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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Lieutenant der eigentliche Graf Alfonzo de Rodriganda war?“
    „Ja.“
    „Warum schicktet Ihr ihn hierher?“
    „Das ist meine Sache.“
    „Wußte er, wer er ist?“
    „Nein. Wo ist er?“
    „Tot.“
    Der Räuber trat einen Schritt zurück; dabei entfiel der Mantel, und nun bemerkte man die reiche Garnitur der Waffen, welche in seinem Gürtel steckten.
    „Tot!“ rief er. „Ach, das werdet Ihr mir büßen.“
    „Ich fürchte Euch nicht.“
    „Ich werde aufdecken, was Ihr für ein Schurke seid!“
    „Pah! Ihr selbst habt dann alles zu fürchten; denn Ihr wart ja mein Werkzeug.“
    „Ich werde den Schein, welchen Ihr unterschriebt, beim Gericht deponieren. Ich brachte ihn mit, um den Lieutenant gegen denselben auszuwechseln. Sagt, ob derselbe in Wirklichkeit tot ist!“
    Über das Stößergesicht des Advokaten glitt ein blitzschnelles, freudiges Lächeln. Er antwortete:
    „Ihr habt den Schein wirklich mit?“
    „Ja. Ist der Lieutenant tot?“
    „Ich werde Euch den Brief zeigen, den ich in dieser Angelegenheit erhalten habe. Wartet ein wenig!“
    Er trat in das anstoßende Gemach, wo er eine geladene Pistole und einen Brief zu sich nahm.
    „Er kommt mir gerade recht“, flüsterte er höhnisch in sich hinein. „Jetzt erhalte ich meine Unterschrift zurück und werde den gefährlichsten Zeugen los. Ich bin nun Sieger auf der ganzen Schlachtlinie!“
    Er kam wieder zurück, den Brief in der Hand.
    „Aber ich muß überzeugt sein, daß Ihr das Papier wirklich bei Euch habt“, sagte er mit forschendem Blick auf den Räuber.
    „Hier steckt es“, antwortete dieser, auf seine Brust klopfend.
    „So lest!“
    Er reichte ihm den Brief entgegen. Der Capitano öffnete das Schreiben und sah auf den ersten Blick, daß es ein ganz gewöhnlicher Geschäftsbrief war, der gar nichts den Lieutenant Betreffendes enthielt. Als er, erstaunt über eine solche Täuschung, aufblickte, fiel sein Auge auf die Mündung einer auf ihn gerichteten Pistole.
    „Schach und Matt! Stirb, Hund“, rief der Notar.
    Der Schuß krachte, und der Räuber stürzte augenblicklich tot zu Boden. Die Kugel war ihm genau in die Stirn gedrungen. Sofort verriegelte der Notar die Tür und riß dann dem Toten den Rock auf. Die Taschen waren leer. Auch die übrigen Kleidungsstücke enthielten nicht die Spur eines Papieres.
    „Betrogen!“ murmelte der Notar. „Elend betrogen! Bei ihm war das Papier sicher. Wenn es seine Leute finden, so bin ich verloren!“
    Jetzt ertönten Schritte auf dem Korridor. Man hatte den Schuß gehört und kam herbei, um nachzusehen, was vorgefallen sei. In fieberhafter Eile brachte er die Kleidung des Räubers wieder in Ordnung, riß ihm eine Pistole aus dem Gürtel, welche er zu Boden legte, und öffnete die Tür.
    „Hierher!“ gebot er. „Ich bin überfallen worden.“
    Die Dienerschaft stürzte herbei. Auch Graf Alfonzo, Schwester Clarissa und der Kastellan kamen.
    „Seht diesen Menschen“, sagte Cortejo. „Er ließ sich als meinen Freund anmelden, und als wir allein waren, drohte er mir mit dem Tod, wenn ich ihm nicht mein Geld aushändige. Ich tat, als ob ich es ihm geben wolle, griff aber nicht nach dem Geld, sondern nach der Pistole und schoß ihn nieder.“
    „O Gott, ein Räuber, ein richtiger Räuber!“ rief Clarissa entsetzt. „Seht hier die Perücke und den falschen Bart. Aber Gott hat ihn gefällt durch einen Stärkeren, als er war, und ihn in seinen Sünden zu sich genommen. Er wird für seine Missetaten büßen müssen in alle Ewigkeit!“
    „Durchsucht ihn, aber genau!“ gebot Cortejo.
    Auf diese Weise bekam er das Schreiben doch noch in die Hände, wenn es sich unerwarteterweise irgendwo befinden sollte. Aber es wurde nichts gefunden als die Waffen und eine gefüllte Börse.
    „Schafft ihn hinunter in eines der Gewölbe; ich werde morgen Anzeige machen. Dieses Zimmer wird natürlich sofort gereinigt.“
    Man folgte dieser seiner Anordnung. Als die Dienerschaft sich entfernt hatte und die drei allein waren, fragte Alfonzo:
    „Kanntest du ihn?“
    „Nein.“
    „Hm, es wär möglich, daß es dein ‚Capitano‘ sei, von dem du zuweilen sprichst. Ich dachte, in diesem Fall hättest du ein kleines Rencontre mit ihm gehabt und dich von ihm befreit.“
    „Ich kenne ihn nicht. Aber wie ist es, trinken wir heute den Tee mit Rosa?“
    „Nein“, antwortete Clarissa. „Sie trinkt ihn auf ihrem Zimmer.“
    „Später?“
    „Sie hat ihn schon.“
    Aus dem Ton, in welchem diese Worte gesprochen

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