Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
und sagt keinem Menschen, was er tut.“
    „Ich habe viel Rühmliches von ihm gehört. Er ist der König der Ciboleros, der Büffeljäger; aber daß er eine so schöne Schwester hat, das wußte ich nicht.“
    Er ergriff die Hand der Indianerin, um auf dieselbe einen Kuß zu drücken, aber ehe dies geschehen konnte, entzog sie sie ihm.
    „Gute Nacht, Señor!“ sagte sie, sich abwendend.
    Jetzt hatte er sie im Profil vor sich. Gerade in diesem Augenblick flackerte eines der Wachtfeuer hoch auf, und diese Flamme beleuchtete hell die weichen, reinen Linien des dunklen Gesichtes und die volle, reizende Büste der schönen Indianerin. Der Leutnant trat hastig einen Schritt näher und versuchte, den Arm um ihre Taille zu legen.
    „Fliehen Sie nicht, Señorita“, bat er, „ich bin ja nicht Ihr Feind.“
    Sie schob seinen Arm von sich, aber so kurz die Berührung gewesen war, hatte er doch die Wärme ihrer weichen Taille gefühlt und dabei bemerkt, daß sie nach Art der Indianerinnen nur ein einziges Gewand trug, welches hemdartig bis auf die Knöchel herabfließend ihren Körper umschloß.
    Die Begierde, welche in ihm erwachte, ließ ihn alle Rücksicht vergessen. Er faßte jetzt mit festem Griff ihre Hand und sagte:
    „Ich lasse Sie nicht gehen, Señorita; ich liebe Sie.“
    Sie ließ ihm ihre Hand, aber er fühlte, daß alle Wärme aus derselben wich. „Sie lieben mich?“ fragte sie. „Wie ist das möglich? Sie kennen mich ja nicht!“
    „Ich kenne Sie nicht, meinen Sie? Sie irren. Die Liebe kommt wie der Blitz vom Himmel herab, wie die Sternschnuppe, welche plötzlich leuchtet; so ist sie bei mir gekommen, und wen man liebt, den kennt man.“
    „Ja, die Liebe der Weißen kommt wie der Blitz, der alles vernichtet, und wie die Sternschnuppe, die in einem einzigen Augenblick kommt und vergeht. Die Liebe der Weißen ist das Verderben, ist Untreue und Falschheit.“
    Sie entzog ihm die Hand und wendete sich zum Gehen. Da legte er die Hand um sie und versuchte, sie an sich zu ziehen. Da war es, als ob ihre Gestalt an Höhe und Kraft gewinne; ihre schwarzen Augen glühten ihm entgegen, so wild und drohend wie die Augen eines Panthers.
    „Was wollen Sie?“ fragte sie in strengstem Ton.
    „Was ich will?“ fragte er. „Dich lieben, dich umarmen und küssen.“
    Er zog sie näher an sich und bog sich zu ihr nieder, um sie zu küssen.
    Da entzog sie sich ihm mit einer schlangengleichen Bewegung und sagte:
    „Lassen Sie mich! Wer gibt Ihnen die Erlaubnis, mich zu berühren?“
    „Meine Liebe gibt mir sie.“
    Er faßte sie von neuem; er preßte sie an sich. Sein Atem glühte ihr heiß in das Angesicht. Sie bog den Kopf zurück und versuchte, sich von ihm loszureißen. „Weg, fort von mir!“ sagte sie. „Sonst –“
    „Was, sonst?“ fragte er. „Ich liebe dich, ich muß dich haben, du mußte mein sein um jeden Preis.“
    Er hatte seinen Mund bereits an ihren Lippen; da gelang es ihr, sich den rechten Arm frei zu machen, und sofort stieß sie ihm die geballte Faust mit solcher Gewalt unter das Kinn, daß ihm der Kopf nach hinten flog, als ob er das Genick gebrochen hätte.
    „Donnerwetter!“ fluchte er. „Warte, du Teufel! Das sollst du mir entgelten!“ Er hatte sie unwillkürlich fahren lassen und wollte sie jetzt wieder ergreifen, aber sie flog schnell über den Sandweg dahin, dem Eingang des Gartens zu. Er eilte ihr nach.
    Auch der Rittmeister hatte sein Fenster geöffnet, um dem Duft seiner Zigarette freien Abzug zu verschaffen. Er schritt sinnend in seinem Zimmer auf und ab und trat dabei einmal an das geöffnete Fenster. Sein Blick fiel zufällig in den Garten hinab und wurde durch das weiß glänzende Gewand gefesselt. Er strengte seine Augen mehr an und bemerkte, daß eine männliche Person neben der Frauengestalt stand.
    „Donnerwetter, wer ist das?“ fragte er sich. „Ist das die Hazienderita? Und wer ist der Kerl bei ihr? Wenn sie bereits eine Liebschaft hat, so darf ich mich nicht wundern, daß sie spröde gegen mich ist. Ich werde den Menschen kennenlernen.“
    Er eilte nach der Tür und begab sich in den Garten hinab. Eben als er die Pforte desselben geöffnet hatte, und im Begriff stand, einzutreten, kam die weiße Gestalt auf ihn zugeflogen, ohne ihn in der Eile der Flucht zu bemerken.
    „Ah, Señorita!“ sagte er.
    Da erst gewahrte sie ihn und blieb stehen. Sofort hatte er sie erfaßt und wollte sie an sich drücken. Da holte sie aus und stieß ihm, gerade wie vorher dem Leutnant, die

Weitere Kostenlose Bücher