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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewinnen; aber bei weitem die meisten waren entweder von ihren verwundeten Pferden abgeworfen, oder von unserer Übermacht am Ausbrechen verhindert worden, und wenn sie auch wie die Teufel kämpften, so war es doch augenscheinlich, daß sie dem Untergang geweiht waren.
    Die ursprüngliche Verwirrung des Handgemenges löste allmählich sich in einen besser zu übersehenden Einzelkampf auf, welcher einem nicht beteiligten Zuschauer Gelegenheit gegeben hätte, Taten zu beobachten, für welche der zivilisierte Boden kaum einen Platz haben dürfte. Die Schar der Bahnarbeiter bestand begreiflicherweise zwar meist aus Leuten, welche in den Stürmen des Lebens ihre Kräfte geübt hatten; aber der Kampfart der Indianer war wohl keiner von ihnen gewachsen, und wo nicht mehrere von ihnen gegen einen Indsman standen, behielt dieser gewiß die Oberhand, und die Stätte bedeckte sich immer mehr mit den unter dem wuchtigen Hieb des Tomahawk Gefallenen.
    Nur drei von uns, Old Firehand, Winnetou und ich waren mit dieser Waffe versehen, und es zeigte sich allerdings, daß bei gleichen Waffen der intelligentere Europäer meist im Vorteile steht. Ich hatte das Gewehr längst aus der Hand gelegt und mich am Handgemenge beteiligt.
    Je geringer die Zahl der Feinde wurde, desto mehr glaubten die Arbeiter, ihre Pflicht getan zu haben, und traten zur Seite, um sich zu erholen, um so mehr aber waren wir anderen engagiert und hatten wirklich vollauf zu tun, um den Rest der Feinde zu bemeistern.
    Winnetou kannte ich genügsam und ließ ihn also unbeachtet; mit Gewalt dagegen drängte es mich in die Nähe von Old Firehand, dessen Anblick mich an jene alten Recken mahnte, von denen ich als Knabe so oft und mit Begeisterung gelesen. Mit auseinandergespreizten Beinen stand er grad und aufrecht da und ließ sich von den anderen die Indianer in das Schlachtbeil treiben, welches, von seiner riesenstarken Faust geführt, bei jedem Schlag zerschmetternd auf die Köpfe der Feinde sank. Die langen, weißen, mähnenartigen Haare wehten ihm ums entblößte Haupt, und in seinem vom Mond hell beschienenen Angesicht sprach sich ein Gefühl der Wonne aus, welche den Zügen einen geradezu befremdenden Ausdruck gab.
    Seitwärts von ihm und mir kämpfte ein Indianer, welcher seinen Gegnern sehr zu schaffen machte, so daß es ihm endlich doch gelang, sich einen Weg zu bahnen, um dem Schicksal der übrigen zu entgehen. Eben stieß er den letzten im Weg Stehenden weit ab von sich und wollte das Weite suchen, als sich ihm ganz unerwartet ein neuer Feind entgegenstellte. Es war Winnetou, der bei dem Anblick des Wilden sofort herbeigesprungen kam, noch ehe ich die gleiche Absicht ausgeführt hatte.
    „Parranoh!“ rief er, der sonst nach Indianersitte während des Kampfes den Mund nicht öffnete. „Will der Hund von Athabaska laufen vor Winnetou, dem Häuptling der Apachen? Der Mund der Erde soll sein Blut trinken, und die Kralle des Geiers soll zerreißen den Leib des Verräters; aber sein Skalp wird zieren den Gürtel des Apachen.“
    Er warf den Tomahawk weit von sich, riß das Messer aus dem mit Kopfhäuten geschmückten Gürtel und packte den weißen Häuptling bei der Kehle. Aber er wurde von dem tödlichen Stich abgehalten.
    Als er gegen seine sonstige Gewohnheit sich mit so lautem Ruf auf den Ogellallah stürzte, hatte Old Firehand einen raschen Blick herübergeworfen, welcher das Gesicht des Feindes streifte. Trotz der Flüchtigkeit dieses Blicks aber hatte er doch ein Gesicht gesehen, welches er haßte mit der tiefsten Faser seines Innern, welches er lange, lange Jahre mit fürchterlicher Anstrengung, aber vergebens gesucht, und das ihm nun so unerwartet an diesem Orte vor die Augen kam.
    „Tim Finnetey“, schrie er, schlug mit den Armen die Indianer wie Grashalme auseinander und sprang mitten durch sie hindurch auf Winnetou zu, dessen soeben zum Stoß erhobene Hand er packte. „Halt, Bruder, dieser Mann gehört mir!“
    Vor Schrecken starr stand Parranoh, als er seinen eigentlichen Namen rufen hörte; kaum aber hatte er einen Blick in das Angesicht Old Firehands geworfen, so riß er sich los von der Hand Winnetous, der seine Aufmerksamkeit geteilt hatte, und stürmte, wie von der Sehne geschnellt, von dannen. Im Augenblick machte auch ich mich von dem Indianer, mit welchem ich während dieser Szene im Kampf stand, los und setzte dem Fliehenden nach. Zwar hatte ich für meine Person keinerlei Abrechnung mit ihm zu halten, aber selbst wenn er auch nicht als

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