41 - Unter heisser Sonne
faßte er sich schnell.
„Good morning, Myladies“, grüßte er mit jener Feinheit in Blick, Ton und Bewegung, welche nur welterfahrenen Personen eigen ist. „Verzeihung, daß ich mir den Zutritt gestatte!“
„Nicht Verzeihung, sondern Dank schulden wir Euch, Sir. Ihr trefft mich in lieber Gesellschaft“, fuhr Mutter Smolly, ihre junge Freundin vorstellend, fort; „Miß Margaret Olbers, eine ganz besondere Freundin germanischer Poesie.“
„Dann bin ich glücklich, Euch auf einem so herrlichen Gebiet begegnen zu dürfen, Miß“, erwiderte er mit einer gewandten Verbeugung gegen Marga und einem Blick, in welchem sich neben vollster Hochachtung eine aufrichtige Bewunderung aussprach.
„Eine Begegnung, welche friedfertiger sein dürfte, als die gestrige“, hauchte sie in holder Verlegenheit.
„Wollen wir Frieden schließen?“ fragte er, ihr unwillkürlich die Hand entgegenstreckend.
„Gern!“
Sie legte ihr wunderbares Händchen in seine Rechte; er zog es an seine Lippen. Bei dieser Berührung flog ein dunkles Karmin über ihr Gesicht, und beiden war es, als ströme durch die verschlungenen Hände eine magische Gewalt über, welche ihre Herzen in einen seligen Rapport versetzte.
„Ihr habt euch gestern bereits gesehen?“ fragte die Mulattin erstaunt.
„Im Vorüberreiten, Mutter Smolly“, erwiderte er, „der mehr als bescheidene Westmann konnte nicht erwarten, daß solche Lippen sich seiner noch erinnerten. Herzlichen Dank dafür, Miß!“
„Oh“, lächelte Marga, „ein gewisser Tim Summerland hatte sich Mühe gegeben, diese Erinnerung wach zu erhalten!“
„Tim Summerland? Ist er Euch bekannt?“
„Er war gestern am Abend bei uns und unterhielt uns mit der Erzählung seiner Abenteuer, in denen ein tapferer, umsichtiger Jäger dieselbe Stellung einnimmt, wie der Dichter Forster in der germanischen Literatur der Vereinigten Staaten.“
Sie hatte ihre Fassung vollständig wiedergewonnen und sprach mit einer Sicherheit und aufrichtigen Verbindlichkeit, welche ganz ihrer königlichen Gestalt, ihrem edlen Wesen paßte und jeden Gedanken ausschloß, daß ihre Worte dazu bestimmt seien, ein gewöhnliches Kompliment oder gar eine wohlfeile Schmeichelei auszusprechen.
Er erhob höflich abwehrend die Hände.
„Der Jäger tat, was der einfachste Trapper getan haben würde, und der Dichter, den zu erwähnen Ihr so gütig wart, weiß nur zu gut, welche Schwächen seine Arbeiten zeigen, weil sein einsames Leben von keinem Strahl der Liebe und des Glücks erwärmt und erleuchtet wurde. Der Vater starb vor seiner Geburt, und der Mutter raubte derselbe Augenblick das Leben, welcher ihm das Dasein gab; kein Schwesterauge bewachte seine Schritte; keine Freundin ist ihm genaht, und dennoch vermag nur zarte, innige Frauenweise die Härten des Mannes zu mildern, und gerade der Dichter bedarf eines Pulses, der mit dem seinen klopft und die Begeisterung in das Herz strömt, ohne welche kein Meisterwerk zu schaffen ist.“
Er wußte selbst nicht, wie er zu diesen Worten kam. Der Augenblick lockte sie seiner innersten Überzeugung ab, wie nach der Sage der Gruß der Sonne die Säule zum Ertönen bringt.
„Wer als Dichter so viele Herzen höher schlagen macht, darf versichert sein, daß auch die Beste sich nicht weigern würde, an seinem Glück teilzunehmen“, antwortete Marga.
Kaum aber hatte sie geendet, so senkten sich ihre zarten, langbewimperten Lider, und eine Glut schoß über ihre Wangen. In unbeschreiblicher Verlegenheit wurde sie gewahr, was sie gesagt hatte. Was mußte er, der sicher jedes einzelne Wort zu wägen verstand, von ihr denken!
„Wie zum Beispiel wir es tun werden“, verschlimmerte Mutter Smolly die Situation. „Daß mein Mann ein Deutscher war, habe ich bereits gesagt; auch Margas Mutter stammt aus Germany. Die beiden Verstorbenen waren einander verwandt, auch im Geiste, in allen ihren Anschauungen und Neigungen, und wir sind treue Erben von ihnen.“
„So sprecht Ihr deutsch?“ fragte Forster das Mädchen.
„Lieber noch als englisch. Ich habe mit Mama fast nie anders gesprochen. Jetzt leider ist mir dieser Genuß seltener gestattet. Mein Vater pflegt keinen Privatverkehr mit Deutschen und spricht selbst nur englisch.“
„So muß ich vielleicht den bereits gehegten Gedanken, mich ihm vorzustellen, sinken lassen. Ich bin im Besitz einiger Wertpapiere, um deren Realisierung ich ihn ersuchen wollte, da er mir als der entgegenkommendste Geschäftsmann Stentons empfohlen
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