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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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füllt seinen Schlauch, tränkt sein Kamel, breitet seine Decke über das schmale Loch und wirft den Sand wieder darauf. Von nun an besitzt er einen Punkt, an welchem er rasten und sich erholen kann, und hält denselben geheim. Er verrät ihn nur dann, wenn er Nutzen davon haben kann. Diese heimlichen Brunnen befinden sich meist im Besitz von Räubern oder auch ganzen Raubkarawanen, denen ein solcher Bir (Brunnen) große Sicherheit bietet, da sie dann nicht nötig haben, die an den Karawanenwegen liegenden Brunnen aufzusuchen und sich dabei in Gefahr zu begeben.
    Meine freundliche Wirtin hatte mich vor unserem Aufbruch mit allem Nötigen versehen, ohne daß es mich etwas kostete. Beritten waren wir leidlich, denn ich hatte zwei gute Reitkamele gekauft, sogenannte Hedschihns, während das Lastkamel Dschemmel genannt wird. Freilich mußten sie außer uns auch noch die Wasserschläuche tragen, weil ich angewiesen war, sparsam zu sein, und also kein Dschemmel kaufen wollte. Es gab, wie gewöhnlich, einen längeren Abschied mit herzlich gemeinten Bitten und Ermahnungen.
    „Effendina“, fragte Rahel, „wirst du auch Wort halten und wiederkommen?“
    „Ich habe noch nie mein Wort gebrochen“, antwortete ich. „Nach zehn Tagen sehen wir uns wieder.“
    „Ich will dir glauben, denn du bist ein Alemani (Deutscher), und ich weiß, daß kein Alemani lügt. Aber sei ja vorsichtig und nimm dich in acht. Dein jetziges Ziel liegt nahe der Gegend, wo das Gebiet der räuberischen Tibbu beginnt. Wenn du mit ihnen zusammenträfest, wärst du verloren.“
    „Laß dein Herz keine Sorge um mich tragen, o Blume der Oase! Ich fürchte mich nicht.“
    „Ja, ich weiß gar wohl, daß du dich nicht fürchtest“, meinte sie eifrig; „aber du bist verwegen, Effendina. Du hast den Löwen und sogar den schwarzen Panther geschossen, welcher weit gefährlicher ist; du hast mit vielen, vielen Feinden gekämpft und bist stets Sieger gewesen; aber dein Körper zeigt noch heute die Narben der Wunden, welche du bekommen hast, und wie leicht kann ein Messer oder gar eine Kugel tiefer gehen, als bisher. Versprich mir, daß du vorsichtig sein willst; gib mir deine Hand darauf!“
    „Hier ist die Hand; ich verspreche es.“
    Sie nahm meine Hand in ihre beiden kleinen Hände, sah mir mit feuchten Augen in das Gesicht und fuhr fort:
    „Du weißt, daß wir dich lieb haben und sehr, sehr traurig sein würden, wenn dir ein Unglück geschähe. Denke ja daran, Effendina!“
    „Sei gewiß, daß ich dies keinen Augenblick vergessen werde, o schönste der Rosen von Sokna!“
    „Nicht dieses Wort! Du weißt, daß du mich nicht so nennen sollst. Von dir mag ich das nicht hören. Du sollst nur denken, daß ich gut und deine Freundin bin; das andere ist nicht nötig. Allah jebarik fik; Allah jesellimak – Gott segne dich; Gott erhalte dich!“
    Nach diesen Worten wendete sie sich ab und entfernte sich. Ihr Vater entließ mich in derselben Weise; dann ritten wir an den Palmen-, Granaten-, Oliven-, Feigen-, Pfirsich- und Aprikosengärten der Stadt vorüber und zum Tor hinaus. Zwischen Wassermelonenfeldern ging es dann ostwärts weiter, wo bald die Vegetation verschwand und unsere Kamele im Sand zu waten begannen.
    Was unsere Kleidung und Waffen anbetrifft, so trug ich aus Erfahrungsgründen Hose, Weste und Jacke von einem leichten, dunkelgrauen Stoff und darüber den mantelartigen weißen Haïk mit Kapuze. An den Turban hatte ich zum Schutz der Augen vorn einen blauen Schleier befestigt. Ali war ähnlich gekleidet. Er besaß außer einem Messer und seinen zwei Pistolen eine lange, einläufige arabische Flinte. Ich hatte meine lang und oft bewährten Waffen bei mir: das Bowiemesser, zwei Revolver den schweren Bärentöter, aus welchem eine gutgezielte Kugel genügte, um einen Löwen niederzustrecken, und endlich den wie ich wohl sagen darf, berühmt gewordenen Henrystutzen, aus welchem ich fünfundzwanzig Schüsse abgeben kann. Der Erfinder dieses Gewehrs hat nur zwölf Stück davon angefertigt; elf sind mit ihren Besitzern in den nordamerikanischen Prärien verlorengegangen; mein Exemplar ist das letzte und einzige, welches es noch gibt.
    Für unsere Anzüge hatte ich dunkelgrau gewählt, weil diese Farbe das Anschleichen am besten gestattet, das unbemerkte Herankommen an den Feind. Dieses Anschleichen ist eine gar nicht so leichte Kunst, wie man vielleicht denken mag; ich habe derselben viele, viele Male mein Leben und auch dasjenige meiner Gefährten zu

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