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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wurde jedermann von Rosa abgeschlossen. Keiner durfte zu ihr, keiner durfte ihr helfen.
    Man sah und hörte nichts von ihr; sie war so gut wie gar nicht mehr vorhanden.
    Einen Tag später kam ein Mönch auf der Straße von Manresa nach Rodriganda daher. Als er das Dorf erreichte, trat er in die Venta und ließ sich ein Glas Wein reichen. Er wollte es sofort bezahlen, aber der Wirt nahm kein Geld.
    „Ich nehme nichts“, sagte er. „Trinkt noch eins oder zwei, mein frommer Vater, und betet dafür einige Ave-Marias und Paternoster für eine Kranke, die Gott uns erhalten wolle!“
    „Wer ist es?“
    „Unsere Gräfin Rosa de Rodriganda.“
    „Diese ist krank?“
    „Ja, sehr!“
    „Was fehlt ihr?“
    „Es soll Wahnsinn sein.“
    „Himmlischer Vater, das wäre ja schrecklich!“
    „Ja, mein frommer Vater, Ihr habt recht. Dieses Haus Rodriganda wird jetzt wahrhaft schrecklich heimgesucht. Zunächst wurde der Graf blind; als er hergestellt war, wurde er wahnsinnig; dann stürzte er sich gar vom Felsen herab. Nun ist seine Tochter über seinen Tod selbst wahnsinnig geworden. Es ist, als ob der Teufel in und um Rodriganda wohne. Zuerst überfällt man im Park den guten Doktor Sternau, der jetzt ganz plötzlich verschwunden ist; sodann überfällt man die Gräfin selbst mit ihrer Freundin; dann verschwindet ein Gast, ein Husarenoffizier, und endlich überfällt man den Notar in seinem eigenen Zimmer. Der Täter hat aber sofort seinen Lohn erhalten.“
    „Wie heißt der Notar?“
    „Gasparino Cortejo.“
    „Und wer war der Täter, der seinen Lohn erhielt?“
    „Ein fremder Räuber. Er trug einen falschen Bart und eine Perücke. Er liegt in einem Gewölbe des Schlosses. Er soll morgen eingescharrt werden, heute aber ist die Beisetzung des verunglückten Grafen, zu welcher alle in der Umgebung wohnenden adeligen Herrschaften und auch die obersten Spitzen der Behörden kommen werden.“
    „Wo wird er beigesetzt?“
    „In der Schloßkapelle.“
    „So wird nun wohl der junge Graf Alfonzo Euer neuer Herr?“
    „Ja.“
    „Ist er beliebt?“
    Der Wirt zauderte ein wenig mit der Antwort, dann sagte er:
    „Eigentlich sollte man darüber gar nichts sagen, Ihr jedoch, frommer Vater, werdet mich nicht verraten. Graf Alfonzo ist nicht gern gesehen. Viele lieben ihn nicht, und die anderen hassen ihn gar. Das Glück ist von Rodriganda geschwunden, und ich glaube nicht, daß es wieder einkehren wird. Die Dienerschaft wird es nicht lange auf dem Schloß aushalten; sie wird sich zerstreuen; dann werden neue Leute engagiert, deren Charakter zu dem des Grafen und des Sachwalters paßt. Wir sehen böse Tage herbeikommen.“
    „Bei welchem der Diener könnte man sich wohl am besten erkundigen, wenn man über die Ereignisse der letzten Tage Näheres wissen will?“
    „Geht zu Señor Alimpo, dem Kastellan. Er ist der treueste und ehrlichste Mann unter allen.“
    „Wird er mir Auskunft geben?“
    „Gewiß, denn ein so frommer Mann, wie Ihr es seid, hat keine bösen Absichten, wenn er nach etwas fragt.“
    „So will ich aufbrechen. Lebt wohl und habt vielen Dank für den Trunk, den ich von Euch erhalten habe!“
    Er verließ die Venta und pilgerte langsam dem Schloß zu.
    Dort herrschte ein reges, aber geräuschloses Leben. Die Leute huschten eilig über die Gänge und Korridore, um die Vorbereitung zur Bewirtung der erwarteten Gäste zu treffen, und mit ihren lautlosen Schritten, bleichen Gesichtern und ernsten Mienen glichen sie eher Gespenstern als lebenden Wesen, durch deren Adern rotes, warmes Blut pulsiert. Der Pater Dominikaner fragte nach dem Kastellan und wurde nach dessen Wohnung gewiesen.
    Der gute Alimpo saß mit Elvira in seiner Stube und schien ganz außerordentlich betrübt zu sein.
    „Ich halte das nicht aus!“ seufzte er.
    „Ich auch nicht!“ antwortete sie wehklagend.
    „Es ist aus; es ist alle hier!“
    „Ganz aus, ganz alle.“
    „Es ist am besten, wir nehmen unsere kleinen Ersparnisse und gehen damit in die weite Welt.“
    „Nur nicht zu weit!“ warf sie ein.
    „Und gerade recht weit, ganz und gar weit!“ sagte er zornig. „Zu den Kaffern und Hottentotten oder zu den Lappländern. Was sollen wir noch hier? Warum willst du nicht mit weit fortgehen?“
    „Hast du denn nicht gehört, daß die gnädige Contezza fortgeschafft werden soll?“
    „Ja.“
    „Nun gut, ich werde sie nicht verlassen; ich werde mit ihr gehen, meinetwegen bis an das Ende der Welt.“
    „Wird man dir die Erlaubnis dazu

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