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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wüstenklima zu gewöhnen. Jedem dieser Ausflüge ging ein besorgter Abschied voran, besorgt, weil man wohl glaubte, daß ich nicht zurückkehren würde, und kam ich dann wieder, so sah ich, daß die Freude darüber ebenso groß wie aufrichtig war. Wie wurde ich gebeten, mich zu schonen, mich ja nicht in Gefahr zu begeben! Ich habe auf meinen Reisen viel Güte, viel Liebe gefunden und kann wohl sagen, daß die Erinnerung an dieses gastliche Haus in Mursuk mit zu meinen schönsten gehört.
    Natürlich brauchte ich auf diesen Ausflügen einen Begleiter; so wenigstens dachten Manasse und Rahel, während ich ebensogern allein geritten wäre. Meine Erfahrung und meine guten Waffen genügten mir. Mein Wirt hatte mir einen Diener empfohlen, welcher Ali genannt wurde. Dieser war noch jung, vielleicht dreiundzwanzig Jahre alt, und ein sehr brauchbarer Mensch. Er sprach mehrere arabische Dialekte, hatte keinen Familienanhang, der ihn örtlich binden konnte, war treu, ergeben und, was die Hauptsache ist, sehr ehrlich und hatte sich sehr bald – ich möchte fast sagen – förmlich in mich verliebt. Nun, das schadete nichts; das konnte mich nur freuen, und ich will gern zugeben, daß ich ihm auch gewogen war.
    Einen Fehler besaß er, der mir aber mehr Spaß als Verdruß bereitete: Er hatte einige Bücher gelesen und hielt sich infolgedessen für einen sehr gelehrten Menschen. Es kam nicht selten vor, daß er selbst mich belehren wollte. Auch für einen großen Helden hielt er sich, wozu ich freilich der Wahrheit gemäß bemerken muß, daß er allerdings Mut besaß. Infolge dieses seines Selbstbewußtseins war er mit dem einfachen Namen Ali nicht zufrieden und ging, wie dies dort so Sitte ist, bei jeder halbwegs passenden Gelegenheit auf seine Vorfahren zurück. Wenn er einmal über eine vermeintliche Nichtachtung in Harnisch geriet, hing er, um zu imponieren, seinem Namen denjenigen seiner nächsten Ahnen an. Dann hieß er nicht bloß Ali, sondern Ali el Hakemi Ibn Abbas er-Rumi Ben Hafis Omar en-Nasafi Ibn Sadek Kamil el Batal. Je länger so ein Name ist, desto größer ist die Ehre für den Betreffenden; wer aber die Namen seiner Vorfahren nicht kennt, wird nicht geachtet. Dazu kam, daß Batal soviel wie ‚Held‘ bedeutet; man kann sich also denken, welch gewichtigen Nachdruck er auf dieses Schlußwort legte.
    Was meinen Namen betrifft, so wurde ich nicht bei meinem eigentlichen, sondern, wie auf meinen früheren Reisen, Kara Ben Nemsi genannt. Kara heißt ‚schwarz‘ und Ben Nemsi ‚Sohn der Deutschen‘. Ich trug einen dunklen Bart und war ein Deutscher; daher dieser Name.
    Den letzten Ausflug vor meiner definitiven Abreise wollte ich nach dem Wadi Kouhr machen, ein ziemlich weiter Ritt, der über eine Woche in Anspruch nahm. Wadi heißt Tal und auch Fluß. Meist sind damit diejenigen Wasserläufe gemeint, welche sich zur Regenzeit bilden und dann wieder versiegen. Diese Flüsse sind zuweilen gefährlich. Der Regen in den Tropen ist ein ganz anderer als bei uns. Er gießt nicht nur, sondern er fällt wie eine geschlossene Masse vom Himmel herab; im Nu bildet sich der Fluß und stürzt sich wie eine vorwärtsschießende Mauer das Tal hernieder. Befindet sich in demselben ein Zeltlager, so ist alles verloren, was nicht augenblicklich fliehen oder gerettet werden kann. Wir standen jetzt kurz vor Beginn der Regenzeit.
    Man darf sich nämlich die Sahara nicht als ein ununterbrochenes und ödes Sandmeer denken. Ja, es gibt da schier endlose Sandflächen; aber es erheben sich auch einzelne Berge oder Höhenzüge, welche hohe, steinige Plateaus tragen. Und Wasser ist auch vorhanden. Wo ein Quell zutage tritt, da bildet sich eine Oase mit der üppigsten Vegetation. Oft braucht man nur einige Meter tief zu graben, um auf Wasser zu treffen, welches freilich meist von keiner guten Beschaffenheit ist; doch wird es um so besser, je tiefer man gräbt; das haben die Franzosen durch ihre artesischen Brunnen bewiesen. Vor Jahrhunderten war die Sahara weit mehr bevölkert und bebaut als jetzt. Noch heute trifft man in der trostlosen Öde auf Römerbauten, welche leider nun der wandernde Sand verschüttet hat.
    Interessant sind die Bijara mektumin, d.i. geheimen Brunnen, an denen vorüber oder sogar über welche man reiten kann, ohne zu ahnen, daß man sich in so großer Nähe des ersehnten Elementes befindet. Ein weitab von der Karawanenstraße streifender Beduine entdeckt durch Zufall einen wasserhaltigen Ort, gräbt den Sand auf,

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