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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eine Stunde vor Anker gelegen oder vielmehr vor Anker gesessen, so sahen wir einen langen, starken Indianer aus dem Häuptlingszelt kommen und sich nach dem Kreis begeben.
    „Das ist der ‚Starke Wind‘“, flüsterte mir Dunker zu.
    Es war also der Häuptling. Hinter ihm kam Jonathan Melton. Er trug alle seine Waffen und setzte sich neben dem ‚Starken Wind‘ nieder. Er wurde also nicht nur nicht als Gefangener oder gar als Feind betrachtet, sondern sollte sogar an der Beratung teilnehmen und hatte mit dem Häuptling vorher eine Unterredung gehabt. Dann kamen auf ein laut gegebenes Zeichen noch zehn bis zwölf alte, erfahrene Krieger, welche sich in den Kreis setzten.
    Die Beratung begann, und nun verließen wir nacheinander das rechte Ufer, um hinüber an das linke zu schwimmen, was wir so langsam und vorsichtig taten, als ob unsere Inseln von der Strömung hinübergetrieben würden. Dort legten wir wieder eng nebeneinander an.
    Es hatte eine Weile gedauert, bis wir wieder fest und bequem lagen, und so kam es, daß die Verhandlung nun schon begonnen hatte. Wir konnten nicht über das hier hohe Ufer blicken und hörten eine laute, kräftige Stimme, welche eine Rede hielt.
    „Wißt Ihr, wer das ist?“ fragte ich Dunker.
    „Der Häuptling.“
    Die Stimme erklang so deutlich, daß wir jedes Wort verstehen konnten:
    „– – obgleich meine roten Brüder erst in vier Tagen aufbrechen wollten, habe ich doch mehrere gute Gründe, schon morgen früh den Zug zu beginnen. Und sodann hat mir dies tapfere Bleichgesicht gesagt, daß wir unterwegs drei berühmte Männer ergreifen werden. Wenn das die Wahrheit ist, wird man in allen Zelten und Tälern, in der Nähe und in der Ferne von der Tapferkeit der Mogollon erzählen. Die drei Krieger sind Winnetou, der Häuptling der Apachen, Old Shatterhand und noch ein großes Bleichgesicht, welches viele rote Krieger getötet hat.“
    „Uff, uff, uff!“ erklang es in dem Kreis, und auch die um denselben Stehenden ließen diesen Ausruf der freudigen Verwunderung hören.
    „Unser weißer Bruder“, fuhr der Häuptling fort, „wird meinen roten Brüdern jetzt mitteilen, was er zu mir davon gesprochen hat.“
    Seine einleitende Rede war zu Ende. Er hatte sie natürlich stehend gehalten und setzte sich, wie ich vermutete, nun wieder nieder. Nach einigen Augenblicken erklang die Stimme Jonathan Meltons. Er hielt eine lange, sich in den stärksten Ausdrücken ergehende Philippika, welche sich auf uns bezog. Er erzählte, wir seien bei ihm im Pueblo gewesen und hätten auf die Mogollon geschimpft und dabei gesagt, daß wir zu den Nijoras wollten, um sie zu einem Kriegszug gegen die ersteren aufzustacheln. Da er ein Freund der Mogollons sei, habe er sich sofort auf das Pferd gesetzt, um sie vor der drohenden Gefahr zu warnen. Wie gut er es meine, könnten sie aus dem Umstand ersehen, daß er auf einem vollständig abgehetzten Pferd angekommen sei. Jetzt höre er, daß ein Zug gegen die Nijoras beschlossen worden sei, der aber erst nach vier Tagen angetreten werden solle. Dies sei vollständig falsch, da sie höchstwahrscheinlich bis dahin von den Nijoras überfallen würden. Man müsse vielmehr sofort aufbrechen, zumal es heute Dunker gelungen sei, zu entkommen. Er habe gehört, daß man gegen die Nijoras ziehen wolle, und man könne annehmen, daß er zu diesen eilen werde, um sie zu benachrichtigen.
    Der Mensch brachte noch andere Gründe und lügenhafte Angaben in so scharfsinniger Weise vor, daß ich, noch ehe er seine Rede geendet hatte, überzeugt war, die Beratung werde ihm beistimmen. Wirklich ging auch, als er sein letztes Wort gesprochen hatte, ein beifälliges Murmeln durch die Reihen der Roten; es trat eine kurze Stille ein, und dann hörte ich den Häuptling sagen:
    „Mein weißer Bruder hat bewiesen, daß er ein Freund unseres Stammes ist. Wir danken ihm; er mag mir jetzt nur noch einige Fragen beantworten. Waren Winnetou und Old Shatterhand noch in dem Pueblo der weißen Squaw, als du von dort fortrittest und weißt du, wann sie es verlassen werden?“
    „Nein.“
    „Wissen sie, wohin du geritten bist?“
    „Nein.“
    „So steht auch nicht zu erwarten, daß sie dir augenblicklich gefolgt sind. Vielleicht befinden sie sich jetzt noch dort?“
    „Das ist freilich möglich.“
    „In diesem Fall können wir sie hindern, die Nijoras gegen uns aufzuhetzen. Wir brauchen ihnen nur eine Anzahl unserer Krieger entgegenzusenden, um sie festzunehmen; dann können sie nicht

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