42 - Die Trommeln von Scorpio
eingebildeter fremder Würdenträger zu Besuch kommen und es sich als nötig erweisen, daß man eine Ehrenwache für ihn abkommandierte, würden meine Männer von den Gelbjacken oder der Schwertwache ein zackiges Manöver darbieten, das diese Parade-Soldaten Lohs wie Frischlinge aussehen ließ, die gerade erst vom Bauernhof gekommen waren und noch Stroh im Haar hatten.
Ich ging um eine Zeltecke herum, blickte zurück und sah normale Aktivitäten. Soldaten lungerten herum, Sklaven eilten geschäftig umher. Ich drehte mich wieder um, und da eilte Wa-Te auf mich zu. Er sah aufgebracht aus.
»Drajak! Hlo-Hli sei Dank, daß ich dich gefunden habe. Das Sybli-Mädchen, Folly ...«
Ich glaube, in diesem Augenblick hörte ich den ersten Schritt. Ich wirbelte herum, und der dunkle Mantel Notor Zans fiel herab und hüllte mich in Dunkelheit.
20
Die Männer in Schwarz jagten uns durch schmale Geheimgänge und über steile Treppen, die man direkt durch den unberührten Fels getrieben hatte, in die Tiefe. Sie sprachen kein Wort. Sie peitschten uns mit Seilen an, an deren Enden sich Knoten befanden. Ich hatte unter einem Baumfarn das Bewußtsein wiedererlangt; Wa-Te lag auf der einen Seite neben mir, Folly auf der anderen. Die Männer in Schwarz hatten uns die Hände mit Seilen gefesselt, schlugen uns mit Seilen und trieben uns gnadenlos an. Soweit Königin Satras Befehle, daß man uns nicht behelligen sollte!
Man hatte uns nackt ausgezogen. Nun bin ich daran gewöhnt, barfuß zu gehen, und dasselbe galt für Folly. Der Pachak war jedoch an Armeestiefel oder eisenbeschlagene Sandalen gewöhnt, und er verzog einige Male das Gesicht, als er sich an den Steinen schnitt. Doch er war kein verweichlichter Städter, der nie barfuß ging. Er wurde damit fertig.
Hin und wieder gestattete man uns eine kurze Rast. Die Männer in Schwarz schwiegen, hatten aber nichts dagegen, daß wir miteinander sprachen.
»Nun, Folly, erzähl es mir ...«
»Die Herrin. Sie ist wahnsinnig! Ich habe sie belauscht, wie sie mit Trylon Ge-fu sprach ...«
»Dieser Shint!« rief Wa-Te aus.
»O ja, er ist ein gemeiner Schurke. Er trachtet nach Licrias Hand, um Herrscher von Loh zu werden.«
»Vermutlich der erste von zehn«, spottete ich.
»Du weißt davon?« Folly schüttelte den Kopf über das Böse der Welt. »Die meisten von ihnen sind in einem beschwerten Sack im Fluß gelandet.«
»Folly hat mich gewarnt, doch wir konnten dich nicht finden. Als es dann endlich ...«
»Ich war so langsam wie ein Ponsho, das einen Leem angreift.«
»Wohin bringen sie uns, Herr?« flüsterte Folly.
Der Fels erbebte, und das dumpfe Dröhnen der Trommeln brach über uns nieder.
»Da ist deine Antwort.«
Folly erschauerte. Dann schüttelte sie sich und hob das Kinn.
»Ich denke nicht daran, mich von einem Geräusch erschrecken zu lassen. Was den Trylon angeht, solltest du wissen, Wa-Te, daß Licria ihn nur benutzt. Auf ihn wartet der beschwerte Sack, wenn seine Tage gezählt sind.«
»Mögen sich Sichaz' Todesdschungel für ihn auftun!«
Dann wurden wir auf die Füße geprügelt und stolperten weiter. Es ging immer weiter in die Tiefe.
Hin und wieder stießen andere Männer in Schwarz mit Gefangenen zu uns. Ich fragte Folly, ob bei der Kolonne oft so etwas passiert war, doch sie wußte nur, daß man öfters Leute vermißt hatte und niemand wußte, wo sie geblieben waren. Unter den Neuankömmlingen entdeckte ich kein bekanntes Gesicht. Wir marschierten weiter.
Die Männer in Schwarz ähnelten jenem, der mir aus Angst vor dem Vorlind gelähmt in dem Gemach begegnet war, in dem wir Gochert getroffen hatten. Bleiche Gesichter, herabhängende Schnurrbärte, schlaffe Gesichtszüge und kleine, zu rote Lippen. Sie trugen verschiedene juwelengeschmückte Stirnbänder.
Das also waren die Bewohner des Reiches der Trommel.
Der Lärm der Trommeln erschien bei unserem Näherkommen nicht unbedingt lauter, sondern ausgeprägter. Das Geräusch verbreitete sich durch den ganzen labyrinthartigen Komplex. Dabei fiel mir ein, daß wir die Trommeln erst gehört hatten, als wir schon einige Zeit im Untergrund gewesen waren. Das bedeutete, daß jemand in die Tiefe vorgestoßen war und die schlafenden Männer in Schwarz erweckt hatte.
Die letzte steile Treppe führte uns in einen Gang, der in beiden Richtungen gebogen weiterführte, so daß man sein Ende nicht sehen konnte. Wir hielten uns links und gelangten an eine Eisentür. Über der Tür spreizte die vergoldete Statue
Weitere Kostenlose Bücher