Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
diese Frage verriet.
    „So sag ihm, daß ein freier Mann sich nicht von einem Menschen, welcher bezahlt wird, ausfragen läßt. Du bist der Herr, und dir will ich Auskunft geben: Ich bin ein Tedetu und werde Tahaf genannt. Und nun komm; ich werde dich zu meinen Leuten führen.“
    Er wendete abermals um und ritt davon. Während wir ihm folgten, drängte Ali sein Kamel nahe an das meinige und raunte mir zu:
    „Was hast du getan, Effendi! Du hast mein Angesicht schamrot gemacht. Mußtest du ihm sagen, daß ich dein Diener bin?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „Warum?“
    „Weil ich nie lüge, und weil du dich für einen großen Gelehrten ausgabst, Prahlhans. Wer mehr von sich sagt, als was er kann und was er ist, dem kann es nichts schaden, wenn er an die Wahrheit erinnert wird.“
    „So gibst du also nicht zu, daß ich ein Gelehrter bin?“
    „Nein.“
    Um weiteren Vorwürfen zu entgehen, lenkte ich mein Kamel von ihm weg und an die Seite des Tedetu. Tedetu ist die Einzahl von Tibbu; ein einzelner vom Tibbuvolk wird also nicht Tibbu, sondern Tedetu genannt; ich hatte also ganz richtig vermutet, als ich annahm, daß er zu den Tibbu gehöre. Er beobachtete mich, als ich nun neben ihm ritt, scharf von der Seite her. Ich sah, daß sein Blick besonders an meinen beiden Gewehren hing. Solche Waffen waren ihm natürlich unbekannt. Er schien ein sehr schweigsamer Mensch zu sein, und auch ich hielt es nicht für nötig, ein Gespräch mit ihm anzuknüpfen. Erst nach längerer Zeit sagte er:
    „Du wirst unser Gast sein und kennst meinen Namen. Willst du mir nicht den deinigen nennen?“
    „Ich heiße Kara Ben Nemsi.“
    „Ben Nemsi? So bist du wohl aus einem fremden Lande?“
    „Ja, aus dem Belad el Alman (Deutschland).“
    „Also kein Fransawi (Franzose)?“
    „Nein.“
    „Ich habe von dem Belad el Alman gehört. Es regiert da ein großer Sultan, welcher Wihel (Wilhelm) heißt und die Franzosen besiegt hat. Diese sind unsere Feinde; darum ist jeder Almani unser Freund, und meine Leute werden sich freuen, dich zu sehen. Natürlich bist du auch ein Krieger?“
    „Eigentlich nicht.“
    „Was denn? Ich sehe doch, daß du viele Waffen trägst.“
    „Ich habe sie nur, um mich zu verteidigen, wenn ich angegriffen werde. Ich bin ein Musannif (Schriftsteller), also ein Mann des Friedens.“
    Da maß er mich mit einem halb verächtlichen, halb mitleidigen Blick und rief aus:
    „Allah erhalte dir den Verstand! Du trinkst daheim schwarze Tinte und trägst hier zwei Flinten auf dem Rücken. Hat dir die Glut der Sonne das Gehirn verbrannt? Wer kein Krieger ist, ist auch kein Mann. Ein Musannif muß bei den alten Weibern sitzen. Du bist doch stark und kräftig; der Prophet muß dich schlecht erleuchtet haben!“
    Das war grob. Ich antwortete:
    „Ich verlange kein Licht von ihm, denn ich bin kein Moslem, sondern ein Christ.“
    Ich wußte recht gut, was ich wagte, indem ich ihm das so offen sagte. Dieser Mann mit dem stolzen Auge und dem verächtlichen Lächeln irrte sich in mir. Ich ritt mit so bescheidener Miene neben ihm her; wahrscheinlich lernte er mich recht bald ganz anders kennen. Er drängte sein Hedschihn ein Stück von mir weg und rief aus:
    „Allah bewahre mich! Ein Christ bist du, ein verdammter Giaur, den der Teufel – – –“
    „Uskut – schweig!“ unterbrach ich ihn, indem ich mich im Sattel aufrichtete. „Du hältst deinen Glauben und ich den meinigen für den richtigen. Wenn du mich ungläubig nennst, kann ich dich mit demselben Recht ebenso heißen. Ich tue dies aber nicht, weil wir Christen gewöhnt sind, höflich zu sein. Einen Giaur laß ich mich nicht nennen; das merke dir ja!“
    Er sah ganz erstaunt zu mir herüber; ein solches Auftreten hatte er mir nicht zugetraut. Er fragte:
    „Was wolltest du dagegen tun? Etwa mich erschießen?“
    „Nein.“
    „Was denn?“
    „Eine Kugel ist ein Beleidiger nicht wert. Ich würde dich einfach mit dieser meiner Faust vom Kamel schlagen.“
    Das war nach den Gebräuchen der Tibbu eine todeswürdige Beleidigung. Ein Schlag mit der Hand oder mit einem Gegenstand, der keine Waffe ist, und auch die bloße Androhung eines solchen Hiebes ist eine Kränkung, welche nur mit Blut abgewaschen werden kann. Er fuhr auch sofort mit der Hand unter den Burnus und rief, indem er eine Pistole hervorzog:
    „Mich schlagen? Das muß – – –“
    Aber noch schneller als er hatte ich den Revolver in der Hand, zielte auf seinen Kopf und fiel ihm in die Rede:
    „Weg

Weitere Kostenlose Bücher