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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verdanken gehabt und war überzeugt, daß sie mir auch während meiner jetzigen Reise Nutzen bringen werde; die Farbe des Anzugs mußte mich dabei unterstützen.
    Die ersten drei Tage unseres Ritts verliefen in so erwünschter, glücklicher Weise, daß ich weiter nichts über dieselben zu erwähnen habe. Das Wadi Kouhr liegt in der libyschen Wüste, südöstlich von Mursuk und südwestlich von der Oase Kufarah. Die libysche Wüste ist der Teil der Sahara, welcher bekannt ist als der unwegsamste und gefährlichste. Uns machte sie zwar ein tiefernstes, aber doch kein feindseliges Gesicht.
    Wir hatten seit Mursuk keinen Menschen zu sehen bekommen und wünschten auch nicht, jemandem im Wadi Kouhr zu begegnen. In jenen Gegenden muß man sich gewöhnen, in jedem Menschen, den man trifft, einen Feind zu erblicken. Nach dem Wadi aber mußten wir, denn dort gab es Wasser, und wir mußten unsere Schläuche, welche leer geworden waren, wieder füllen. Übrigens kannte ich das Wadi nicht, und auch Ali war noch niemals da gewesen.
    Schon wollte sich der dritte Tag zur Rüste neigen; wir waren so schnell geritten, daß wir nach meiner Berechnung das Ziel unbedingt vor Nacht erreichen mußten, wenn wir keine falsche Richtung eingeschlagen hatten, und doch ließ sich nichts sehen, was auf die Nähe des Wadi hätte schließen lassen können. Schon wollte Ali bedenklich werden; er sagte:
    „Effendi, wir hätten doch einen Führer mitnehmen sollen. Wenn wir heute das Ziel verfehlen, wissen wir nicht, nach welcher Richtung es zu finden ist, und stehen vor dem Tod des Verdurstens.“
    „Habe keine Sorge“, antwortete ich ihm. „Ich weiß mich schon zurechtzufinden. Da, schau hinauf gen Himmel, grad vor uns! Da gibt es ein Zeichen, daß wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Kennst du die beiden Vögel, welche da ihre Kreise ziehen?“
    „Ja; es ist ein Schahin (Falke) mit seiner Frau. Sollte der wirklich die Nähe des Wadi bedeuten?“
    „Gewiß; leider aber auch die Nähe von Menschen. Der Schahin folgt gern den Karawanen, und aus der Richtung, in welcher er dort oben fliegt, kann man folgern, wohin sich unten die Karawane bewegt, obgleich man sie noch nicht zu sehen vermag. Diese beiden Falken schweben langsam im Kreis; sie bewegen sich nicht fort, folglich sind die Menschen unter ihnen nicht im reiten begriffen, sondern sie lagern.“
    „Allah! Wie du das so sicher sagen kannst! Du bist wirklich kein ganz dummer Kerl, Effendi; dieses Lob muß ich dir geben. Was das zu bedeuten hat, wirst du wohl wissen?“
    „Ja, nämlich nicht viel.“
    „Ajjuha – oho! Ich bin ein Mann, der alles kennt, was es auf Erden gibt; ein solches Lob aus meinem Mund ist also ein Vorzug, der nicht jedem zuteil wird. Ich hoffe jedoch, daß du nicht darüber stolz wirst und dich überhebst, denn die Bescheidenheit ist die größte Zierde wahrhaft großer und gebildeter Männlichkeit. Auch der Prophet ist, was du als Christ aber nicht wissen kannst, niemals stolz gewesen.“
    „Da verwechselst du wohl euern Mohammed mit Isa Ben Marryam, unserem Gottessohn. Meinst du übrigens nicht, daß die Bescheidenheit auch dir zur Zierde gereichen würde?“
    „Allerdings“, nickte er. „Besitze ich sie etwa nicht?“
    „Ist es bescheiden, wenn du behauptest, alles zu kennen, was es auf Erden gibt?“
    „Ja, denn ich habe mich nicht überhoben, sondern die Wahrheit gesagt. Das wirst du zugeben.“
    „Im Gegenteil, ich bestreite es.“
    „Bestreiten? Effendi, willst du mich beleidigen? Bring mir doch einmal etwas, was ich nicht kenne!“
    „Hast du unseren Weg nach dem Wadi gekannt? Kennst du meinen Vater, meine Mutter? Nenne mir doch einmal ihre Namen!“
    Da fuhr er sich mit der Hand hinter das Ohr, kratzte sich dort verlegen und antwortete:
    „Du verlangst zu viel von mir, Effendi. Wie kann ich alle Menschen, die Väter ihrer Ahnen und die Urahnen ihrer Großväter kennen! Ich habe gesagt, daß ich alles kenne, aber nicht, daß ich allwissend bin. Doch schau, kommt dort nicht ein Reiter geritten?“
    Wir hatten das Wadi vor uns zu suchen; er deutete aber nach rechts, nach Süden, wo ich allerdings zu gleicher Zeit mit ihm den Reiter erblickt hatte. Dieser wollte jedenfalls auch nach dem Wadi; aber als er uns sah, hielt er sein Kamel für einen Augenblick an und verließ dann seine bisherige Richtung, um auf uns zuzulenken.
    Als er uns so nahe gekommen war, daß wir ihn und sein Tier deutlich erkennen konnten, sah ich, daß er ein vornehmer und

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