43 Gründe, warum es AUS ist

Titel: 43 Gründe, warum es AUS ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag

Vom Netzwerk:

Traum.« Oder so ähnlich. Und dann sagte sie noch etwas wie: Behalte es, für den Fall, dass es beim nächsten Mal nicht funktioniert. Behalte es, für den Fall, dass es nicht funktioniert, wenn du es wieder probierst.




    Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet das behalten habe, dieses Ding von der Handtuchstange. Jetzt finde ich es fast ein bisschen peinlich, wie eine Erinnerung daran, dass sie nach uns tatsächlich die Wäsche wechseln mussten. Wenn ich die freie Wahl gehabt hätte, dann hätte ich mir etwas aus der Bar des Dawn’s Early Lite Lounge and Motel ausgesucht. In meinem Freshman-Jahr war ich schon einmal dort gewesen, mit Aram, nach einem Tanzabend in unserer Synagoge. Aram und ich haben jeder ein großes Ginger Ale getrunken und staunend an die Decke gestarrt, wo verstaubte ausgestopfte Vögel im Kreis neben dem Deckenfries hingen, mit einem riesigen Schmetterling in der Mitte, der ganz, ganz langsam mit den Flügeln – motorisierten Ventilatorblättern – schlug, während über Lautsprecher Naturgeräusche eingespielt wurden. Es ist wirklich außergewöhnlich, Ed, das muss ich dir lassen. Selbst das große Schild draußen, an dem das Wort Lite immer aufleuchtet, sieht toll aus, richtig glamourös, mit den drei Pfeilen, die abwechselnd aufleuchten, sodass es aussieht, als würde sich ein einziger Pfeil bewegen und jeden, der die South Nine entlangfährt, zum Parkplatz hinterm Haus lotsen. Es ist bestimmt der außergewöhnlichste Ort, den wir hier haben. Du hast lange nachgedacht, Ed, um den richtigen Ort zu finden, an den du mich bringen wolltest.
    Aber ich wollte nicht in die Bar. Wir hätten keine Eile, hast du gesagt, aber das stimmte nicht, wir hatten schon zuvor im Moon Lake gesessen und Knödel auf unseren Tellern hin und her geschoben und so getan, als wäre es eine ganz gewöhnliche Verabredung. Mehr als drei Bissen habe ich, glaube ich, nicht gegessen. Die ganze Nacht über hatte ich den Geschmack von Zuckerschoten in meinem nervösen Mund. Außerdem hatte ich Sorge, jemand könnte uns in der Bar erkennen. Also wartete ich im Auto, während du die Schlüssel holtest.
    Das Motel lag am Rande eines großen Grundstücks und war wellenförmig angelegt mit Balkons vor den Zimmern. Aus der Luft sah es vermutlich ganz imposant aus. Während wir mit unseren Taschen über den dunklen Asphalt gingen, stellte ich mir vor, wie es aus der Vogelperspektive aussah, wie ein Standbild aus Wenn die Lichter ausgehen: Eine kurze illustrierte Geschichte des Films. Die Überschrift würde lauten: »Einspieler aus Die Irre, die an die ewige Liebe glaubte «.
    Das Zimmer war einfach ein Zimmer, nichts Außergewöhnliches mehr. Die Vorhänge zog man mit einer langen Plastikstange zu, ähnlich der, die Mika Harwich in Schau mir in die Augen beim Reiten benutzt . Der Schreibtisch war wackelig, der Fön an der Wand im Bad winzig wie ein Revolver. In einer Steckdose in der Ecke steckte eine Kugel mit der Aufschrift Frühlingsduft, die den Gestank einer missbrauchten Blume von sich gab. Ich ging den Hotelflur hinunter, um uns Eiswürfel zu holen, und entdeckte neben dem Automaten einen lockeren Stapel leerer Kartons, in denen mal Möbelstücke gewesen waren, Kopfteile von Betten oder Stehlampen oder Nachttische. Auf den Nachttisch-Kartons stand allen Ernstes (ich schwöre!) ONE NIGHT STAND.
    »Ich krieg das Ding nicht zum Laufen«, sagtest du, als ich wieder ins Zimmer kam. Du hattest den Fernseher herumgedreht, als wolltest du ihm die Haare schneiden, und fummeltest mit Steckern und Buchsen und so herum, um irgendwo eine Anschlussmöglichkeit zu finden.
    »Was machst du denn da?«
    »Ich mache alles klar, um das Ganze zu filmen.«
    Ich muss geguckt haben, als traute ich dir das zu.
    »Ich hab einen Film dabei. Eigentlich müsste ich ihn über meinen Laptop hier abspielen können. Ich hab mir vorgestellt, das wäre vielleicht ganz nett.«
    »Was für ein Film?«
    »Wenn der Rauch sich verzieht«, sagtest du, »aus Joans Sammlung. Hört sich so an, als könnte er dir gefallen. Und mir auch. Da treffen sich zwei im Krieg, ein Soldat und eine Tierärztin, steht in der Beschreibung, irgendwo auf dem Land, glaube ich …«
    »Der ist gut«, sagte ich leise. Ich stellte das Eis ab, behielt aber meine Hände am Becher. Auf der Kommode standen zwei kleine Flaschen, ein Bier für dich und australischer Weißwein. Einmal um die ganze Welt gereist, per Schiff oder Flugzeug. Ganz schön weit gekommen.
    »Ach – du