41 - Unter heisser Sonne
reicher Mann sein müsse, denn er ritt ein graues Bischarin-Hedschihn, eines jener Reitkamele, welche kaum zu kaufen sind. So ein Hedschihn kann, wenn es eine Stute ist und überhaupt veräußert wird, nach deutschem Geld dreißigtausend Mark und noch mehr kosten. Ich hatte früher ein solches Tier geritten und mit demselben an einem Tag zwischen neunzig und hundert Kilometer zurückgelegt. Ihren Namen haben diese Hedschihns von den Bischarin-Nomaden, welche am oberen Nil wohnen. In der Sahara werden sie meist von den Tibbu gezüchtet, welche daraufhin bekannt sind, daß sie die schönsten Reitkamele besitzen.
Und zu diesem Volk der Tibbu schien der Reiter zu gehören, welcher jetzt auf uns zukam. Seine Hautfarbe war fast so dunkel wie diejenige eines Negers; man hätte ihn leicht für einen solchen halten können, wenn er nicht eine gerade Nase und weniger aufgeworfene Lippen gehabt hätte. Seine Gestalt schien, so weit der weiße faltige Burnus dies erkennen ließ, lang und schlank, aber sehr kräftig zu sein; sein schwarzes Haar hing ihm in langen Zöpfen auf den Rücken herab. Anstatt des Turbans trug er ein rotes Kaffije (Kopftuch); eine lange einläufige Flinte lag quer vor ihm auf dem Sattel. Zehn Schritte vor uns hielt er sein Hedschihn an, machte eine leichte Handbewegung nach der Brust und grüßte:
„Sallam! Wohin geht euer Weg?“
Sein Blick ruhte finster und forschend auf uns. Der Mann gefiel mir nicht. Wenn der Beduine so kurz grüßt, ist das stets ein sicheres Zeichen, daß er keine freundlichen Absichten hegt.
„Sallam“, antwortete ich also ebenso kurz. „Wir wollen nach dem Wadi Kouhr.“
„Kennst du es?“
„Nein; ich war noch niemals dort.“
„So weiß aber dieser dein Begleiter den Weg?“
„Auch nicht.“
„Maschallah – Wunder Gottes! Wie habt ihr euch da zurechtfinden können?“
„Allah ist der Führer der Seinen. Wer ihm vertraut, geht niemals irr.“
Er machte eine verächtliche Armbewegung und bemerkte:
„Allah wohnt im Himmel. Er wird nicht vor dir hergeritten sein, um dir den Weg zu zeigen. Woher kommt ihr?“
„Von Mursuk.“
Es ging, als ich diesen Ort nannte, wie ein schnelles Leuchten über sein Gesicht; dann fragte er:
„Wohnt ihr dort?“
„Nein. Ich habe mich dort nur ausgeruht.“
„Wie lange?“
„Fünf Wochen.“
„So wirst du dennoch die Stadt und ihre Bewohner kennengelernt haben. Hast du vielleicht einen jüdischen Tagir (Kaufmann) gesehen, welcher Manasse Ben Aharab heißt?“
„Ja. Ich war sein Gast und habe bei ihm gewohnt.“
Wieder bemerkte ich dieses blitzartige Leuchten, welches über sein Gesicht zuckte. Dann erhellten sich seine bisher finsteren Züge, und er sagte in viel freundlicherem Ton:
„Danke Allah, daß dem so ist; Manasse ist mein Freund, und da du der seinige bist, heiße ich dich willkommen. Folge mir!“
Er hatte nur zu mir gesprochen, wohl weil er erriet, in welcher Stellung sich Ali zu mir befand. Diesen schien dies zu ärgern, denn als der Fremde jetzt sein Kamel wendete, ergriff er schnell das Wort:
„Halt, warte noch! So rasch, wie du meinst, geht das nicht. Wir müssen wissen, wer du bist.“
Da drehte sich der Angeredete wieder nach uns um, betrachtete ihn mit zusammengezogenen Brauen und fragte:
„Wer bist denn du, daß du so zu mir zu sprechen wagst?“
„Wagst? Ist es ein Wagnis mit dir zu reden? Ich kenne keinen Menschen, vor dem ich mich zu fürchten hätte, denn ich bin Ali el Hakemi Ibn Abbas er-Rumi Ben Hafis Omar en Nasafi Ibn Sadek Kamil el Batal! Verstanden? El Batal, el Batal!“
Er wiederholte diesen Beinamen und betonte ihn stark, weil das Wort, wie bereits bemerkt, ‚der Held‘ bedeutet. Der Fremde ließ ein leises Lächeln um seine Mundwinkel sehen und antwortete:
„Ja, el Batal; ich höre es, du bist der Nachkomme dieses Mannes; aber der Enkel oder Urenkel eines Helden kann ein großer Feigling sein. Was bist du denn?“
„Ich? Ich bin ein großer Krieger und ein großer Alim (Gelehrter). Es gibt auf Erden keine Wissenschaft, die meinem Auge verborgen wäre. Wie ist dein Name, und zu welchem Stamm gehörest du?“
Das Lächeln des anderen wurde stärker und, wie es mir schien, zugleich verächtlicher; er antwortete ihm nicht, sondern wendete sich zu mir:
„Ist dieser Mann mit dem langen Namen dein Freund, dein Bruder oder vielleicht – ein Diener?“
„Das Letztere“, antwortete ich der Wahrheit gemäß und innerlich erstaunt über den Scharfblick, den er durch
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