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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht genau. Bemerken Sie, daß alle durch den Kopf getroffen sind?“
    „Wirklich!“
    Sie betrachteten die Leichen und sahen, daß eine jede ganz genau an demselben Punkt der Stirn getroffen war. Bei dieser Betrachtung gewahrten sie nicht, daß Sternau sich mehr bückte, als notwendig war, und daß er hinter ihren Körpern sehr sorgfältig Deckung suchte. Auch sahen Sie nicht, daß seine Blicke verstohlen rechts und links an den Seiten der Schlucht emporblitzten.
    „Das ist viel“, sagte der Rittmeister. „Sie sind wirklich ein großer Schütze, Señor. Man hat noch nie gehört, daß ein einziger Mann in der Zeit von zwei Minuten gegen dreißig Feinde erschießt.“
    Sternau zuckte geringschätzig die Achseln.
    „Ja, so ein Henrystutzen ist eine fürchterliche Waffe.“ sagte er. „Aber es gehört auch etwas dazu, diese Waffe im geeigneten Augenblick zu gebrauchen. Dreißig sichtbare Feinde sind leichter zu erlegen, als ein unsichtbarer.“
    „Ein solcher dürfte wohl gar nicht zu erlegen sein“, meinte Leutnant Pardero.
    „Ein guter Schütze erlegt auch ihn“, lächelte Sternau, indem er sich noch immer hinter den Körpern der anderen hielt.
    „Da ist unmöglich!“ sagte der Rittmeister.
    „Soll ich Ihnen die Möglichkeit beweisen?“
    „Tun Sie es“, meinte der Leutnant neugierig.
    „So frage ich Sie, ob Sie glauben, daß sich hier ein einziger Feind befindet.“
    „Wer sollte das sein, und wo sollte er stecken?“
    Sternau lächelte überlegen und sagte:
    „Und dennoch lauert man mir hier auf, um mich zu erschießen.“
    Er hatte seinen Stutzen schon längst von der Schulter genommen und hielt ihn unter dem Arm. Der Rittmeister erschrak. Woher wußte Sternau, daß man sein Leben bedrohte?
    „Sie belieben zu scherzen, Señor Sternau“, sagte der Offizier.
    „Ich werde Ihnen beweisen, daß es Ernst ist.“
    Mit diesen Worten riß er den Stutzen empor, zielte und drückte zweimal ab. Ein mehrmaliger Schrei erscholl am Rand der Schlucht herunter. Sternau sprang nach der Seite dieses Randes hinüber und schnellte dann in mächtigen Sätzen, von den Büschen gedeckt, dem Ausgang der Schlucht zu, hinter welchem er verschwand. Von seinem ersten Schuß an bis zu diesem Augenblick war nicht eine Minute vergangen.
    „Was war das?“ rief Pardero.
    „Er hat einen Menschen getötet“, antwortete der andere Leutnant.
    „Ein fürchterlicher Kerl!“ stieß der Rittmeister hervor.
    Er konnte nichts anderes sagen.
    „Wir stehen in Gefahr, wir müssen uns zurückziehen“, sagte Pardero.
    Sie retirierten nach dem Eingang der Schlucht und warteten. Nach einer Weile ertönten ganz oben noch zwei Schüsse; dann blieb es längere Zeit still. So verging wohl eine Viertelstunde, da raschelte es hart neben ihnen in den Büschen, sodaß sie erschrocken hinblickten und zu den Waffen griffen.
    „Fürchten Sie sich nicht, Señores“, klang es ihnen entgegen. „Ich bin es.“
    Es war Sternau, welcher hervortrat.
    „Señor, was war das, was haben Sie getan?“ fragte der Leutnant.
    „Geschossen habe ich“, lachte der Gefragte.
    „Das wissen wir. Aber warum?“
    „Aus Gegenwehr, denn ich war es, der erschossen werden sollte.“
    „Unmöglich! Wer sollte das sein? Woher wissen Sie das?“
    „Meine Augen sagten es mir.“
    „Und wir haben nichts bemerkt!“
    „Das ist Ihnen nicht anzurechnen, denn Sie sind keine Präriemänner. Der Herr Rittmeister bemerkte, daß ich vorhin das Gras betrachtete. Ich sah die Fußspuren von Menschen, welche vor einer Viertelstunde hier waren; sie führten da rechts empor. Hier, blicken Sie her, sie sind noch zu sehen.“
    Er deutete auf den Boden nieder. Die Offiziere gaben sich alle Mühe, konnten aber nicht das mindeste erkennen.
    „Ja, es gehört ein geübtes Auge dazu“, lachte Sternau. „Nun weiter! Weil die Spuren rechts nach der Höhe führten, suchte ich nach unserem Eintritt in die Schlucht den Rand derselben ab, und da bemerkte ich denn einige Männerköpfe, welche, hinter dem dort stehenden Buschwerk versteckt, uns beobachteten. Sie konnten nicht sehen, daß ich sie beobachtete, da meine Augen sich im Schatten meiner Hutkrempe befanden.“
    „Wie konnten Sie wissen, daß es Feinde waren?“ fragte der Rittmeister.
    „Weil sie ihre Büchsen durch die Sträucher steckten, als wir in die Schlucht eindrangen. Ich sah ganz deutlich zwei Läufe auf uns gerichtet.“
    „Caramba!“ fluchte Leutnant Pardero, der keine Ahnung von dem Zusammenhang hatte. „Das konnte

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