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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte Jonathan Melton gesehen, war aufgesprungen, warf sich auf diesen, den man schon vom Pferd genommen hatte, riß ihn zu Boden und bearbeitete mit beiden Fäusten und unter wütendem Geschrei das Gesicht des Betrügers, der sich gegen den Angriff nicht zu wehren vermochte.
    Emery und Dunker warfen mir fragende Blicke zu. Sie wußten nicht, sollten sie Murphy wegreißen oder ihn gewähren lassen.
    „Bindet schnell Melton los!“ rief ich Dunker zu.
    Da Jonathan soeben von dem Pferd gehoben worden war, hatte man ihm die Beine noch nicht wieder gefesselt, und nur seine Hände waren gebunden. Es genügte ein Augenblick, ihm dieselben freizugeben, und kaum war dies geschehen, so gebrauchte er sie zur Abwehr gegen den Angreifer, der noch immer nicht von ihm lassen wollte. Es entstand eine Prügelei, welcher alle Indianer, Freie und Gefangene, mit unendlichem Behagen zuschauten. Bald war der eine oben, bald der andere; es dauerte lange, ehe es zur Entscheidung kam, wer der Sieger war, und als dieser Moment endlich eintrat, zeigte es sich, daß sie beide unterlegen waren, denn sie hatten einander so mitgespielt, daß sie beide nebeneinander vollständig ermattet liegenblieben.
    Emery war zu mir getreten, hatte mich ganz verwundert angesehen und gefragt:
    „Warum gibst du zu, daß Murphy solche Hiebe bekommt? Du hast Melton ja geradezu gegen ihn losgelassen!“
    „Weil er sich nichts anmaßen soll. Wer gibt ihm das Recht, Melton zu malträtieren? Vorhin verlangte er unter Drohungen das Geld von mir und sagte mir, anstatt sich für seine Befreiung zu bedanken, ich gäbe es nicht heraus, um mir einen Teil davon heimlich anzueignen.“
    „Pfui! Du hast ihm doch dafür beide Fäuste in die Augen gegeben?“
    „Nein. Ich habe die Züchtigung dem lieben Jonathan überlassen.“
    „Well, auch kein übler Gedanke! Bist doch ein origineller Kerl, alter Scout! Nun liegen sie da und schnappen nach Atem. Ist beiden recht geschehen; kann weder dem einen noch dem anderen etwas schaden. Aber den Melton sollen wir doch wieder fesseln?“
    „Ja; doch Judith wird freigegeben.“
    „Die! Warum?“
    „Damit sie Mrs. Werner bedienen kann.“
    „Ganz richtig! Diesen Gedanken hätte ich nicht gehabt. Aber ob sie sich dazu hergeben wird?“
    „Werde es ihr schon plausibel machen!“
    Die Jüdin erstaunte nicht wenig darüber, daß man ihr die Fesseln abnahm; ich stand bei der Sängerin und rief sie zu mir her.
    „Mamsell Silberberg, es liegt in Ihrer Hand, sich Ihre Lage zu erleichtern“, sagte ich.
    „Wie – wie – wie nennen Sie mich?“ fragte sie, indem sie mir frech in die Augen blickte. „Was haben Sie mit mir vor?“
    „Sie werden dahin gebracht, wohin wir Melton bringen.“
    „Ich gehe nicht mit! Ich habe andere und heiligere Pflichten.“
    „Welche denn?“
    „Ich muß zu meinem Vater, der mich braucht.“
    „Wo ist denn der liebe Mann zu finden?“
    „Das geht Sie nichts an!“
    „Dann gehen mich auch die Rücksichten nichts an, welche Sie so plötzlich gegen ihn vorgeben. Sie haben ihn nie genannt, sich wahrscheinlich gar nicht um ihn gekümmert, und nun schützen Sie auf einmal diese ‚heiligen‘ Pflichten vor. Leider aber dürfen wir dieselben nicht beachten. Sie sind Meltons Mitschuldige; Sie können vollen Aufschluß über ihn und seine Verbrechen geben, und wir haben dafür zu sorgen, daß dies am richtigen Ort geschehen wird.“
    „So wollen Sie mich weiter mit sich schleppen?“
    „Nicht schleppen, sondern mitnehmen! Wir dürfen Sie doch nicht hier im wildesten Westen verkommen lassen und werden Sie in schönere und zivilisiertere Gegenden bringen.“
    „Ich will aber nicht!“ rief sie aus, indem sie mit dem Fuß stampfte.
    „Um Ihren Willen werde wir uns wohl nicht viel kümmern. Also hören Sie: Mrs. Werner braucht eine Dienerin. Wollen Sie die Stelle annehmen, so wird Ihnen soviel wie möglich Erleichterung werden –“
    „Dienerin, Dienstbote, Dienstmädchen?“ lachte sie höhnisch auf. „Fällt mir nicht ein, mich so weit wegzuwerfen! Niemals!“
    „Wie sie wollen! Aber dann werden Sie wieder gefesselt!“
    „Ist mir gleich; tun Sie es! Ich bin Lady; ich bin Dame; und gerade für diese Frau hier würde ich erst recht keinen Finger regen. Ich bin die Witwe eines Häuptlings, also eines Mannes, der ein Herrscher war!“
    „Gut! Ich werde Ihnen also die ledernen Witwenschleier wieder um die Hände und Füße legen lassen.“
    Ein Wink von mir genügte; sie wurde wieder gebunden. Es war

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