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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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abgewandt, da war es mir, als bewegten sich einige dunkle Punkte langsam auf uns zu.
    „Winnetou mag sich zur Erde strecken, er wird den Skalp des weißen Häuptlings verteidigen müssen!“
    Die Kommenden nahten sich mit sichtbarer Vorsicht; es war ungefähr ein halbes Dutzend Ogellallahs, augenscheinlich von denen, welche uns entkommen waren, und kehrten zurück, jedenfalls um zu rekognoszieren und etwa versprengte Ihrige aufzusuchen.
    Der Apache kroch, tief zur Erde gedrückt, seitwärts, und ich folgte, seine Absicht erratend. Längst schon hätte Old Firehand bei uns sein müssen; aber vermutlich hatte er, sobald Winnetou ihm aus den Augen geraten war, eine falsche Richtung eingeschlagen. Jetzt bemerkten wir, daß die Nahenden Pferde bei sich hatten, welche sie am Zügel nachführten; auf diese Weise waren sie für alle Fälle zur schnellen Flucht bereit, uns aber konnte dieser Umstand gefährlich werden, und wir mußten uns deshalb in den Besitz der Tiere setzen. Wir schlugen daher einen Bogen ein, eine Bewegung, welche uns in ihren Rücken und die Pferde zwischen uns und sie bringen mußte.
    In dieser Entfernung vom eigentlichen Kampfplatze hatten sie natürlich keinen Toten vermutet und stießen ein verwundertes „Hugh!“ aus, als sie einen regungslosen menschlichen Körper vor sich erblickten. Hätten sie vermutet, daß er hier getroffen sei, so wären sie gewiß mit weniger Eile auf ihn zugeschritten; sie schienen aber anzunehmen, daß er sich verwundet aus dem Handgemenge bis hierher geschleppt habe, bückten sich unverzüglich auf ihn nieder und stießen, als sie ihn und seine Entstellung erkannten, ein unterdrücktes Wutgeheul aus.
    Das war der geeignete Augenblick für uns. Im Nu hatten wir sämtliche Pferde, welche sie im Schrecken losgelassen hatten, bei den Riemen, saßen auf und jagten im Galopp den Unsrigen zu. An einem Kampf konnte uns nichts gelegen sein; es war genug, daß wir, fast waffenlos, wie wir waren, den dreifach Überlegenen entkamen und außer dem Skalp des feindlichen Anführers noch eine Anzahl Pferde mitbrachten.
    Mit sehr verzeihlichem Vergnügen dachte ich an die verdutzten Gesichter, welche die Betrogenen uns jedenfalls nachschnitten, und selbst der so ernste Winnetou konnte ein lachendes „Uff“ nicht unterdrücken. Zugleich aber war eine kleine Sorge um Old Firehand sicher gerechtfertigt, da er ebenso gut wie wir mit einer Truppe der Verschlagenen zusammengetroffen sein konnte.
    Und diese Sorge erwies sich als gerechtfertigt; denn wir fanden ihn bei unserer Rückkehr zu dem Platz des Überfalles nicht vor, trotzdem seit unserer Entfernung eine geraume Zeit vergangen sein mußte.
    Der Kampf war beendet; man befand sich beim Verbinden der Verwundeten und trug die Gefallenen zusammen. In der Nähe derjenigen Stelle, an welcher die ausgerissenen Schienen lagen, brannten zwei hochlodernde Feuer, welche die nötige Helle verbreiteten und zugleich dem Zugpersonal als Signal dienten.
    „Da seid ihr ja wieder!“ rief uns der Ingenieur entgegen, welcher ein Tuch um den verletzten Arm trug und uns die unbeschädigte Rechte zum Gruß hinstreckte. „Habt Euch brav gehalten, Alter; hätte einem Indsman so etwas gar nicht zugetraut; werde es zu berichten wissen! Wohin führt Euch Euer Pfad?“
    „Winnetou geht, zu sehen das mächtige Volk der Bleichgesichter“, antwortete der Gefragte.
    „Dann vergeßt ja nicht, nach Washington zu gehen, zur Stadt des großen Vaters, dem ich schreiben werde von dem tapfern und guten Häuptling der Apachen.“
    „Winnetou wird ihn sehen und ihm sagen die Wünsche der roten Männer.“
    „Er wird die Worte unsers Bruders hören und mit Weisheit und Güte beantworten. Aber wo ist Old Firehand, den ich Euch nachjagen sah?“
    „Mein weißer Bruder hat verloren die Fährte des roten Mannes und ist auf einen neuen Feind gestoßen. Der Apache wird mit seinem jungen Freund gehen, ihn zu suchen.“
    Auch ich hegte diese Absicht, da er längst wieder da sein mußte, wenn ihm nichts begegnet gewesen wäre. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schloß ich mich deshalb dem Indianer, nachdem wir uns unsere Waffen wieder angeeignet, sie in den gehörigen Zustand gesetzt und die erbeuteten Pferde in Sicherheit gebracht hatten, an und schritt mit ihm der Richtung zu, aus welcher wir soeben gekommen waren. –
    Der Mond warf sein fahles, zweifelhaftes Licht über die vor uns ausgebreitete Weite, hinter uns flammten die beiden Feuerzungen empor, und am östlichen

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