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42 - Die Trommeln von Scorpio

42 - Die Trommeln von Scorpio

Titel: 42 - Die Trommeln von Scorpio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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schrecklichen Dingen fähig war. Ich hatte keine Kartätschengeschosse, um sie auseinanderzutreiben. Dann sah ich, daß sie in ihrer Mitte ein Mädchen mit sich zerrten, also hätte ich sowieso kein Kartätschengeschoß benutzen können.
    Die Diskussion drehte sich klar erkennbar darum, was mit dem Mädchen geschehen sollten. Da hinter mir der See lag, konnte ich mir denken, welches Argument sich durchsetzen würde.
    Das also war die Aufgabe, die die Herren der Sterne in meine Hände gelegt hatten. Fast wie in den alten Zeiten!
    Als ich die Gefangene etwas deutlicher sah und sie erkannte, verstand ich alles etwas besser. Als ich sie zum ersten- und letztenmal gesehen hatte, hielt sie vor einer Menschenmenge eine leidenschaftliche Ansprache. Der verdammte, dumme Skorpion hatte mich abstürzen lassen und mich ungeschickterweise an einem Ort abgesetzt, wo der Aufenthalt ein nicht zu unterschätzendes Vergehen darstellte. Jetzt begriff ich, daß er zu dem Mädchen unterwegs gewesen war, damit ich sie vor dem Zorn der Menge bewahren sollte. Sie war aus eigener Kraft heil entkommen – wie, wußte auch ich nicht –, und ich hatte danach eine Zeitlang mein eigenes Schicksal erfüllt. Nun war sie wieder da und steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten.
    Der Weg endete etwa fünfzig Schritt weiter am Seeufer. Als der Mob am Wasser angelangt war, hatte man sich entschieden, was zu tun war. Mit vorsichtigen Bewegungen kroch ich auf die Menge zu.
    Man band die Handgelenke des Mädchens mit Seilen zusammen und befestigte einen steingefüllten Sack an den Fesseln. Währenddessen stieß man Beleidigungen aus, und besonders die Frauen tanzten umher, von wütendem Haß erfüllt. Man konnte ihren Standpunkt verstehen, und ich gebe zu, zuerst überraschte es mich, daß die Herren der Sterne dieses Mädchen für die Nachwelt bewahren wollten. Ich schlich näher heran.
    Mit viel Geschrei wurde das Mädchen hochgehoben, vor- und zurückgeschwenkt. »Ob! Dwa! So!« Der Mob zählte im Chor jeden Schwung. Bei »So!« flog das Opfer durch die Luft. Es drehte sich einmal und klatschte ins Wasser. Ich hörte das Mädchen nicht einmal schreien, obwohl es möglich war, daß es inmitten des Gebrülls und des Wutgeschreis genauso laut geschrien hatte wie alle anderen. Luftblasen sprudelten nach oben und zerplatzten. Kleine Wellen bewegten sich in sauber ineinandergreifenden konzentrischen Ringen nach außen.
    Der Mob verstummte. Die Leute standen zusammengedrängt am Rand des Schilfs und starrten auf den See. Auf den Gesichtern lag ein Ausdruck von Stolz und Begeisterung darüber, was sie getan hatten. Die Reue würde erst später einsetzten – vorausgesetzt, sie käme überhaupt.
    Das Wasser umfing mich warm und schmeichelnd. Ein dicker Fisch schlug mit fast durchsichtigen Flossen und schwamm träge weiter. Ich tauchte auf die bläuliche Form des Mädchens und des Sacks zu, während sie auf den Grund sanken.
    Sie hielt den Mund geschlossen und strampelte mit den Beinen. Ihr Haar wogte wie eine Kerzenflamme. Sie nahm meine Gegenwart kaum wahr. Ich hatte nur wenig Zeit. Ohne atmen zu können, würde sie nicht mehr lange leben. Ich hatte kein Messer, also packte ich den Sack und setzte meine Muskelkraft ein. Es gab einen Widerstand – meine Muskeln spannten sich und schwollen an –, dann riß der Stoff, und die Kieselsteine quollen heraus.
    Ich umschlang die Taille des Mädchens und zerrte es in die Tiefe. Nach unten. Ich stieß mit aller Macht gegen das Wasser und zwang meinen Körper vom Ufer fort, das Mädchen fest umklammernd.
    Sie konnte unter Wasser nicht mehr lange überleben.
    Der Dwaprijjer der Herren der Sterne war vermutlich zurück an den Ort geflogen, an dem sie ihre Transportmittel unterstellten, wo immer das sein mochte. Am Ufer des Sees stand der feindliche, mit Schlachtermessern und Heugabeln bewaffnete Pöbel. Es gab nur eine vernünftige Alternative.
    Als wir meiner Meinung nach weit genug geschwommen waren, tauchte ich zur Oberfläche hinauf.
    Das Mädchen keuchte laut, als sein Kopf das Wasser durchstieß, und holte so tief Luft wie nur möglich. Wassertretend hielt ich die Gestalt fest und drehte mich, um zurückzuschauen. Eine große, nasse, unförmige Masse klatschte mir ins Gesicht, und einen Augenblick lang sah ich nichts mehr außer ein paar dünnen Lichtstreifen. Verschlungene Strähnen verstopften mir den Mund. Ich bekam keine Luft mehr.
    Das verdammte Mädchen hatte den Kopf geschüttelt, wie man es beim Schwimmen so

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