43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
antwortete Cortejo, „und zwar der Señor, der heute hier gewesen ist.“
Jetzt erkannte sie den Sekretär an der Stimme.
„Ah, der mir einen Peso gab! Oh, ein Peso ist gut! Was wollt Ihr?“
„Ist Señor Benito zu Hause?“
„Nein, er ist ausgegangen.“
„Wann kommt er wieder?“
„Ich weiß es nicht.“
„Sagt nur die Wahrheit, Señora. Ich habe wirklich sehr notwendig mit ihm zu sprechen.“
„Sehr notwendig?“ fragte sie mit schlauer Betonung. „Das merke ich nun eben nicht.“
„Ah, Ihr wollt abermals einen Peso? Wenn ich ihn Euch nun gebe, ist Benito dann zu Hause?“
„Ja.“
„Nun, da habt Ihr ihn.“
Er zog das Silberstück aus der Tasche und gab es ihr.
„So kommt!“ sagte sie jetzt.
Dann schloß sie die Tür auf, ließ Cortejo eintreten und führte ihn in dasselbe Loch, wo er bereits einmal gewartet hatte. Es dauerte nicht lange, bis der Giftmischer erschien.
„Was wollt Ihr?“ fragte er.
„Ich habe heute etwas vergessen, und zwar die Frage an Euch zu richten: Bekommt ein Scheintoter Verwesungsflecke?“
„Nein.“
„Aber diese müssen doch in meinem Fall vorhanden sein; es ist notwendig.“
„Hm, das ist schlimm!“ entgegnete Benito mit schlauem Lächeln. „Wollt Ihr nicht lieber den Mann gleich töten? Dann werden die Flecke sicher zu sehen sein.“
„Nein, sterben soll er nicht.“
„So müßt Ihr sehen, wie Ihr ohne die Flecke auskommt.“
„Der Arzt wird ohne sie die Leiche nicht begraben lassen.“
„Das ist seine und Eure Sache, aber nicht die meinige.“
„Kann man diese Flecke denn nicht künstlich hervorbringen?“
„Hm, vielleicht.“
„Vielleicht? Ich denke, Ihr müßt so etwas genau wissen?“
„Ich weiß es auch gewiß. Es geht schon, wenn man das rechte Mittel hat, und ich besitze auch dieses Mittel.“
„Kann ich es bekommen?“
„Ich weiß nicht, ob es Euch nicht zu teuer ist.“
„Benito, Ihr seid ein Schelm. Ihr wollt nur Geld von mir erpressen. Was kostet das Mittel?“
„Zehn Pesos.“
„Das ist zu teuer. Ich fürchte, Ihr werdet mir ein paar Tropfen Säure oder Pflanzensaft geben, der kaum einige Tlacos wert ist.“
„Nun, dann geht und macht Euch das Mittel selbst, wenn es Euch bei mir zu teuer ist.“
„Hole Euch der Teufel! Ihr wißt, daß ich nichts davon verstehe. Fünf Pesos will ich geben.“
„Gebt zehn oder geht fort. Anders nicht.“
Benito tat, als wolle er sich entfernen.
„Halt, ich gebe Euch zehn!“ sagte jetzt Cortejo eilig.
„So wartet. Ich werde das Mittel holen.“
Der Indianer ging und kehrte bereits nach einigen Minuten mit einem Fläschchen zurück, in dem sich eine gelbliche Flüssigkeit befand.
„Wißt Ihr die Stellen, an denen sich bei einem Verstorbenen die Verwesungsflecke zeigen?“ fragte er.
„Ja.“
„So tränkt ein Läppchen mit dieser Flüssigkeit und reibt die Stellen damit ein. Je mehr Ihr nehmt, desto dunkler werden sie.“
„Ihr meint, ich müsse in der Mitte mehr nehmen als am Rand?“
„Das versteht sich.“
„So gebt her. Hier habt Ihr das Geld.“
Cortejo gab die zehn Pesos hin, die der Indianer mit einem vergnügten Schmunzeln in seine Tasche versenkte, denn er hatte eine Einnahme gehabt wie selten bisher.
Als der Sekretär ging, stand die Alte bereits an der Tür, um sie zu öffnen. An dieser Höflichkeit waren nicht nur die beiden Pesos schuld, sondern sicher auch der Umstand, daß er sie jetzt bei seinem zweiten Besuch nicht du, sondern Ihr genannt hatte.
Er schritt nun langsam dem Paseo zu, denn er hatte noch Zeit bis zur Stunde des Rendezvous. Dennoch traf er den Kapitän bereits an.
„Ah, pünktlich!“ sagte dieser, als er ihn erkannte. „Das ist recht; das liebe ich!“
„Ich ebenso. Wo habt Ihr Eure Zeit hingebracht, Señor Landola?“
„Ah, es gibt verschiedene Spelunken, in denen man sich Wohlbefinden kann; man spricht aber nicht davon“, lautete die Antwort. „Gebt mir Euren Arm, wir wollen zur Sache kommen!“
Sie schritten, Arm in Arm, dabei leise flüsternd, weiter.
„Also Ihr habt den Brief Eures Bruders Gasparino erhalten?“ begann der Seekapitän.
„Ja. Und Ihr Eure Instruktion, Señor?“
„Nein.“
„Ah, ich dachte doch.“
„Hm, Ihr drückt Euch nur falsch aus, Señor“, sagte Landola mit einem kurzen Lachen.
„Wieso?“
„Weil Kapitän Henrico Landola sein eigener Herr und Meister ist. Er läßt sich von keinem anderen einen Befehl oder eine Instruktion erteilen.“
„So verzeiht! Ich hatte das Wort
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