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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hartgefornen Schnee
   Und mitten unter Leichensteinen
Kniet sie so ohne Freud' und Weh'
   Die weder lächeln kann noch weinen.
    Es ist, als ob der eis'ge Hauch
   Ihr Leben ganz getötet hätte.
Als winkt' ihr nur da unten auch
   Erlösung in des Grabes Bette.“
    Als Gräfin Rosa ihre Freundin in Pons der Diligence übergeben hatte, kehrte sie in Eile nach Rodriganda zurück. Es war ihr, als ob ihr etwas Schlimmes passieren könne, solange sie sich nicht unter dem starken und energischen Schutz Sternaus befinde. Es lag wie eine Ahnung in ihr, daß ihr ein schweres Unglück bevorstehe. Darum befahl sie dem Kutscher, die Pferde ausgreifen zu lassen, die nun im schnellsten Galopp auf der Straße dahinflogen.
    Als sie auf Rodriganda ankam und sich schnell umgekleidet hatte, stieg sie zunächst zum Kastellan empor. Sie fand die beiden braven Leute in ihrem Lieblingsthema, daß heißt im Gespräch über Doktor Sternau, begriffen.
    „Ist er daheim?“ fragte sie.
    „Nein“, antwortete Alimpo.
    „Wo ist er?“
    „Er ist ausgefahren, gnädige Contezza, meine Elvira sagt es auch.“
    „Wohin?“
    „Wir wissen es nicht“, meinte die Kastellanin.
    „Hat er es euch nicht gesagt?“
    „Leider nein.“
    „Ist er allein fort?“
    „Nein. Er fuhr in einer fremden Kutsche; mein Alimpo sagt es auch.“
    „Und wem gehörte die Kutsche?“
    „Dem Corregidor von Manresa.“
    „Ah!“ rief sie erschrocken und sogleich ein Unheil ahnend. „Elvira, erzähle, wie es gewesen ist!“
    „Das war so“, begann die Kastellanin. „Es kam eine Kutsche gefahren, aus welcher der Corregidor stieg. Er ging hinauf zu Señor Gasparino und dann zu Señor Sternau; nach kurzer Zeit fuhr er mit Señor Sternau fort.“
    „Wohin?“
    „Auf der Straße nach Manresa; mein Alimpo sagt es auch.“
    „Gut! Alimpo, es sollen sofort zwei frische Pferde vorgespannt werden!“
    „Ihr wollt wieder ausfahren, gnädige Contezza?“
    „Höchstwahrscheinlich!“
    Sie ging, und zwar geradewegs nach dem Zimmer des Advokaten. Dieser saß bei einer Schreiberei. Die Gräfin war nur selten einmal bei ihm eingetreten, darum erstaunte er, sie jetzt bei sich zu sehen.
    „Ah, Doña Rosa, Ihr kommt zu mir! Habt die Güte, Platz zu nehmen!“ sagte er, sich erhebend und ihr einen Stuhl bietend.
    „Ich werde mich nicht setzen“, sagte sie in energischer Eile. „Ich komme nur, eine Frage zu tun.“
    „Welche?“
    „Habt Ihr Señor Sternau gesehen?“
    „Jetzt nicht.“
    „Er ist ausgefahren.“
    „Ich weiß nichts davon.“
    „Mit dem Corregidor von Manresa?“
    „Ist mir unbekannt“, antwortete er, wie sich wundernd mit dem Kopf schüttelnd.
    „So wißt Ihr gar nicht, daß der Corregidor in Rodriganda war?“
    „Nein.“
    „Auch nicht, daß er bei Euch gewesen ist?“
    „Nein.“
    „Ihr lügt, Señor!“ rief sie leidenschaftlich. „Ihr lügt sogar unverschämt, Señor!“
    „Contezza!“ antwortete er in beinahe drohendem Ton.
    „Ah, welchen Ton erlaubt Ihr Euch gegen mich! Ich werde jetzt zu dem Corregidor fahren und mich erkundigen. Finde ich, daß eine neue Teufelei angezettelt ist, bei der Ihr wieder die Hand im Spiel habt, so werde ich Euch das Handwerk legen, Euch und den beiden anderen. Adiós.“
    Sie rauschte hinaus, während er vor Erstaunen über diese Energie ganz fassungslos zurückblieb. Dann trat er an das Fenster und sah sie wirklich einsteigen und fortfahren. Sofort begab er sich zu seiner Verbündeten, der frommen Schwester Clarissa. Auch diese stand am Fenster und hatte Rosa beobachtet.
    „Sie fährt wieder fort“, sagte sie. „Weißt du vielleicht, wohin?“
    „Ja. Nach Manresa zum Corregidor.“
    „Ah! Was will sie da?“
    „Sich erkundigen, wohin dieser Sternau ist.“
    „Höre, Gasparino, auch sie beginnt gefährlich zu werden!“
    „Ich sehe es und werde meine Maßregeln danach treffen. Weißt du nicht, auf welche Weise man ihr einige Tropfen beibringen könnte?“
    „Es ging, wenn ich die Tropfen hätte.“
    „Wann?“
    „Beim Abendtee.“
    „Und wenn sie ihn auf ihrem Zimmer trinkt?“
    „Sie trinkt stets nur eine Tasse, welche ihr die Kastellanin macht. Laßt mich nur sorgen!“
    „Gut, du sollst die Tropfen haben!“
    „Und mein Honorar?“ fragte sie lauernd.
    Er machte eine ungeduldige Bewegung mit der Hand und antwortete:
    „Nun ja, dein alter Wunsch soll erfüllt werden!“
    „Sie tritt in mein Stift?“
    „Ja, und zwar mit der Hälfte ihres Vermögens.“
    „Mit der Hälfte

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