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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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staunenswerte Meisterschaft im Beschleichen gezeigt hatte.
    Nach wenigen Minuten konnten wir die übrigen sehen, welche bewegungslos am Boden lagen. Eine kurze Strecke hinter ihnen hielten die angekoppelten Pferde, ein Umstand, der einen plötzlichen Überfall sehr erschwerte, da die Tiere leicht zu Verrätern werden konnten. Zu gleicher Zeit erblickte ich die Vorrichtung, welche die Indianer getroffen hatten, um den Zug aufzuhalten. Es waren mehrere Schienen ausgebrochen und mit den ausgehobenen Schwellen quer über das Gleis gelegt worden, und mit Schaudern dachte ich an das Schicksal, welches die Insassen der Wagen hätte treffen müssen, wenn das Vorhaben der Wilden nicht von uns bemerkt worden wäre.
    Wir setzten unsere Bewegung so lange fort, bis wir uns der Truppe grad gegenüber befanden, und blieben nun, die Waffen zum sofortigen Gebrauch bereit haltend, erwartungsvoll liegen.
    Besser wäre es gewesen, den Angriff von unserer Seite aus zu übernehmen; aber die Disposition war nun einmal getroffen, und so mußten wir uns gedulden. Die Hauptaufgabe unserer Verbündeten war, zunächst den Posten unschädlich zu machen, ein Unternehmen, welches ich kaum einem anderen als Winnetou zutraute. Der Mann konnte im hellen Mondenschein die geringste Kleinigkeit seiner Umgebung genau erkennen und mußte bei der ringsum herrschenden Ruhe das leiseste Geräusch bemerken. Und selbst wenn es gelang, ihn zu überraschen, so war es doch, um ihn durch einen gutgeführten Messerstich unschädlich zu machen, notwendig, aufzuspringen, und dann mußte man ja sofort von den anderen gesehen werden.
    Mit mir zu Rate gehend, wie diesem Übelstand abzuhelfen sei, sah ich ihn plötzlich wie in den Boden hinein verschwinden, im nächsten Augenblicke aber schon wieder in seiner früheren geraden Haltung aufrecht stehen. Nur einen einzigen, blitzschnellen Moment hatte diese Bewegung in Anspruch genommen; aber ich wußte sogleich, was sie zu bedeuten hatte. Der jetzt scheinbar Wache haltende war nicht mehr der Ogellallah, sondern Winnetou. Er mußte sich mit noch einem bis unmittelbar an den Posten geschlichen haben und war in demselben Augenblicke, an welchem letzterer von dem anderen bei den Füßen niedergerissen und sofort eines Lautes unfähig gemacht wurde, kerzengrad in die Höhe gefahren.
    Das war wieder eins seiner bewundernswerten Indianerstücke, bei welchem ihm sicher nur Old Firehand geholfen haben konnte. Niemand weiter von uns hatte den Vorgang bemerkt, und da die Feinde in ihrer Unbeweglichkeit verharrten, so mußte er auch ihnen entgangen sein. Das Schwerste war somit glücklich vollbracht, und nun konnten wir in kürzester Zeit den Angriff erwarten.
    Wirklich gewahrte ich auch nur kurze Zeit später eine Reihe dunkler Punkte, welche sich in einiger Entfernung hinter den Pferden immer weiter vorschob und das Bestreben zeigte, sich zu einem Halbkreis zu verengen. Ungesehen von den Indianern rückte sie näher und immer näher, und schon schien mir die vollständige Überrumpelung des Feindes sicher, da zuckte ein flüchtiges Leuchten drüben auf, welchem ein lauter Knall folgte – es war irgendeinem das Gewehr losgegangen.
    Sofort standen die Ogellallahs auf den Füßen, und kaum hatten sie die rasch heranstürmenden Gegner bemerkt, so saßen sie mit Gedankenschnelle im Sattel, warfen die Pferde herum und stürmten im Galopp auf den Bahndamm zu.
    Sie waren eines Überfalles nicht gewärtig gewesen und hatten also auch für den Fall eines solchen keine Verhaltungsmaßregeln besprochen. Deshalb suchten sie, da sie die Überzahl der Weißen erkannten, zunächst aus der Nähe derselben zu kommen, um dann in einer sicheren Stellung einen Entschluß zu fassen. Daß auf der anderen Seite des Damms ein Hinterhalt liege, konnten sie nicht wissen, und es kam nun darauf an, ihre Flucht aufzuhalten.
    „Have care (Achtung)!“ rief ich, als sie nur noch einige Pferdelängen von uns entfernt waren. „Zielt auf die Pferde und dann drauf!“
    Ich hatte einen Henrystutzen mit fünfundzwanzig Kugeln im Kolben, gegen Reiter eine fürchterliche Waffe, die ich auch nach Kräften gebrauchte. Schon bei unserer ersten Salve bildeten die Indsmen einen Knäuel, auf welchen sich die anderen alle stürzten, während ich einstweilen meinen Standpunkt beibehielt, um Kugel auf Kugel aus dem sicheren Lauf zu entsenden.
    Der Kampf wütete mit tödlicher Erbitterung. Zwar war es einer kleinen Anzahl gelungen, unsere Linie zu durchbrechen und das Weite zu

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