo blanco hinausgelangen.“
    „So ist es; so ist es! Und der junge Melton ist uns auf diesem Wege entwischt.“
    „Das wäre außerordentlich zu beklagen. Wir müssen die Squaw zwingen, es uns zu sagen!“
    „Ob sie sich zwingen läßt?“
    „Sie muß, und wenn – horch! Hat mein Bruder nicht einen Seufzer gehört?“
    „Nein.“
    „Es war da hinten im Gang. Wir wollen einstweilen weitergehen.“
    Ich brachte die Hölzer wieder an ihre Stelle, und dann setzten wir unsere Nachforschung fort. Ja, jetzt hörte auch ich einen Seufzer oder vielmehr ein röchelndes Stöhnen. Wir beschleunigten unsere Schritte und kamen an das Ende des Ganges, ohne darauf zu achten, daß die Jüdin zurückblieb. Ich mußte an Vogel denken, den wir suchten; darum die Eile und darum auch die erwähnte Achtlosigkeit. Und richtig, da lag er, mit Riemen gefesselt und an einen in den Boden getriebenen Pfahl gebunden. Man hatte ihm ein altes Tuch mehrfach über Mund und Nase befestigt, so daß er nicht schreien und rufen, sondern nur stöhnen und kaum atmen konnte. Der Knebel wurde natürlich zuerst entfernt. Da tat er einen tiefen Atemzug und rief:
    „Dem Himmel sei Dank! Ich sah Sie da hinten im Gang erscheinen und hatte Angst, daß Sie nicht ganz bis hierher kommen, sondern wieder umkehren würden. Bitte, machen Sie die Riemen los!“
    Sie wurden durchschnitten; er konnte also aufstehen. Indem er sich reckte und streckte, fragte ich ihn:
    „Haben Sie viel Angst ausgestanden?“
    „Natürlich!“
    „Sie konnten sich doch sagen, daß wir kommen würden!“
    „Oh, daß Sie in das Pueblo dringen würden, das traute ich Ihnen schon zu, aber daß Sie diesen Ort finden würden, das konnte ich kaum glauben. Ich habe um mein Leben gebangt!“
    „So ist es, wenn man Pferde bewachen soll und dabei einschläft!“
    „Ich konnte

Weitere Kostenlose Bücher