43 Gruende, warum es AUS ist
Grund, weswegen ich zu spät kam: Ich war zu dir gegangen, hatte dich am Hals geküsst und meine Hand fest an deinen Körper gelegt und gemurmelt, alles auÃer fühle sich für dich anscheinend ziemlich gut an. Wir haben nicht viel gemacht, so wie du versprochen hattest, nur ein bisschen, und auch dieses bisschen ist vorbei, diese kurzen zwanzig Minuten waren im Nu verflogen. Wohin? Dorthin, wo die Schauspieler sind, wenn ein Film vorüber ist und wir blinzelnd in die Lichter über den Ausgängen starren, dorthin â wo immer das ist â, wo unsere alten Lieben sind, wenn sie mit ihren Arschlöchern von einem Dad wegziehen oder einfach wegsehen, wenn man ihnen im Schulflur über den Weg läuft. Und verflogen ist auch das Gefühl, das jenen Nachmittag so absolut perfekt machte, das damit zu tun hatte, dass du dir Gedanken über mich gemacht hattest, dass du dich an diesen Park erinnert und mich vor Mathe abgefangen hattest, um mich zu überreden, die Stunde zu schwänzen und mir etwas anzusehen, wovon ich begeistert sein würde, davon warst du überzeugt â auch das war einmal.
Aber die hier sind noch da, Ed. Sieh sie dir an, die einmal so leicht waren und mir jetzt so schwer auf dem Herzen liegen, wenn ich die Dose öffne und sie schüttle mit diesen Händen, die schon wehtun vom vielen Schreiben. Unauslöschlich sind sie geworden, Ed, weil alles andere verschwunden ist. Also nimm du sie nun. Behalte sie, vielleicht geht es mir ja dann besser.
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In Urteil unter Tränen gibt es diese Szene, in der Karl Braughton als Staatsanwalt den Rosenstrauà hinunterwirft und die Kamera ganz, ganz langsam erst an den Blüten und dann an den Stängeln entlangfährt, an Blättern und Dornen, bis hinunter zum Band, das die Rosen zusammenhält â angeblich blassblau, aber es ist ein Schwarz-WeiÃ-Film â, und der Strauà fällt von den Bücherstapeln auf dem Schreibtisch des Anwalts aufs Parkett und rutscht von dort ganz, ganz langsam bis zum Zeugenstand. Während dies geschieht, hören wir die ganze Zeit die sich vor Empörung überschlagende, hysterische Stimme von Amelia Hardwick, die anklagt, die sich rechtfertigt, bis schlieÃlich das Auge der Kamera auf das Gesicht der Frau gerichtet ist, und auf einmal sehen wir die Scham, die entsetzliche tiefe Scham im Moment, als sie erkennt, dass es wahr sein muss: Sie ist tatsächlich eine Mörderin. Sie war an jenem stillen Nachmittag in der Laube. Ihr Gedächtnisverlust ist real, nicht Teil eines abgekarteten Spiels ihrer Schwiegermutter. Und dann, als ihr klar wird, was dieses Beweismaterial bedeutet, da bricht sie in den hilflosen Schrei aus, mit dem der Film endet, und dieser Schrei ist wie ein fallender Vorhang.
Was Vollidioten III angeht, leide ich an totalem Gedächtnisverlust. Wenn Karl Braughton, wie üblich die Finger hinter die Hosenträger geklemmt, zu mir sagte: »Min Green, können Sie schwören, dass Sie keine einzige Szene der Filmreihe Vollidioten gesehen haben?«, dann würde ich zuerst in die ernsten Gesichter der Geschworenen blicken, dann auf Sidney Juno â der in dem Film nicht mitspielt, aber so groÃartig ist, dass ich ihn einfach hineinschmuggle â, und ich würde sagen Ja, Ja würde ich sagen, weil diese Filme so verdammt bescheuert sind, dass es mich in den Zähnen juckt, sie zu zerreiÃen. Aber hier sind die Kinokarten, aus den Tiefen meines Schranks, aus diesem Karton der Trauer knallen sie mir ins Gesicht. Nun kannst du zusehen, wie ich zu leugnen versuche und um Gnade winsle.
Al hat die Karten gerade gesehen und ungläubig »Vollidioten III ?!« gesagt. Am liebsten würde ich ihm eine scheuern, aber dafür ist unser Verhältnis im Moment noch zu heikel.
Du wolltest den Film sehen, Ed, das werde ich ihm sagen, also sind wir gegangen. Ich habe mich so oft in dem dünn besetzten Kinosaal umgeschaut, bis du irgendwann gesagt hast, ob ich vielleicht eine Burka wollte, damit mich auch bloà keiner hier sieht, bei meinem ersten Vollidioten -Film, keiner meiner du-weiÃt-schon-was Freunde. (Wetten, du sagst dieses »verbotene« Wort jetzt andauernd, Ed? Schwul schwul schwul.) In Wirklichkeit hatte ich mich gar nicht nach meinen Freunden umgeschaut, ich wollte bloà wissen, ob auÃer mir noch irgendeine andere Frau da war. Und tatsächlich: Eine war da. Die begleitete eine ganze
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