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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begann es im Wasser zu rauschen. Neun oder zehn Furchen bildeten sich von verschiedenen Richtungen her, und ebenso viele Krokodile schossen herbei. Sie blieben am Ufer halten und streckten die häßlichen Köpfe heraus. Es waren teils Brillen-, teils Hecht-Kaimans, und keiner hatte eine Länge unter vierzehn Fuß. Ihre Leiber glichen schlammbedeckten Baumstämmen; ihre Köpfe boten den häßlichsten und zugleich furchterweckendsten Anblick, den man sich denken kann, und während sie die langen Schnauzen aufrissen und zuklappten, um ihren Hunger zu zeigen, sah man ganze Reihen fürchterlicher Zähne, welche gewiß nichts freiließen, was sie einmal gefaßt hatten.
    Ein Schrei des Entsetzens erscholl. Alfonzo hatte ihn ausgestoßen. Die beiden Indianer warfen ihm einen verächtlichen Blick zu. Der Indianer zuckt selbst unter den fürchterlichsten Qualen mit keiner Wimper. Er glaubt, daß einer, der am Marterpfahl einen einzigen Klageton ausstößt, nicht in die ewigen Jagdgründe komme, welche den Himmel der Rothäute bilden. Darum werden die Kinder bereits an das Ertragen der Schmerzen gewöhnt, und die Weißen werden meist auch deshalb von ihnen verachtet, weil sie eine feinere Konstitution besitzen und gegen alle Arten des Schmerzes empfindlicher sind als die Indianer.
    „Siehst du sie?“ sagte ‚Büffelstirn‘. „Es sind wackere Tiere, von denen keines unter zehn mal zehn Sommer alt ist. Und siehst du auch die Lassos, welche ich mitgebracht habe? Ich nahm sie den Mexikanern ab, welche wir erschossen.“
    „Ich verstehe meinen Bruder“, sagte der Apache kurz.
    „Wie hoch, denkst du, daß ein Krokodil aus dem Wasser springen kann?“
    „Es kann die Schnauze höchstens vier Fuß weit aus dem Wasser bringen, wenn der Grund tiefer ist als sein Leib.“
    „Und wenn es den Grund mit dem Schwanz berühren kann?“
    „So schießt es noch einmal so weit hervor.“
    „Nun wohl. Der Grund ist tief. Die Füße dieses Mannes sollen also vier Fuß über dem Wasser hängen. Wer soll auf diesen Baum klettern? Du oder ich?“
    „Ich will es tun“, sagte der Apache.
    Beide erhoben sich von ihren Sitzen und traten zu Alfonzo. Sie banden ihm die Hände auf den Rücken und zogen ihm ein Lasso doppelt unter den Armen durch. Dadurch wurde dieses Lasso so stark, daß es unzerreißbar genannt werden konnte. An ihm wurden wieder zwei andere Lassos befestigt, deren Enden der Apache in seine Hände nahm, um am Baum emporzuklettern.
    Jetzt endlich merkte der Graf, daß man Ernst machte. Der Angstschweiß trat ihm in großen Tropfen aus der Stirn, und vor den Ohren begann es ihm zu rauschen wie im Sturmwind.
    „Gnade, Gnade!“ bat er jammernd.
    Die beiden Rächer hörten nicht darauf.
    „Gnade!“ wiederholte er. „Ich will alles tun, was ihr wollt, nur hängt mich nicht für diese Krokodile auf!“
    Auch dieses Flehen fand keine Antwort. ‚Büffelstirn‘ faßte ihn und zog ihn zu dem Baum hin.
    „Tut es nicht. Ich will alles geben, meine Grafschaft, meine Besitzungen, ganz Rodriganda. Ich verzichte auf alles, was ich habe, nur schenkt mir das Leben!“
    Jetzt endlich antwortete der Häuptling der Mixtekas.
    „Was ist Rodriganda?“ sagte er. „Was ist deine Grafschaft, was sind deine Besitzungen! Du hast die Schätze der Mixtekas gesehen, die ich nicht mag, und du bietest mir deine Armut an! Bleibe ein Graf und stirb! Sieh diese Tiere, die noch nie einen Weißen gefressen haben. Du wirst vier oder fünf Tage am Baum hängen und deine Füße emporwerfen, wenn sie nach ihnen schnappen; sobald du aber schwach und müde wirst, werden sie dir dieselben abreißen. Dann verblutest du dich und stirbst. Und wenn nachher dein Leib verfault, so stürzt er herab und wird von ihnen verzehrt. Das ist das Ende eines weißen Grafen, der eine verachtete Indianerin betrügen wollte.“
    „Gnade, Gnade!“ flehte er abermals in höchster Todesangst.
    „Gnade? Hast du Gnade gehabt, als du den Freund der Häuptlinge mit der Keule erschlugst? Hast du Gnade gehabt, als du mich in die Hände der Mexikaner gabst? Hast du Gnade gehabt, als du das Herz in der Brust der Indianerin tötetest? Und sind dies deine einzigen bösen Taten gewesen? Wahconta hat dem Menschen versagt, alles zu wissen; ich kenne dein Leben nicht, aber wer so Böses tut wie du, der hat bereits vorher viel Böses getan. Die Krokodile werden dich fressen, aber du bist noch schlimmer als eines dieser Tiere. Wahconta hat sie geschaffen, um Fleisch zu fressen, den Menschen aber

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