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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erteilen?“
    „Hei, ja! Das wird man nicht, wie ich vermute. Höre, mein lieber Alimpo, es ist ein Kreuz und ein Elend!“
    „Ja, ein Kreuz und ein Elend!“ stimmte er bei.
    Da klopfte es bescheiden an die Tür, und der Pater trat ein.
    „Seid Ihr Señor Alimpo, der Castellano?“ fragte er, nachdem er höflich gegrüßt hatte.
    „Ja“, antwortete der Gefragte, indem er sich erhob.
    Auch Frau Elvira stand ehrerbietig von ihrem Stuhl auf, und nun der Pater die beiden gutmütigen Leute erblickte, sah er auf den ersten Blick, daß er brave Menschen vor sich hatte. Er nahm den angebotenen Sessel an und begann mit ernster, mitleidsvoller Stimme:
    „Es ist eine schwere Trübsal eingezogen in dieses Haus. Ich bin ein Bote des Erlösers, welcher sagt: ‚Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken!‘ Ich biete Euch von ganzem Herzen die Tröstung an, welche unser heiliger Glaube bietet, und bin vielleicht imstande, auch in anderer Weise Euren erregten Herzen Erleichterung und Beruhigung zu bringen.“
    „Seid uns willkommen, frommer Vater!“ sagte Alimpo. „Ja, wir sind sehr betrübt. Es ist ein Unglück nach dem anderen über uns hereingebrochen, und es scheint auch nicht, daß es ein Ende nehmen will.“
    „Gott ist in dem Schwachen mächtig“, antwortete der Pater, „und er sendet die Hilfe sehr oft gerade dann, wenn wir es am wenigsten erwarten. Vielleicht bin ich ein Bote seiner Hilfe. Wollt Ihr mir vertrauen?“
    „Gern!“ meinte die Kastellanin. „Wir befinden uns in großer Not; nicht wahr, Alimpo?“
    „Ja, meine Elvira!“ antwortete er mit trübseligem Kopfnicken.
    „Und wir haben keinen Menschen, dem wir unser Leid klagen können; nicht wahr, Alimpo?“
    „Ja, meine Elvira.“
    „Aber Ihr habt doch Kameraden hier im Schloß, die mit Euch fühlen werden“, meinte der Pater.
    „Ja, die haben wir“, erklärte der Kastellan. „Aber sie sprechen nicht mehr mit uns.“
    „Warum nicht?“
    „Sie fürchten sich vor dem jungen Grafen und vor Señor Cortejo.“
    „Haben diese es ihnen denn verboten, mit Euch zu verkehren?“
    „Direkt nicht; aber ich bin in Ungnade gefallen, und so ziehen sich die anderen von uns zurück?“
    „In Ungnade? Warum?“
    „Weil ich die gnädige Contezza nicht fremden Händen überlassen wollte; ich und meine Elvira wollten sie in ihrer Krankheit bedienen. Wir wurden abgewiesen, aber wir haben die Contezza lieb und versuchten dennoch, zu ihr zu kommen. Da bin ich vorhin von meinem Amt suspendiert worden. Ich habe hier nichts mehr zu tun; ich soll das Schloß baldigst verlassen, und darum mögen die nichts mehr von uns wissen, welche wir für unsere Freunde gehalten haben.“
    „Sie werden sich Eurer recht gut erinnern, wenn erst die arbeitsvollen Tage vorüber sind. Ich höre, daß der verstorbene Graf heute beigesetzt werden soll?“
    „So sagt man, ich aber glaube es nicht“, meinte Alimpo in trotzigem Ton.
    „Ihr glaubt es nicht?“ fragte der Pater erstaunt.
    „Ja, ich glaube es nicht.“
    „Daß der Graf beigesetzt wird?“
    „Ja.“
    „Aber was sollen sie denn mit ihm tun?“
    „Ah, er ist es ja gar nicht!“
    „Der Tote?“
    „Ja; der Tote ist nicht der Graf, sondern ein anderer.“
    „Wer sagt das?“
    „Señor Sternau.“
    „Wer war das?“
    „Der deutsche Arzt, welcher den Grafen behandelte. Ich habe an seiner Seite gestanden, als er behauptete, daß die Leiche ein anderer sei als der Graf.“
    „Ah! Erzählt mir doch von diesem Arzt!“
    Das Ehepaar war froh, jemand zu haben, dem es sich ohne Gefahr anvertrauen konnte, und so erzählten sie dem Pater alles, was in der jüngst vergangenen Zeit sich zugetragen hatte. Er hörte ihnen aufmerksam zu und fragte, als sie zu Ende waren:
    „Ihr glaubt also, daß sich jener Lieutenant de Lautreville nicht freiwillig entfernt hat?“
    „Wir glauben das, was Señor Sternau und die Contezza gesagt haben. Der Lieutenant ist geraubt und nach dem Schiff geschafft worden.“
    „Ich kannte ihn.“
    „Ihr? Ihr kanntet ihn?“ fragte Alimpo erstaunt.
    „Ja. Ich habe ihn erzogen. Ich liebe ihn wie meinen Sohn und werde alles tun, um zu erfahren, wo er sich befindet. Und dieser Sternau ist auch verschwunden?“
    „Ja, ganz plötzlich.“
    „Und niemand weiß, wohin?“
    „Kein Mensch.“
    „Aber bei dem Richter in Manresa muß es zu erfahren sein.“
    „Dieser wird es keinem Menschen sagen. Also Ihr kennt den Señor de Lautreville! Er war wirklich ein

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