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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie.“
    „Gut; das ist ein kurzer, schöner Handel. Wartet ein wenig, bis ich es hole und bringe.“
    Benito entfernte sich und war dieses Mal über eine Stunde fort. Als er wiederkam, hatte er ein kleines Tütchen in der Hand, das er dem Sekretär entgegenstreckte.
    „Hier ist es!“ sagte er.
    Cortejo nahm das Tütchen, das kaum den vierten Teil eines Fingerhutes faßte, und fragte:
    „Das ist es wirklich? Darf ich es öffnen?“
    „Meinetwegen!“
    Cortejo machte das Papier auf. Es enthielt eine geruch- und farblose Masse, die fast aussah wie zu Mehl zerstoßenes Glas.
    „Darf man es ohne Schaden berühren?“
    „Es wirkt nur im Magen“, lautete die Antwort.
    „Und wie habe ich es zu geben?“
    „Ihr löst es in Wasser auf und tut dieses Wasser in das Essen oder Getränk; es kann sein, was es wolle; es wirkt bereits in einer Nacht.“
    „Gibt es ein Mittel dagegen?“
    „Nein. Auch ist der Genuß anderer Arzneien der Wirkung nicht hinderlich.“
    „So werde ich es behalten und bezahlen. Ihr aber haftet mir für die Wirkung. Versteht Ihr?“
    „Ich schwöre nicht, aber Ihr werdet sehen, daß dieses Pulver hält, was ich verspreche!“
    „Wäre dies nicht der Fall, so würde ich mir mein Geld wiederholen und Euch außerdem noch als Giftmischer anzeigen. Ihr wißt, daß darauf die Todesstrafe steht!“
    Der Giftmischer lächelte überlegen und entgegnete:
    „Wer ist schuldig, Señor? Derjenige, der das gemacht hat, oder der, welcher es dem Menschen eingibt? Ich denke, der zweite noch mehr als der erste. Gebt mir das Geld und geht!“
    Cortejo zog nun hundert Pesos hervor, die etwa 450 Mark betragen, und gab sie ihm; dann steckte er das Gift sorgfältig zu sich, verließ das Haus und bestieg draußen sein Pferd, um eiligst davonzureiten, denn wen man aus Benitos Wohnung kommen sah, den hatte man sofort in Verdacht, ein unheimliches Geschäft abgeschlossen zu haben.
    Als Cortejo den Paseo de la Viga zurückritt, kam ihm ein Reiter entgegen, der den Sitz auf dem Pferd nicht gewöhnt zu sein schien. Er hielt überrascht sein Pferd an. Diesen Mann kannte er und hatte ihn hier nicht vermutet. Er trug eine leichte Sommerkleidung und auf dem Kopf einen riesenhaften Sombrero.
    „Ist es möglich! Seid Ihr es, oder seid Ihr es nicht, Señor Henrico Landola?“ fragte er.
    „Ja, ich bin es“, antwortete der Gefragte.
    „Aber was tut Ihr hier auf dem Paseo?“
    „Ich reite Euch entgegen.“
    „Mir?“ fragte Cortejo erstaunt.
    „Ja. Wißt Ihr denn nicht, daß ich in Vera Cruz gelandet bin? Habt Ihr den Brief Eures Bruders nicht erhalten?“
    „Ich habe ihn erhalten.“
    „Nun, so ist ja alles richtig. Ich bin durch das verdammte Räuber- und Fieberland geritten, um das Geschäft mündlich mit Euch zu besprechen. Ich suchte Euch auf und fand aber nur Eure Tochter, die mir sagte, daß ich Euch auf dem Paseo sicher begegnen würde. Das ist auch geschehen.“
    „Wie unvorsichtig!“
    „Unvorsichtig? Inwiefern?“
    „Insofern, als Euch niemand sehen darf. Es kennt Euch hier zwar niemand, aber der Teufel treibt sein Spiel oft wunderbar. Zwei Männer, die ein Geschäft wie das unsrige abzumachen haben, dürfen von keinem Menschen zusammen gesehen werden.“
    „Gut! Mir auch recht!“
    „Reitet jetzt spazieren, wohin es Euch beliebt, und kommt heute abend um zehn Uhr an dieselbe Stelle, an der wir uns hier getroffen haben!“
    „Schön, ich werde mich einfinden!“
    Landola ritt weiter, und der Sekretär trabte seiner Wohnung zu. Als er zu Hause ankam, erwartete ihn seine Tochter mit Spannung und fragte:
    „Hast du ihn getroffen und das Mittel erhalten?“
    „Allerdings. Aber verteufelt teuer ist es!“
    „Erzähle!“
    Der Sekretär berichtete Josefa nun von seinem Besuch bei Benito, dem Giftdoktor, in kurzen Worten und sagte dann:
    „Aber wie kannst du den Fehler machen, mir den Kapitän entgegenzuschicken!“
    „Einen Fehler? Inwiefern?“
    „Es darf mich kein Mensch hier mit ihm sehen!“
    „Ein größerer Fehler wäre es gewesen, wenn ich ihm erlaubt hätte, hier auf dich zu warten.“
    „Wollte er das?“
    „Ja freilich!“
    „Unvorsichtiger Mensch!“
    „Oh, nicht unvorsichtig, sondern dreist!“ sagte sie sehr indigniert.
    „Dreist? Weshalb?“
    „Der Kerl wollte mich küssen!“
    „Küssen?“ Der Sekretär machte nicht etwa ein zorniges, sondern ein ganz erstauntes, sogar ein geradezu verdutztes Gesicht, denn er hatte noch nie einen Menschen gekannt, der den sonderbaren Appetit

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