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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Gewehre zu sehen bekamen. Die Sache war, wie gesagt, reines Kinderspiel, und ihnen unsere Kugeln hinabzusenden, wäre, wenn sie nicht so wahnsinnig waren, auf uns zu schießen, mehr als nur Mord gewesen. Darum sagte ich zu dem Unterhäuptling, welcher bei mir und Winnetou stand:
    „Mein Bruder ist ein mutiger Krieger; aber seine Tapferkeit wird hier nicht auf die Probe gestellt werden. Ich bitte dich, deine Leute einen Kreis um den See bilden zu lassen. Wenn das geschehen ist, mag jeder von seinem Ort aus sich rückwärts in dem Wald verbergen und da steckenbleiben, bis die Mogollons kommen. Diese werden ihre Pferde hinab zu dem Wasser führen. Da trete ich wahrscheinlich unter den Bäumen hervor; unsere Krieger aber müssen noch steckenbleiben; sie sehen mich. Sobald ich den Arm erhebe, kommen auch sie heraus, legen sich auf den obern Rand des Sees, so daß sie einen Kreis bilden, und zielen mit ihren Gewehren auf die unten befindlichen Feinde. Aber schießen dürfen sie nicht, auch dann noch nicht, wenn ich oder Winnetou schießen sollte. Erst wenn ich ihnen den lauten Befehl dazu zurufe, dürfen sie es tun, und dann sollen sie nur auf die Feinde schießen, welche herauf nach ihnen zielen. Es darf kein Mogollon, der sich nicht wehrt, verletzt werden. Wer gegen diesen Befehl handelt, den kann ich zwar nicht bestrafen, aber wir werden dafür sorgen, daß er bei seinem Stamm als ein Feigling gilt. Ist dir das recht?“
    „Mein Bruder hat es gesagt, also ist es recht“, antwortete er.
    „Das Leben der Mogollons soll euch heilig sein; aber alles, was sie bei sich haben, auch ihre Medizinen, soll euch als Beute gehören.“
    „Und ihr? Was nehmt ihr für euch?“
    „Nichts. Wir ziehen nicht aus, um Krieg zu führen und Beute zu machen.“
    Da leuchteten seine Augen auf. Ein Indianer verliert lieber sein Leben, seinen Skalp als seine Medizin, welche das größte Heiligtum ist, welches er besitzt. Ich setze da voraus, daß man weiß, was unter der Medizin eines Indianers zu verstehen ist, nämlich nicht etwa das, was dieses Wort bei uns bedeutet, ein Heilmittel, sondern einen Gegenstand, den er nach langen Prüfungen und Kämpfen als Panier erwählt und mit seinem letzten Blutstropfen verteidigt. Wer seine Medizin verliert, wird solange für ehrlos gehalten und aus dem Stamm geschieden, bis er sich dafür die Medizin irgendeines berühmten Feindes erobert hat.
    Daher die Freude des ‚Scharfen Auges‘, als ich ihm sagte, daß ihm und seinen Kriegern die Medizinen der Mogollons gehören sollten. Das war ihm lieber, als wenn ich ihm ihr Leben und ihre Kopfhäute zugesprochen hätte.
    „Ich sehe, daß mein Bruder es ehrlich mit uns meint“, rief er entzückt aus. „Die Hunde der Mogollons sind ausgezogen, uns zu zerreißen; sie werden heulen vor Scham und Entsetzen, wenn sie ohne ihre Medizinen in die Löcher zurückkehren müssen, aus denen sie hervorgekrochen sind! Was haben wir noch zu tun?“
    „Nichts, was ich jetzt schon bestimmen könnte; der Augenblick muß es ergeben. Sage aber deinen Kriegern, daß sie auf mich achten und jedes laute Wort, welches ich ihnen zurufe, befolgen sollen! Du selbst wirst in meiner Nähe bleiben.“
    Er rief seine Leute zusammen und teilte ihnen meine Anordnungen mit, welche sofort befolgt wurden. Bald hatten sie sich so in dem Wäldchen versteckt, daß keiner von ihnen zu sehen war. Wie nach Süden, so gab es auch nach Norden eine Lücke zwischen den Bäumen, durch welche man herein zum Wasser kommen konnte. Von dieser Seite waren die Mogollons zu erwarten. Sonst gab es keine Stelle, an welcher ein Reiter herein konnte. Damit an diesen beiden Eingängen sichere Leute zu stehen kamen, besetzte Winnetou mit Emery den südlichen, ich mit Dunker und dem ‚Scharfen Auge‘ den nördlichen. Daß unsere Spuren uns verraten würden, war nicht zu befürchten, denn wir hatten das Gras nicht noch mehr niedergetreten, als es schon vorher zu Boden gestampft gewesen war.
    Wenn vorhin Winnetou gesagt hatte, wir seien weder zu spät noch zu früh gekommen, so hatte er recht gehabt, denn jetzt, da unsere Vorbereitungen getroffen waren, sah ich, als ich am nördlichen Eingang durch die Bäume lugte, eine Reiterschar über die Ebene auf das Wäldchen zukommen. Sie war noch so weit entfernt, daß man die einzelnen Reiter nicht zu unterscheiden vermochte, doch konnten es nicht viel mehr und auch nicht viel weniger als fünfzig sein; es waren also die, welche wir erwarteten. Darauf rief ich so

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